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       Prozess um Alexandra R.: Festnahme im Gerichtssaal
        
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       Plötzlich klicken im Gerichtssaal E.006 des Strafjustizzentrums in
       Nürnberg die Handschellen. Nicht jedoch bei den beiden Angeklagten,
       die sich wegen Mordes an Alexandra R. vor Gericht verantworten müssen
       - sondern bei einem Zeugen. Dieser hatte auf Nachfrage der
       Verteidigung behauptet, er glaube, Alexandra R. nach ihrem
       Verschwinden im Dezember 2022 noch vor Weihnachten desselben Jahres in
       der rumänischen Stadt Hateg in einem blauen Auto gesehen zu haben.
        
       Dieses habe ein deutsches Kennzeichen mit dem Buchstaben "S" darin
       gehabt. Allerdings habe es geregnet und sei bereits dunkel gewesen. Er
       habe Dejan B. davon unterrichtet, der ihm gesagt habe, der aktuelle
       Partner von Alexandra R. fahre ein solches Auto. Die Marke habe der
       Zeuge nach eigener Aussage aber nicht erkennen können.
        
       ## Festnahme noch im Gerichtssaal
        
       Die Staatsanwaltschaft warf dem Zeugen hingegen vor, zu lügen. "Sie
       reden sich um Kopf und Kragen", sagte die Staatsanwältin. Sie hielt
       dem Mann vor, dass er bei der rumänischen Polizei im März 2023 auf
       Nachfrage keinerlei Angaben gemacht habe, dass er Alexandra R. nach
       ihrem Verschwinden noch einmal gesehen hatte. Vielmehr habe er dort
       ausgesagt, die Frau zum letzten Mal im Januar 2021 gesehen zu haben,
       als sie mit Dejan B. in Rumänien zu Besuch war.
        
       ## Verdacht der uneidlichen Falschaussage
        
       Nach einer rechtlichen Belehrung ließ die Staatsanwältin den Mann, der
       nicht von seiner Aussage abweichen wollte, wegen des Verdachts der
       uneidlichen Falschaussage festnehmen.
        
       Auch die Nebenklage präsentierte eine Aussage des Zeugen, diesmal bei
       der deutschen Polizei, in der er ebenfalls nicht davon gesprochen
       hatte, die Hochschwangere nach dem 9. Dezember 2022 noch einmal
       gesehen, geschweige denn getroffen zu haben. Auch in einem überwachten
       Telefongespräch mit Dejan B. Ende 2022 erwähnte der Mann die
       vermeintliche Sichtung nicht. Stattdessen habe er berichtet, so die
       Staatsanwältin, niemand aus seiner Heimatstadt Hateg habe Alexandra R.
       gesehen.
        
       ## Geschäftliche Verbindung mit dem Angeklagten
        
       Noch vor seiner Aussage hatte der Zeuge den Angeklagten Dejan B. und
       Ugur T. freundschaftlich zugenickt. Bei dem 40-Jährigen handelt es
       sich um einen rumänischen Geschäftsmann. Er sei mit Alexandra R. zur
       Schule gegangen und habe über sie den Angeklagten Dejan B.
       kennengelernt. Dieser habe ihm bei seinen Firmengeschäften in
       Deutschland helfen wollen. Dies sei jedoch gescheitert, weshalb sein
       Unternehmen insolvent gegangen sei. Seitdem habe er Geldprobleme.
        
       Dejan B. habe er mehrfach getroffen, um mit ihm über Geschäftliches zu
       sprechen. Der Angeklagte habe bei einem Besuch in Rumänien gemeinsam
       mit Alexandra R. ein Schloss besucht, das die beiden angeblich kaufen
       wollten. Dasselbe Schloss habe Dejan B. im Herbst 2022 mit einer
       anderen Frau besucht. Es habe den Anschein gemacht, die beiden seien
       in einer Beziehung gewesen, schilderte der Zeuge noch vor seiner
       Festnahme. Es habe sich um eine wesentlich jüngere Frau gehandelt,
       unter 30, mutmaßte er. Dem Zeugen hatte Dejan B. am Tag des
       Verschwindens von Alexandra R. seinen Jaguar überlassen, mit dem er
       noch am selben Tag in die rumänische Heimat fuhr.
        
       Nun sitzt der 40-Jährige vorerst in Haft. Eine uneidliche
       Falschaussage kann nach Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe von
       drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden.
        
       ## Weitere Zeuginnen: Erzieherinnen von Alexandras Pflegekind
        
       Neben dem festgenommenen Zeugen wurden am Prozesstag nachmittags auch
       zwei Erzieherinnen in den Zeugenstand gerufen, die das Pflegekind der
       Vermissten betreut haben. Sie sprachen über das Verhältnis von
       Alexandra R. zu ihrem Pflegekind. Alexandra R. hatte am Tag ihres
       Verschwindens ihre Pflegetochter in die Kita gebracht. Seither fehlt
       von der 39-Jährigen, die damals im achten Monat schwanger war, jede
       Spur. Auch ihre Leiche wurde bisher nicht gefunden.
        
       ## Mutter-Kind-Verhältnis immer kühler
        
       Die zwei Erzieherinnen berichteten, dass sich das kleine Mädchen noch
       vor Alexandra R.s Verschwinden zusehends veränderte. Immer wieder habe
       das Kind Rückschritte gemacht, sei zunehmend zurückhaltend und
       ängstlich gewesen. Auch das Mutter-Kind-Verhältnis sei immer kühler
       geworden. Alexandra R. habe ihre Pflegetochter nicht mehr so herzlich
       behandelt wie noch zu Beginn, außerdem habe sie sich nicht mehr danach
       erkundigt, wie sich das Kind in der Kindertagesstätte mache.
        
       Unter den Kolleginnen sei spekuliert worden, ob dieses Verhalten mit
       der Schwangerschaft von Alexandra R. zusammenhängen könnte. Dass die
       Frau ihr Pflegekind zurücklassen würde, könne sie sich nicht
       vorstellen, sagte eine Angestellte der Kita in ihrer Aussage. Die
       andere Erzieherin meinte jedoch, sie könnte es sich vom Gefühl her
       vorstellen. Das Mama-Tochter-Verhältnis habe in der Zeit vor dem
       Verschwinden von Alexandra R. spürbar abgenommen.
        
       Der Prozess in Nürnberg wird am 14. Mai fortgeführt.
        
       ## Im Video: Spurensuche im Mordprozess ohne Leiche
        
        
        
        
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