Bilder des 1. Weltkrieges

Nach Ausbruch des 1. Weltkrieges stellten die im Reichstag vertretenen Parteien ihre innenpolitischen Auseinandersetzungen zunächst hintan und solidarisierten sich im Burgfrieden. Je länger sich der Krieg jedoch hinzog und je mehr sich die Siegfrieden-Strategie des Deutschen Reiches als illusorisch erwies, desto deutlicher wurden wieder die Gegensätze vor allem in der Frage der Kriegsziele und der Demokratisierung des Staatswesens, und im Frühjahr 1916 zerbrach der Burgfrieden endgültig: Die parlamentarische Linke bestand auf der Erfüllung ihrer Forderung nach rascher Beendigung des Krieges und nach einer grundlegenden Umgestaltung des politischen Systems; die Rechte unterstützte sowohl die expansionistischen, auf einen Siegfrieden ausgerichteten Kriegsziele, als auch die quasidiktatorische, jegliche Reformen ablehnende Innenpolitik der 3. Obersten Heeresleitung (OHL) unter Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff, die nach und nach, besonders nach dem Rücktritt Bethmann Hollwegs am 13. Juli 1917, die politische Führung übernommen hatte.

Bethmann Hollweg war auf Druck der OHL zurückgetreten: Nachdem die parlamentarische Linke die Verweigerung der nächsten Kriegskredite angedroht hatte, sofern Regierung und OHL nicht von ihren Kriegszielen abgingen und eine Verfassungsreform einleiteten, sprach sich auch Bethmann Hollweg im Sinn einer innenpolitischen Entspannung für eine Wahlrechtsreform sowie für die Friedensresolution aus, die die SPD/Zentrum/FVP-Reichstagsmehrheit eingebracht hatte. Die OHL

lehnte beides ab und intervenierte gegen Bethmann Hollweg beim Kaiser. Am 19. Juli 1917

verabschiedete die Reichstagsmehrheit die Friedensresolution, in der sie einen raschen Verständigungsfrieden ohne Annexionen und Kriegsentschädigungen forderte; anschließend trat ein interfraktioneller Reichstagsausschuss zusammen, um über eine Verfassungsreform, d. h. vor allem die Einführung eines parlamentarischen Regierungssystems zu beraten.

Ergebnis war eine sich vertiefende Polarisierung zwischen den innenpolitischen Fronten. Erst als 1918 die Ausweglosigkeit der militärischen Lage – trotz des Friedens von Brest-Litowsk mit Sowjetrussland – nicht mehr zu verleugnen war und in Deutschland die revolutionäre Stimmung sich zu entladen drohte, berief der Kaiser, erneut auf Druck der OHL und vor dem Hintergrund der Vierzehn Punkte des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, am 3. Oktober 1918 Prinz Max von Baden zum Reichskanzler. Ihm kam nun die Aufgabe zu, das System zu demokratisieren und eine parlamentarische Regierung zu bilden, deren vordringliche Aufgabe die Beendigung des Krieges war.

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Deutsche Geschichte

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