(DIR) Home
        
        
       Vermögensteuer in Deutschland: Wer braucht schon 380 Milliarden Euro?
        
 (HTM) Source
        
       ----------------------------------------------------------------------
        
       Es ist ein Szenario mit vielen Unbekannten, und doch steht da am Ende
       eine Zahl, die nachdenklich macht: Wäre die damalige schwarz-gelbe
       Koalition nicht auf die Idee gekommen, die Vermögensteuer von 1997 an
       auszusetzen, hätte der Staat bis heute insgesamt 380 Milliarden Euro
       mehr in der Kasse gehabt. Das ist angesichts von Investitionsstau und
       Haushaltsnöten, mit denen die aktuelle Koalition zu kämpfen hat, eine
       gewaltige Summe. Sie würde rein rechnerisch reichen, um 80 Prozent der
       heutigen Bundesausgaben zu finanzieren, wie das Netzwerk
       Steuergerechtigkeit (NWSG) und die Entwicklungsorganisation Oxfam
       jetzt vorgerechnet haben.
        
       „Anstatt im Bundeshaushalt zum Kahlschlag unter anderem bei der
       Entwicklungszusammenarbeit und bei Sozialausgaben anzusetzen, sollte
       die Bundesregierung die Besteuerung sehr hoher Vermögen endlich auf
       die Tagesordnung setzen", sagte Manuel Schmitt, Referent für soziale
       Ungleichheit bei Oxfam Deutschland. „So könnte die
       demokratiegefährdende Vermögenskonzentration verringert und dringend
       benötigte finanzielle Mittel für den sozialen Zusammenhalt und den
       Klimaschutz generiert werden."
        
       Oxfam und NWSG haben eine Studie verfasst, die die hundertjährige
       Geschichte der Vermögensteuer in Deutschland beleuchtet und die Frage
       stellt, ob die Angst vor einer Steuerfluchtwelle bei einer
       Wiedererhebung der Abgabe gerechtfertigt ist. Antwort der Aktivisten:
       nein. Zum einen zeigten Presseberichte und Registerdaten, dass zu
       Zeiten, als die Steuer noch zu zahlen war, nur recht wenige
       Superreiche das Land verlassen hätten. Zum anderen seien bereits 1972
       sowohl die Gesetze gegen Steuerflucht als auch der Kampf gegen
       illegale Steuerhinterziehung verschärft worden. Mit einer Kombination
       aus Wegzugsteuer und der Besteuerung von Unternehmensverlagerungen ins
       Ausland stehe mittlerweile ein umfassender Werkzeugkasten gegen
       Steuerflucht zur Verfügung.
        
       ### Statt die Berechnungsmethode zu ändern, setzte die Regierung die
       Steuer aus
        
       Vermögen wird in Deutschland seit 1893 besteuert, 1996, im vorerst
       letzten Jahr der Erhebung, brachte die Abgabe umgerechnet 4,6
       Milliarden Euro ein. Dass der Staat seither leer ausgeht, geht auf ein
       Urteil des Bundesverfassungsgerichts zurück. Es hatte 1995 gerügt,
       dass Immobilien bei der Festlegung der Steuerschuld nur mit einem
       Bruchteil ihres Werts berücksichtigt und damit gegenüber
       Kapitalvermögen massiv bevorzugt würden. Statt die Berechnungsmethode
       zu ändern, wie es 2021 zur Rettung der Grundsteuer geschah, entschied
       die damalige Regierung, die Steuer auszusetzen. Begründung unter
       anderem: Die Abgabe sei wachstumsfeindlich und ihre Erhebung zu teuer.
       Zudem könnten sich ausgerechnet die allerreichsten Bürgerinnen und
       Bürger durch Wegzug oder die Verschiebung von Kapital ins Ausland der
       Besteuerung entziehen.
        
       Vor allem Letzteres halten die Experten von NWSG und Oxfam für
       unbegründet. Sie rechnen am Beispiel der BMW-Erbin Susanne Klatten
       vor, dass diese auf ihr gesamtes Vermögen 6,5 Milliarden Euro Steuern
       zahlen müsste, wollte sie aus Deutschland wegziehen. Nach Berechnungen
       des _Manager Magazins_ kamen die 100 reichsten Bundesbürger
       vergangenes Jahr auf ein Gesamtvermögen von 720 Milliarden Euro. Das
       waren 460 Milliarden Euro mehr als noch 2001.
        
        
        
        
       ______________________________________________________________________
                                                 Served by Flask-Gopher/2.2.1