# taz.de -- Was bringt der 1. Mai in Berlin?: Aufruf zur Hausbesetzung
       
       > Gibt es am 1. Mai in alter Kreuzberger Tradition Randale? Vieles deutet
       > darauf hin, dass die diesjährige 18-Uhr-Demo anders verläuft als in den
       > letzten Jahren.
       
 (IMG) Bild: Ob's bei gemütlichen Walpurgisfeuerchen bleibt?
       
       Der 1. Mai lebt von Ritualen, und dazu gehört auch das Rätselraten in den
       Tagen davor: Wird es in diesem Jahr mal wieder richtig knallen? In diesem
       Jahr gibt es einige Entwicklungen, die solcherlei Spekulationen beflügeln.
       Etwa die Route der Revolutionären 1.-Mai-Demonstration, auch als
       18-Uhr-Demo bekannt: Nach zwei Jahren mit Ausflügen nach Mitte und zum
       Halleschen Tor bleibt der Protestzug wieder im Kiez: Endpunkt ist mit dem
       Lausitzer Platz jener Ort, an dem 1987 die ersten großen Mai-Krawalle
       begannen.
       
       Das ist nicht das einzige Detail der Strecke, das der Polizei Sorgen
       bereiten dürfte: Die VeranstalterInnen konnten auch durchsetzen, dass die
       Demonstration an der von Flüchtlingen besetzten Schule in der Ohlauer
       Straße vorbeiführt. „Wir werden hier eine sehr sichtbare Präsenz aufbauen,
       um zu verhindern, das Unbefugte auf das Gelände gelangen“, umschreibt
       Polizeisprecher Stefan Redlich das Einsatzkonzept der Polizei für diesen
       Ort. Auflagen für die Demonstration gibt es aber keine.
       
       Aus der Route ließe sich allerdings auch wenig Erbauliches über die
       DemonstrationsteilnehmerInnen ablesen: Die linke Szene dreht sich offenbar,
       zumindest geografisch, im Kreis. Vom Spreewaldplatz geht es über die
       Pannierstraße zum Hermannplatz nach Neukölln, nicht ohne noch einen Umweg
       über die Anzengruberstraße mitzunehmen. Vom Hermannplatz führt die Strecke
       dann über den Kottbusser Damm zurück nach Kreuzberg – nach einer fast
       sieben Kilometer langen Route sind die DemonstrantInnen an ihrem nur 150
       Meter vom Start entfernten Ziel angelangt.
       
       Vielleicht auch um diesen doch etwas orientierungslosen Eindruck
       auszugleichen, nehmen die VeranstalterInnen den Mund im Vorfeld ganz schön
       voll. Das könnte ebenfalls darauf schließen lassen, dass sich dieser 1. Mai
       von den Vorjahren abhebt. „Wir haben vor, die Marke von 30.000
       TeilnehmerInnen zu knacken“, sagt Organisator Michael Prütz – das wären
       mehr Menschen als jemals zuvor.
       
       ## Mehr Teilnehmer erwartet
       
       Immerhin rechnet selbst die Polizei mit bis zu 20.000 DemonstrantInnen,
       womit zumindest der aus dem vergangenen Jahr stammende bisherige Rekord
       gehalten wäre. Und nicht nur quantitativ, auch qualitativ könnte diese
       1.-Mai-Demo etwas Besonderes werden: Die erst seit wenigen Monaten
       existierende Gruppe Radikale Linke Berlin (RLB), in der Teile der
       aufgelösten Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) eine neue Heimat
       gefunden haben, bleibt bei ihrer Ankündigung, am 1. Mai ein Haus besetzen
       zu wollen. „Erspart uns Mühe und euch Ärger und rückt das Haus gleich
       raus“, schreibt die Gruppe in einem Brief an den Senat. Ein solches
       Entgegenkommen scheint indes wenig wahrscheinlich. Wann und wo die folglich
       notwendige Besetzung stattfindet, ist bislang unbekannt.
       
       Laut Innensenator Frank Henkel (CDU) will die Polizei am Tag erneut mit
       etwa 7.000 Beamten im Einsatz sein. „Wir hoffen, dass sich der positive
       Trend der letzten drei Jahre fortsetzt“, sagt Polizeisprecher Redlich. „Wir
       dürfen da allerdings auch nicht blauäugig herangehen.“
       
       Kritik an der Polizei kommt derweil aus der Opposition: Die
       innenpolitischen Sprecher der Grünen und Linken, Benedikt Lux und Hakan
       Tas, sprechen von einer „absurden Schieflage“ bei den vor politischen
       Großveranstaltungen üblichen Gefährderansprachen: Diese hat die Polizei
       nämlich bisher bei 26 Menschen aus der linken, aber keiner einzigen Person
       aus der rechten Szene durchgeführt. Die Begründung, nach der Rechtsextreme
       am 1. Mai bisher nicht als Gefährder aufgefallen seien, halten die
       Oppositionspolitiker für „hanebüchen und gefährlich“.
       
       29 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malene Gürgen
       
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