Lass uns doch mal wieder treffen... Es gab eine Zeit, in der «Treffen» dazu dienten, Ehre wieder herzustellen und die Anzahl der möglichen Folgetreffen zu re‐ duzieren. Diese Praxis erwies sich als nützliches Mittel für die Begrenzung des Bevölkerungswachstums, beschäftigte Frühaufsteher zuverlässig und sorgte bei unzähligen Beruf‐ sständen für ausreichend Arbeit. «Hast du Horst heute morgen getroffen?» «Ja, aber nicht richtig.» Nun schufen die europäische Aufklärung und der Humanismus men‐ schenfreundlichere Umgangsformen und der angelsächsische Brauch des Meetings wurde geboren. Forthin kamen aus Zusam‐ menkünften, die Meetings hießen, genauso viele Menschen her‐ aus, wie vorher hineingegangen waren - ein Vorgang, den man bis dato nur vom Theater kannte, weswegen Meetings bis heute damit in Verbindung gebracht werden. Es wurde plötzlich auch dem Ehrlosen das Recht auf Weiterleben zugesprochen, was das ursprüngliche Treffen definitionsgemäß nicht hergab. Das morgendliche Duell verlor seine Aufgabe in der Gesellschaft und die Präzision in der Umsetzung. Heutige Meetings stellen weder Ehre wieder her, noch klären sie zu‐ verlässig Sieg und Niederlage. Stattdessen setzen sie Ehrlosigkeit fort. Wir dürfen den Meetingwahn moderner Organi‐ sationen getrost als die späte Rache der Ehrlosen am Rest der Menschheit auffassen. Es steht die Vermutung, dass sie auch überwiegend von diesen veranstaltet werden. Undank ist der Welt Lohn. Dafür solltet ihr nicht weiterleben, ihr Luschen! Bleibt die Frage, wo die Anderen, die Ehrbaren, geblieben sind. Langjährige Forschungsarbeit in Archiven, auf Friedhöfen und Gastwirtschaften trägt jetzt Früchte und lässt Bruchstücke zu unvollständigen Bildern verdichten. Die alten ehrbaren Sieger sind jedenfalls nicht in großen Or‐ ganisationen zuhause. Das waren sie früher nicht und sie mei‐ den es auch heute. Sie tummeln sich bei Langeweile und von an‐ deren unerkannt in der Radical Dude Society. Dort umgehen sie Duelle durch individuelles Langschlafen und Prokrastination‐ sexzesse, die sie gemeinsam durchstehen. «Ja, aber so isses doch!» - «Ei, wenn ich dir's sach'.» - «Ewe.» Frank Eberhard