# taz.de -- IS-Cyberattacke auf TV5Monde: Von wegen Steinzeitreligion
       
       > Der französische Fernsehsender TV5Monde wurde vom IS gehackt. Zeitweise
       > war nur ein schwarzer Bildschirm zu sehen. Eine bedenkliche Eskalation.
       
 (IMG) Bild: Wenn der heilige Krieg zum Cyberwar wird.
       
       PARIS taz | Sympathisanten der Organisation „Islamischer Staat“ haben in
       der Nacht zu Donnerstag das System des französischen Fernsehsenders
       TV5Monde geknackt und lahmgelegt. Der Cyberkrieg der Dschihadisten hat mit
       dieser Aktion eine neue Phase erreicht.
       
       Es wurden nicht bloß ein paar Online-Inhalte geändert wie bei den fast
       täglichen Attacken von Piraten, die dazu gähnende Sicherheitslücken
       missbrauchen. Bei TV5Monde wurde sogar die Ausstrahlung der Programme
       verhindert. Das ist eine höchst bedenkliche Eskalation. Premierminister
       Manuel Valls sprach in einer ersten Reaktion auf Twitter von einem
       „inakzeptablen Angriff auf die Informations- und Meinungsfreiheit“.
       
       Der Angriff hatte in den sozialen Netzwerken begonnen. Den IS-Hackern
       gelang es, die Kontrolle über das Facebook-Konto des Senders zu erlangen.
       Bald war dort wie auch auf der Website des Senders nur noch IS-Propaganda
       zu sehen und zu lesen. In Anspielung auf den Anti-Terrorismus-Slogan „Je
       suis Charlie“ stand dort „Je suIS IS“.
       
       Ebenfalls auf Facebook publizierten die dschihadistischen Piraten ihre
       Botschaft und ihre Drohung: Frankreichs Präsident François Hollande habe
       mit seiner Intervention im Irak einen „unverzeihlichen Fehler“ gemacht und
       nichts gelernt aus den „Geschenken bei Charlie Hebdo und Hyper Casher“ – so
       werden die mörderischen Terroranschläge vom Januar bezeichnet. Bedroht
       werden dieses Mal namentlich die französischen Soldaten sowie ihre
       Familien, die sich „an die Amerikaner verkauft“ hätten.
       
       ## Kontrolle über das gesamte System
       
       Der Hackerangriff ging viel weiter als zunächst erwartet. Am Mittwoch um 22
       Uhr war auf dem Kanal von TV5Monde nur noch ein schwarzer Bildschirm zu
       sehen. Fernsehdirektor Yves Bigot musste mitteilen: „Wir sind nicht mehr
       imstande, auf unseren Kanälen zu senden.“ Vor dem versammelten Personal
       musste er später einräumen: „Die Leute, die uns attackiert haben, verfügen
       über ausgeklügelte Mittel.“
       
       Man muss derzeit davon ausgehen, dass es den Hackern gelungen ist, dank
       geklauter Passwörter und eventuell mittels der Installation eines
       unauffälligen Programms die Kontrolle über das gesamte System des Senders
       zu erlangen. Entsprechend umfangreich sind nun die Wartungsarbeiten und die
       Bemühungen, anderswo eine Wiederholung zu verhindern.
       
       Die Webseiten von französischen Zeitungen waren – wie auch andere Medien in
       der Welt – bereits mehrfach von pro-islamistischen Hackern angegriffen
       worden. Dass aber ein ganzes System außer Betrieb gesetzt wird, stellt eine
       Premiere dar und weckt Befürchtungen vor dem Cyberterrorismus: Was könnte
       geschehen, wenn es Terroristen gelingt, in das Betriebssystem eines AKW
       oder der Flugsicherheit einzudringen? Sicherheitsexperten können nur
       empfehlen, vorsichtshalber immer wieder die potenziell gefährdeten Systeme
       auf Lücken zu testen und diese zu schließen, bevor sie von übel gesinnten
       Hackern entdeckt werden.
       
       Im Fall von TV5Monde erklären Spezialisten von [1][breaking3zero.com]
       bereits das Vorgehen der Piraten, die sie aufgrund der in den Programmen
       hinterlassenen Spuren in Algerien ausfindig gemacht haben. Sie nutzten
       angeblich eine Java-Lücke, um einen VBS-Virus mit dem Namen "isis" zu
       installieren. Das Ziel sei vermutlich gewesen, das weltweite Sendenetz von
       TV5Monde nicht bloß zu blockieren, sondern im Dienst der IS-Propaganda
       einzusetzen.
       
       TV5Monde ist ein internationaler Sender der frankophonen Staaten
       Frankreich, Belgien, Schweiz und Kanada (Quebec). Ähnlich wie die Deutsche
       Welle, das von der Bundesregierug finanzierte Auslandsprogramm, spielt
       TV5Monde im Herkunftsland kaum eine Rolle, sondern sendet kulturelle, aber
       auch politische Inhalte in den Rest der Welt. Seine Programme erreichen 250
       Millionen Haushalte in 200 Ländern in Asien, im Mittleren Osten und in
       Afrika, wo die französische Sprache weit verbreitet ist.
       
       9 Apr 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.breaking3zero.com
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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