(DIR) Home Kampf ums Überleben (HTM) Source ---------------------------------------------------------------------- Ein weiteres Einsatzgebiet für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ist die Landwirtschaft. Hier sind die Zwangsarbeiter die einzigen Männer auf dem Hof. In Schlossvippach gibt es drei Bauernhöfe, auf denen die Bäuerin nur mit Zwangsarbeitern die Wirtschaft am Laufen halten kann. In Kleinmölsen bewirtschaftet ein 15-jähriges deutsches Mädchen mit ihrem jüngeren Bruder und Zwangsarbeitern ein ganzes Gut. ### Kampf ums Überleben Die Zwangsarbeiter werden gnadenlos ausgepresst. Arbeitstage von zwölf Stunden sind die Regel. Die Verpflegung ist einseitig und oft nicht ausreichend, so dass Zwangsarbeiter aus Fabriken am freien Sonntag zu den Bauern aufs Land gehen, um für Essen zu arbeiten. > Da hat man zielgerichtet im Werk gefragt, wer bereit ist, als > Aufseherin zu arbeiten. 27 wurden als tauglich befunden und wurden > zur Ausbildung mit einem Sammeltransport ins Frauen-KZ Ravensbrück > geschickt. Am 19. September 1944 kommen mehr als 3.000 ungarische Jüdinnen in Sömmerda an und werden in ein eilends eingerichtetes Außenlager des KZ Buchenwald gebracht. Sie sollen in der Rheinmetall Borsig AG arbeiten. Das Unternehmen ist mit dafür verantwortlich, die Bewachung zu organisieren. "Da hat man zielgerichtet im Werk gefragt, wer bereit ist, als Aufseherin zu arbeiten. 27 wurden als tauglich befunden und wurden zur Ausbildung mit einem Sammeltransport ins Frauen-KZ Ravensbrück geschickt", so Dr. Frank Boblenz. Der Historiker hat bei seinen Recherchen auch eine Postkarte einer jungen Frau gefunden, die ihrer Familie schreibt: "Es ist wunderbar (in Ravensbrück), gute Verpflegung und schönes Wetter. Schreibt mir recht bald mal, denn wir werden vielleicht schon nächste Woche eingesetzt, da geht es ab." Das Lager ist nur wenige Monate in Betrieb. Die ungarischen Jüdinnen werden im April 1945 auf einen Todesmarsch geschickt. Wie viele von ihnen überlebt haben, ist nicht geklärt. Was wurde aus den jungen Frauen aus Sömmerda und Umgebung, die als Aufseherinnen für die SS arbeiteten? Boblenz sagt: "Die strafrechtliche Verfolgung ist später nur partiell nachvollziehbar, ohne das relevante Sanktionen erfolgten." In Ost- und Westdeutschland ist das Thema Zwangsarbeit viele Jahre ein Tabuthema, wird totgeschwiegen. Und das, obwohl bis zum Ende der 50er- Jahre noch ehemalige jüdische Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge in Deutschland auf eine Emigration warten. > Tatsächlich war die Zwangsarbeit ein öffentliches Verbrechen. Es > gibt kein Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus, das unter > Mitwisserschaft und Mittäterschaft derart vieler Menschen > stattgefunden hat. > > Prof. Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten > Buchenwald Prof. Jens-Christian Wagner sagt ganz klar: "Tatsächlich war die Zwangsarbeit ein öffentliches Verbrechen. Es gibt kein Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus, das unter Mitwisserschaft und Mittäterschaft derart vieler Menschen stattgefunden hat." In Sömmerda entsteht jetzt ein Gedenkprojekt, das in vier Stationen sowohl an die jüdischen Frauen als auch an die sowjetischen Kriegsgefangenen erinnern soll. Die Frage nach den Tätern soll nicht ausgeklammert werden. Doch was ist mit dem Baby Nadeshda? Wie kann an die toten Kinder und Babys der Zwangsarbeiterinnen erinnert werden? Wie geht die Zivilgesellschaft heute mit den Orten um, an denen Babys nicht versorgt und dem Tod preisgegeben wurden? ______________________________________________________________________ Served by Flask-Gopher/2.2.1