König Friedrich Wilhelm III. von Preußen trat 1806 in den Krieg gegen Napoleon ein; nach der verheerenden preußischen Niederlage bei Jena und Auerstedt verlor er über die Hälfte seines Territoriums. 1813 führte er Preußen – zunächst nur widerwillig – in die Befreiungskriege gegen Napoleon, und auf dem Wiener Kongress 1815 gewann Preußen seine Großmachtstellung zurück. Die nach der Niederlage bei Jena und Auerstedt eingeleitete Reformpolitik allerdings ersetzte Friedrich Wilhelm III. nun durch einen restaurativen Kurs.
Zuvor war die Pragmatische Sanktion bereits von den meisten europäischen Mächten und © 1993-2001 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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deutschen Fürsten anerkannt worden, u. a. von König Friedrich Wilhelm I. in Preußen (1713-1740), dem „ Soldatenkönig” , der durch den weiteren Ausbau von Heer und Verwaltung Brandenburg-Preußen endgültig zur zweiten Großmacht im Reich neben Österreich aufgebaut hatte. Nach dem Tode Karls VI. 1740 fiel der Nachfolger Friedrich Wilhelms I., Friedrich II., der Große (1740-1786), in der österreichischen Provinz Schlesien ein und löste damit den ersten der Schlesischen Kriege (1740-1742; 2. Schlesischer Krieg: 1744/45; 3. Schlesischer Krieg: 1756-1763) aus, der alsbald im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-1748) aufging.
Der Österreichische Erbfolgekrieg war von dem bayerischen Kurfürsten Karl Albrecht aufgrund seiner Erbansprüche gegenüber dem Hause Habsburg eröffnet worden und weitete sich schließlich zum europäischen, u. a. wieder vom habsburgisch-bourbonischen Gegensatz bestimmten Konflikt aus. 1742 wählten die Habsburggegner im Reich Karl Albrecht als Karl VII. (1742-1745) zum Kaiser. Nach Karls VII. Tod 1745 verzichteten die bayerischen Wittelsbacher auf alle Ansprüche gegenüber den Habsburgern; Karls Nachfolger auf dem Kaiserthron wurde Maria Theresias Gemahl Franz Stephan als Franz I. (1745-1765), womit die Kaiserkrone wieder an das Haus Habsburg zurückkam.
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V ölkerschlacht bei Leipzig
Nach dreitägigen verlustreichen Kämpfen errangen die Alliierten der österreichischen, preußischen, russischen und schwedischen Truppen am 19. Oktober 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig den entscheidenden Sieg über Napoleon. Die Schlacht – übrigens die bis zu diesem Zeitpunkt größte der Geschichte – markierte den Beginn des Zusammenbruchs der napoleonischen Herrschaft in Europa. Das Bild zeigt die Erstürmung des inneren Grimmaischen Tores zu Leipzig durch die Alliierten.
Maria Theresia konnte sich unterdessen im Österreichischen Erbfolgekrieg behaupten; im Frieden von Aachen von 1748 musste sie lediglich Schlesien an Preußen abtreten. In der Folge sucht sie im Bündnis mit Russland und Frankreich, ihren Rivalen Preußen zu bezwingen; im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) konnte sich Friedrich II. jedoch gegen die antipreußische Übermacht durchsetzen. Durch Friedrichs Erfolg im Siebenjährigen Krieg stieg Preußen zur europäischen Großmacht auf; der Gegensatz zwischen Österreich und Preußen verschärfte sich und bestimmte © 1993-2001 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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bis zur Gründung des Deutschen Kaiserreiches 1871 in hohem Maß die deutsche Geschichte.
Bereits 1778/79 brach der preußisch- österreichische Dualismus im Bayerischen Erbfolgekrieg wieder offen aus. Bei den Polnischen Teilungen (1772, 1793 und 1795) fanden sich Österreich und Preußen jedoch aus macht-und territorialpolitischen Gründen zeitweise wieder zur Zusammenarbeit bereit.
Das geistige Leben war im 18. Jahrhundert geprägt von den Ideen der Aufklärung, die – in den einzelnen deutschen Staaten in unterschiedlichem Maß – auch auf Gesellschaft und Politik wirkten.
In einigen Staaten verbanden sich die Gedanken der Aufklärung mit dem Absolutismus, so etwa im Habsburgerreich Josephs II. (1765-1790) und im Preußen Friedrichs des Großen, die beide als die herausragendsten Vertreter des aufgeklärten Absolutimus im Reich gelten, aber auch z. B. in Baden unter Markgraf bzw. Großherzog Karl Friedrich (1738-1811) und in Bayern unter den Kurfürsten Maximilian III. Joseph (1745-1777) und Karl Theodor (1777-1799). Die aufgeklärt absolutistischen Staaten zeichneten sich u. a. durch eine Vielzahl innerer, in hohem Maß dem Gemeinwohl verpflichteter Reformen aus, durch den Aufstieg des Bürgertums in der nach wie vor ständisch strukturierten Gesellschaft, durch erste Schritte auf dem Weg zur modernen Rechtsstaatlichkeit sowie durch das allmähliche Verschwinden der konfessionellen Auseinandersetzungen.
Giraudon/Art Resource, NY
Jean-Baptiste Isabey: Der Wiener Kongress Auf seinem Aquarell Wiener Kongress von 1815 vereinte der französische Miniaturenmaler und Lithograph Jean-Baptiste Isabey (1767-1855) die wichtigsten Kongressteilnehmer, u. a. den preußischen Staatskanzler Fürst von Hardenberg (vorn links sitzend); rechts daneben, vor seinem Stuhl stehend, den Fürsten von Metternich; hinter dem leeren Sessel im Vordergrund, mit dem Rücken zum Tisch sitzend, den englischen Minister Castlereagh; rechts am Tisch sitzend den französischen Diplomaten Talleyrand; und rechts neben ihm den Vertreter Russlands, den Grafen Stackelberg. Musée du Louvre, Paris.
Die Französische Revolution von 1789 mit ihren Forderungen nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit drohte die monarchisch-absolutistische und ständische Grundordnung in den © 1993-2001 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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europäischen Staaten zu erschüttern. Preußen und Österreich, vertreten von König Friedrich Wilhelm II. (1786-1797) und Kaiser Leopold II. (1790-1792), stellten angesichts dieser gemeinsamen Bedrohung von außen ihre Auseinandersetzung um die Vorherrschaft im Reich zurück und fanden sich 1791 gegen das revolutionäre Frankreich und zur Verteidigung der Monarchie in der Pillnitzer Konvention zusammen, die 1792 die Kriegserklärung Frankreichs an Österreich provozierte.
Die ersten drei Koalitionskriege (1792-1797, 1798-1801/02 und 1805) wechselnder europäischer Koalitionen gegen das revolutionäre bzw. napoleonische Frankreich führten schließlich zur Auflösung des alten Reiches: 1795 musste Preußen im Frieden von Basel seine linksrheinischen Territorien an Frankreich übergeben; Österreich stimmte 1797 im Frieden von Campo Formio der Abtretung des gesamten linksrheinischen Reichsterritoriums von Basel bis Andernach an Frankreich zu, was 1801 im Frieden von Lunéville zwischen Österreich bzw. dem Reich und Frankreich bestätigt wurde.
Schloss Schönbrunn, Wien/Bridgeman Art Library, London/New York
Martin van Meytens: Die Kaiserliche Familie auf der Schönbrunner Schloß terrasse
Das Gemälde Die Kaiserliche Familie auf der Schönbrunner Schloßterrasse (Akademie der Bildenden Künste, Wien) zeigt Kaiserin Maria Theresia (1717-1780), Erzherzogin von Österreich, Königin von Böhmen und Ungarn, im Kreise ihrer Familie. Mit der Unterstützung Großbritanniens konnte sie sich im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-1748) gegen die Angriffe Friedrichs des Großen wehren und ihre Besitztümer, mit Ausnahme von Schlesien, Parma und Piacenza, behaupten.
Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803, auf Inititative Frankreichs zustande gekommen, mit seiner tief greifenden Umgestaltung der territorialen und politischen Ordnung im Reich, bedeutete einen weiteren Schritt hin zur Auflösung des Reiches: Die geistlichen Fürstentümer wurden säkularisiert und zahlreiche reichsunmittelbare Stände mediatisiert. Der größte Teil der säkularisierten und mediatisierten Gebiete wurde zur Entschädigung der Fürsten, die ihre linksrheinischen Territorien an Frankreich verloren hatten, herangezogen. An Stelle der drei © 1993-2001 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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erloschenen linksrheinischen Kurfürstentümer verfügte der Reichsdeputationshauptschluss außerdem die Erhebung von Baden, Württemberg, Hessen-Kassel und Salzburg zu Kurfürstentümern. Im Zuge des 3. Koalitionskrieges wurden Bayern und Württemberg, nun Verbündete Frankreichs, unter der Protektion Napoleons I. 1805 zu Königreichen erhoben.
Am 12. Juli 1806 schlossen sich schließlich auf Betreiben Napoleons 16 süd-und westdeutsche Staaten zum Rheinbund zusammen, erklärten sich für souverän und traten am 1. August 1806 aus dem Heiligen Römischen Reich aus. In der Konsequenz legte Kaiser Franz II. (1792-1806; als Franz I. von 1804 bis 1835 Kaiser von Österreich) am 6. August 1806 auf Druck Napoleons die r ömisch-deutsche Kaiserwürde nieder und besiegelte damit das Ende des Heiligen Römischen Reiches.
Preußen hatte sich seit dem Frieden von Basel 1795 aus den Kriegen gegen Frankreich herausgehalten. 1806 begann König Friedrich Wilhelm III. (1797-1840) den 4. Koalitionskrieg gegen das napoleonische Frankreich, der für Preußen bereits nach wenigen Wochen mit der vernichtenden Niederlage in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt endete. Im Frieden von Tilsit (1807) verlor Preußen all seine Besitzungen links der Elbe sowie den größten Teil seiner Gewinne aus den Polnischen Teilungen, insgesamt mehr als die Hälfte seines Territoriums. Die ehemals preußischen linkselbischen Gebiete gingen im Königreich Westphalen und im Großherzogtum Berg auf, beide von Napoleon neu errichtet und beide Mitglieder des Rheinbundes, dem sich jetzt auch die mittel-und norddeutschen Staaten anschlossen. Das ehemalige Heilige Römische Reich stand nun zum großen Teil unter französischer Vorherrschaft.
In Reaktion auf den Zusammenbruch im Krieg gegen Napoleon wurden in Preußen unter der Ägide von Männern wie dem Freiherrn vom Stein und Karl August Fürst von Hardenberg zahlreiche richtungweisende innere Refomen eingeleitet ( siehe preußische Reformen); hervorzuheben sind hier vor allem die Bauernbefreiung, die Reform der Städteordnung, die Bildungsreform und nicht zuletzt die von Gerhard von Scharnhorst und anderen vorangetriebene Heeresreform, in deren Rahmen die Wehrpflicht eingeführt wurde. Ähnliche Reformansätze Johann Philipp Graf von Stadions in Österreich blieben durch die Niederlage gegen Frankreich in ihren Anfängen stecken.
Die Niederlage der Grande Armée während Napoleons Russlandfeldzug 1812 schuf die Voraussetzung für die Befreiungskriege gegen die napoleonische Vorherrschaft in Europa. Im März 1813 erklärte Preußen Frankreich den Krieg, im August folgte Österreichs Kriegserklärung an Frankreich, und Anfang Oktober schied Bayern aus dem Rheinbund aus und schloss sich der antinapoleonischen Koalition an. Napoleons Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig (16.19. Oktober 1813) bedeutete den Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft in Deutschland; der Rheinbund löste sich auf, seine Mitglieder traten der antinapoleonischen Koalition bei. In den beiden Pariser Friedensschlüssen von 1814 und 1815 nach dem Sieg einer Koalition europäischer Mächte über Napoleon wurde Frankreich auf die Grenzen von 1790 reduziert, d. h. das Reichsgebiet wurde in den Vorkriegsgrenzen wiederhergestellt.
Auf dem Wiener Kongress, der 1814 nach dem ersten Sturz Napoleons zusammentrat, wurde zum einen die Neuordnung des europäischen Staatensystems besprochen und zum anderen die territoriale Gliederung und die Verfassung des ehemaligen Heiligen Römischen Reiches geregelt: Die nun 41 Einzelstaaten vereinigten sich zum Deutschen Bund, einem lockeren Staatenbund, in dessen Rahmen die Einzelstaaten souverän blieben, allerdings den Beschlüssen des Bundes verpflichtet waren. 1815 verabschiedete der Kongress die Bundesakte als Grundgesetz des Deutschen Bundes, die 1820 um die Wiener Schlussakte ergänzt wurde.
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12 VOM DEUTSCHEN BUND ZUR REICHSGRÜNDUNG (1815-1871) © Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.