Seit dem späten Mittelalter bis zum 1. Weltkrieg gehörten die Habsburger zu den bedeutendsten und mächtigsten Dynastien in Europa. Sie herrschten nicht nur in ihren österreichischen Stammlanden, sondern stellten seit 1438 bis zum Ende des alten Reiches 1806 auch die römisch-deutschen Könige bzw. Kaiser und regierten etwa zwei Jahrhunderte lang in Spanien. In roter Schrift sind die Könige bzw. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches aus dem Hause Habsburg dargestellt, in blauer Schrift die habsburgischen Könige bzw. Kaiser außerhalb des Heiligen Römischen Reiches, in grüner Schrift die Kaiser von Österreich, jeweils mit Regierungszeiten.
Seit der Wahl Albrechts II. (1438-1439), Sigismunds Schwiegersohn, blieb die Krone trotz Fortbestehens des Wahlrechts bis zum Ende des alten Reiches beim Haus Habsburg. Friedrich III.
(1440-1493) suchte im Einklang mit dem Papsttum durch eine gezielte Personalpolitik in der Reichskirche seine Herrschaft im Reich zu untermauern und mit Hilfe einer rigiden Steuerpolitik die Finanzen des Reiches, dessen materielle Gundlage in Form von Reichsgut praktisch aufgezehrt war, aufzubessern. Weniger durch aktive Politik als vielmehr durch passives Beharren konnte sich Friedrich gegen innere und äußere Gegner behaupten.
Friedrichs größter Erfolg war die Verheiratung seines Sohnes Maximilian I. (1493-1519) mit der Erbtochter des mächtigen Herzogs Karl des Kühnen von Burgund, wodurch das Haus Habsburg den Erbanspruch auf das burgundische Reich erwarb. Angesichts zahlreicher Missstände im Reich kam es unter Maximilian zu einer Reihe von Reformen: 1495 wurde mit dem Ewigen Landfrieden ein allgemeines Fehdeverbot erlassen; im selben Jahr wurde ein vom König unabhängiges Reichskammergericht eingerichtet, und 1500 wurde das Reich in zehn Reichskreise eingeteilt, um die Durchsetzung des Landfriedens zu gewährleisten. Allerdings gingen durch diese Maßnahmen erneut Herrschaftsrechte vom König auf die Reichsfürsten über, die damit eine weitere Stärkung ihrer Macht gegenüber dem König erfuhren und bei denen inzwischen der Schwerpunkt der Herrschaftsgewalt lag. Die Schweizer Eidgenossenschaft, die die Übertragung der Reichsreform auf ihr Territorium ablehnte, schied nach dem Schwabenkrieg 1499 de facto aus dem Reichsverband aus.
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Für sein eigenes Haus sicherte Maximilian, der als erster römisch-deutscher Herrscher ohne päpstliche Krönung den Kaisertitel angenommen hatte, die Anwartschaft auf die böhmische und auf die ungarische Krone, und mit der Verheiratung seines Sohnes Philipp des Schönen mit Johanna der Wahnsinnigen gelang ihm die Vereinigung des spanischen Reiches inklusive Neapel-Sizilien mit Burgund und den habsburgischen Erblanden in den Händen seines Enkels und Nachfolgers auf dem Kaiserthron, Karls V. (1519-1556).
8 DAS ZEITALTER DER REFORMATION
Archivo Fotografico Oronoz
Tizian: Karl V. im Lehnstuhl (1548), Alte Pinakothek, Mü nchen Anlässlich des Reichstags in Augsburg malte Tizian 1548 das Porträt des Kaisers Karl V. im Lehnstuhl, das heute in der Alten Pinakothek in München hängt. Im Gegensatz zu seinem Bildnis von Karl V. bei der Schlacht von Mühlberg vermittelt Tizians sitzender Karl V. die Würde und das Selbstbewusstsein des Renaissancefürsten.
Deutschland war gegenüber seinem spanisch-habsburgischen Reich für Karl nur ein Nebenland, dessen Angelegenheiten hinter seinen dynastischen Interessen, etwa der langwierigen Auseinandersetzung mit Frankreich um das italienische und das burgundische Erbe, zurückstehen mussten. 1521/22 überließ er seinem Bruder Ferdinand I. die österreichischen Erblande und übertrug ihm die Statthalterschaft im Reich; 1526 erhielt Ferdinand Böhmen und Ungarn, und 1531 wurde er, nachdem Karl im Jahr zuvor als letzter Herrscher vom Papst zum Kaiser gekrönt worden war, offiziell zum römischen König gewählt.
Die Reformation, eingeleitet durch die Veröffentlichung der 95 Thesen am 31. Oktober 1517, in denen Martin Luther die alte Kirche anklagte, wurde zunächst vor allem durch die Humanisten, die der Kritik an den bestehenden Strukturen und Dogmen der Kirche überwiegend zustimmten, verbreitet. Während jedoch die vielschichtige reformatorische Bewegung zunächst nicht nur auf die Reform der Kirche abzielte, sondern gleichzeitig auch politisch-soziale Veränderungen anstrebte, konzentrierte sie sich nach der blutigen Niederschlagung der Aufstände der rechtlich, sozial und wirtschaftlich unterdrückten Bauern durch die Landesherren im Bauernkrieg von 1524/25 auf die konfessionelle Auseinandersetzung.
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1521 verteidigte Luther auf dem Reichstag zu Worms seine Lehre und verweigerte den Widerruf, woraufhin ihn Karl im Wormser Edikt zum Ketzer erklärte und die Reichsacht über ihn verhängte.
Die weitere Ausbreitung der Reformation konnte damit jedoch nicht verhindert werden. Da sich der Kaiser auch als Beschützer der Kirche und des rechten Glaubens verstand, durfte die Frage nach der Religion nicht der Gewissensfreiheit des Einzelnen überlassen werden, sondern war eine Sache des Kaisers und der Reichsverfassung. Der Kaiser war allerdings durch seine dynastischen Kriege und die Abwehr der Türken ( siehe Türkenkriege) zu sehr anderweitig engagiert, als dass er sich im Reich um eine tragbare Lösung für die Glaubensfrage hätte bemühen können.
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