Charley und Steinbeck Henry Cowell Redwoods State Park Eine Weile waren FfK mit Charley und Steinbeck unterwegs. Sie trödelten hinter Steinbecks Truck daher, als sie die Abzwei‐ gung zum Henry Cowell Redwoods State Park sahen. Sie hupten Steinbeck fröhlich zu und bogen ab. Die drei Freunde durchquerten den kleinen State Park auf der Suche nach einem geeigneten Rastplatz. Im gleichnamigen Camp‐ ground, der mit Toiletten und Duschen und Leihhunden warb, fanden sie das, was sie suchten. Büttner baute wie immer das Zelt auf, richtete den Lagerplatz ein, während die Freunde den nächstgelegenen Liquor Store auf‐ suchten und Miller Bier kauften (das 24er‐Pack). Noch in San Francisco hatten sie im Brain‐Wash eine Bier‐ Verkostung durchgeführt, bei der Bohl zur Überraschung von Büttner und Reuss. nach etlichen Bieren ausstieg. Die eruptive Entleerung des Magens konnte Bohl gerade so verhindern. «Miller», sagte Bohl, «das ist das einzige, was ich vertrage.» Als die Freunde am Lagerplatz wieder auftauchten, war alles bereitet. Büttner hatte sogar die Lochkamera aufgebaut und auf einen der umherstehenden Mammutbäumen ausgerichtet. Reuss. kalkulierte die Belichtungszeit und taxierte sie auf 49,34 Minuten. Das passte, denn Büttners Vortrag «Über die Ordnung» sollte nicht länger dauern und die Dunkelheit würde unwiederruflich einbrechen. Gary Snyder stellte unterdessen die Frage, ob 49,34 Minuten ausreichen, das Wesen des Mammutbaus fotografisch abbilden zu können. Unter den Umstehenden entbrannte eine hitzige Diskus‐ sion um Mammutbäume, die Waldgeister, die Urahnen sowie die Vorfahren. Ein Vertreter der Diné besänftigte die Menge und verwies auf die Einsichten der Dudes. Eine ihrer Geschichten, so der Vertreter der Diné, erzählt von einem Baum, der alt und krumm war, mit Ästen wie knorrigen Extremitäten. Eines Tages lief ein junger Mensch bei einem Botengang an ihm vorüber. Er betrachtete das unnütze Ungetüm, und berichtete den Dudes, was er gesehen hatte. Die lachten. Einer von ihnen sagte: «Sei wie dieser Baum. Bist Du nützlich, wirst Du zersägt und zu Möbelstücken im Haus eines anderen gemacht. Bist Du schön, wird man Dich zur Ware machen und auf dem Marktplatz verkaufen. Sei wie dieser Baum, sei völlig unbrauchbar. Dann wirst Du in Ruhe wachsen können und alt werden und Tausende werden Schatten unter Dir finden.» «Jedermensch weiß», fügte ein anderer Dude hinzu, «wie nützlich es ist, nützlich zu sein. Niemand scheint zu wissen, wie nützlich es ist, unnütz zu sein.» Ungeachtet der Diskussion plante FfK noch während der Aufnahme des Mammutsbaumes eine weitere Langzeit‐Aufnahme. Diese sollte mehrere Stunden dauern. Dafür würden sie direkt nach der USA Vortragsreise das Festival «48h‐kunst los» planen und umset‐ zen, um innerhalb der 48 Stunden die Langzeitbelichtung vorzunehmen. Es würden, soweit sich das schon in diesem ersten Planungsmoment abzeichnete, mehr als 2500 Menschen dem Ereig‐ nis beiwohnen. Im Moment aber befanden sie sich im Henry Cow‐ ell Redwoods State Park, im Nachtschatten dieses einen Mammut‐ baums, vor dem die drei nach Einbruch der Dunkelheit friedlich einschliefen. Soundtrack: Simon & Garfunkel, The Sound of Silence, Sounds of Silence, Columbia Records, 1964 Nachtrag Steinbeck veröffentlichte seinen Reisebericht 1962. Auf Bitte von Büttner versteckte er zwischen den Zeilen Botschaften an Kampmann. Bei der Übertragung des Buches ins Deutsche gingen diese verloren. Sascha Büttner