Kaiserproklamation von Versailles

Am 18. Januar 1871 wurde der preußische König Wilhelm I. im Spiegelsaal des Schlosses Versailles zum deutschen Kaiser proklamiert.

Anton von Werner vollendete dieses Gemälde 1877 nach Skizzen, die er w ährend der Proklamation, die seiner Auskunft nach sehr nüchtern vor sich ging, gefertigt hatte. Sehr viel bekannter wurde Werners zweite, 1882 fertig gestellte Fassung des Gemäldes, in der er den historischen Tatsachen widersprechend Bismarck, herausgehoben durch eine weiße Uniform, in den Mittelpunkt rückte.

Mit dieser faktischen Auflösung des Deutschen Bund löste Bismarck den Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich aus, den Preußen mit seinem Sieg über Österreich bei Königgrätz am 3. Juli 1866 für sich entschied. Im Frieden von Prag am 23. August 1866 musste Österreich der Annexion Schleswigs und Holsteins sowie einiger anderer nord-und mitteldeutscher Territorien durch Preußen zustimmen sowie der Neuordnung Deutschlands in Form des Norddeutschen Bundes, d. h. einem deutschen Staatenbund ohne Österreich.

Der Norddeutsche Bund war bereits am 18. August 1866 auf Initiative Bismarcks von 17 norddeutschen Staaten und Preußen als der Führungsmacht gegründet worden. Das Königreich Sachsen schloss sich dem Norddeutschen Bund wenig später an, und die süddeutschen Staaten näherten sich durch Bündnisse dem Norddeutschen Bund an. Der vollständige Beitritt der süddeutschen Staaten war dann auch bereits in der Verfassung des Norddeutschen Bundes vorgesehen, die der aus allgemeinen und gleichen Wahlen hervorgegangene Norddeutsche © 1993-2001 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

 

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Reichstag am 16. April 1867 verabschiedete. Des Weiteren stand laut der Verfassung Preußen das Bundespräsidium zu sowie die Verantwortung für die Außenpolitik und das Heer; dem preußischen Ministerpräsidenten, also Bismarck, wurde das Amt des Bundeskanzlers übertragen.

Die Außenpolitik des Norddeutschen Bundes wurde vom zunehmend gespannten Verhältnis zwischen Preußen und Frankreich unter Napoleon III. dominiert. Nachdem Frankreich durch Preußen außenpolitisch bereits weitgehend in die Isolierung getrieben worden war, genügte schließlich die von Bismarck forcierte diplomatische, vor allem auch aus Prestigegründen geführte preußisch-französische Auseinandersetzung um die Kandidatur des Prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, eines entfernten Verwandten Wilhelms I., für den spanischen Thron ( siehe Spanische Thronkandidatur), um die preußisch-französischen Spannungen eskalieren zu lassen.

Roger-Viollet

Belagerung von Paris 1870/71

Gegen die deutsche Belagerung im Herbst und Winter 1870/71 verteidigte sich Paris mit zum Teil improvisierten Mitteln und rasch errichteten Verteidigungsanlagen; am 19. Januar musste die Stadt auf Grund der katastrophalen Versorgungslage schließlich Kapitulationsverhandlungen mit den Belagerern aufnehmen.

Unmittelbarer Anlass für die französische Kriegserklärung an Preußen im Juli 1870 und den Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieg war die so genannte Emser Depesche, ein von Bismarck bewusst scharf und verfälschend umformulierter Bericht über eine Unterredung zwischen Wilhelm I. und dem französischen Botschafter zur Entschärfung der Thronkandidatur-Krise. Die Wirkung der Emser Depesche – die Kriegserklärung Frankreichs – war von Bismarck gewollt. Die Kriegserklärung Frankreichs wiederum hatte zur Folge, dass sich auch die süddeutschen Staaten auf die Seite Preußens stellten.

Im November 1870 traten Bayern, Württemberg, Hessen und Baden dem Norddeutschen Bund bei; am 10. Dezember 1870 beschloss der Reichstag des Norddeutschen Bundes die Umbenennung des Bundes in Deutsches Reich, und am 18. Januar 1871 wurde im Schloss zu © 1993-2001 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

 

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Versailles Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser proklamiert. Damit war die deutsche Einigung im Sinne Bismarcks – kleindeutsche Lösung mit preußischer Hegemonie – vollendet ( siehe Reichsgründung).

Am 21. März 1871 kam erstmals der neue Reichstag zusammen, und am 16. April 1871 trat die neue Reichsverfassung in Kraft, eine modifizierte und erweiterte Fassung der Norddeutschen Bundesverfassung. Der einzige verantwortliche Reichsminister im Deutschen Kaiserreich war der Reichskanzler, der vom Kaiser ernannt wurde und fast immer auch zugleich preußischer Ministerpräsident sowie Staatssekretär des Auswärtigen war, 1871 also erneut Bismarck.

Den Deutsch-Französischen Krieg hatten die Deutschen unter preußischer Führung bereits mit der Schlacht bei Sedan am 1. September 1870 weitgehend für sich entscheiden; vollendet wurde der deutsche Sieg durch die Kapitulation von Paris am 28. Januar 1871. Im Frankfurter Frieden vom 10. Mai 1871 musste Frankreich Elsass und Lothringen abtreten, die als Reichslande mit verfassungsrechtlicher Sonderstellung in das Deutsche Reich eingegliedert wurden.

13 DEUTSCHES KAISERREICH UND 1. WELTKRIEG (1871-1918) 1 Die Ära Bismarck

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