# taz.de -- Görlitzer Park: Messerattacke auf Dealer war Notwehr
       
       > Im November hatte ein Kreuzberger Wirt einer Shishabar zwei Drogenhändler
       > nieder gestochen. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen den Wirt
       > eingestellt.
       
 (IMG) Bild: Polizeistreife im Görlitzer Park
       
       Ständige Kontrollen, Razzien, Cannabis-Nulltoleranz-Zone für den Görlitzer
       Park – der Tag, seit dem die Polizei in Kreuzberg massiv durchgreift, trägt
       das Datum 15. November 2014. In jener Nacht hatten der 25-jährige Wirt
       einer Shishabar und dessen Freund zwei junge Drogenhändler in der Skalitzer
       Straße niedergestochen. Die beiden 17-jährigen Flüchtlinge aus Guinea
       erlitten schwere Verletzungen an Lunge und in der Bauchhöhle. Sie
       überlebten nur knapp. Am Donnerstag wurde bekannt, dass die
       Staatsanwaltschaft das ursprünglich wegen versuchten Totschlags
       eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigten eingestellt hat.
       Es sei davon auszugehen, dass ihr Verhalten wegen Notwehr gerechtfertigt
       gewesen sei, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner,
       zur taz.
       
       Bereits Monate vor dem Vorfall hatten die Gewalttaten rund um den
       Drogenhandel in Kreuzberg zugenommen. Die Beschwerden von Anwohnern und
       Gewerbetreibende über immer aggressiver auftretende Dealer füllten zwar die
       Zeitungsspalten. Eine spürbare Reaktion von Polizei und Politik blieb indes
       aus.
       
       Auch der Wirt hatte sich vor dem 15. November immer wieder an die Polizei
       gewandt, weil sich Drogenhändler vor seinem Laden breitgemacht hatten.
       Dieser befindet sich in einem Souterrain. Die Dealer hätten Drogenbunker an
       der Hauswand angelegt und Gäste und Passanten angepöbelt, gab der Mann bei
       seiner späteren Vernehmung zu Protokoll. Allein in der Zeit zwischen dem
       12. Oktober und dem 14. November sind Steltner zufolge 36 Notrufe von ihm
       bei der Polizei eingegangen. Auch in der Nacht, als die Tat geschah, hat
       der Mann dreimal die 110 angerufen und um Hilfe gebeten. Die Notrufe sind
       in der Zeit zwischen 1.36 Uhr und 1.51 Uhr vermerkt. Das war die Zeit, in
       der sich die folgenschweren Ereignisse statt fanden. Die Polizei war laut
       Aktenlage das letzte Mal gegen 18.20 Uhr vor Ort. Bei seiner Vernehmung
       soll der Wirt ausgesagt haben, dass ihm die Beamten rieten, in die Bar
       zurückzugehen und sich jemanden zur Unterstützung zu holen.
       
       Notrufprotokolle, Bilddokumente, umfangreiche Zeugenaussagen – darunter von
       etlichen unbeteiligten Zeugen – deckten sich mit der Aussage des Wirts,
       sagte Steltner. Jener habe angegeben, bereits gegen 18.20 Uhr von den
       später Geschädigten bedroht und mit einer Flasche geschlagen worden zu
       sein. Dieselben Personen seien um 1.30 Uhr nachts zurückgekommen, hätten
       ihm Whiskey über den Kopf gekippt, ihn geboxt, geschlagen und getreten.
       Einer habe versucht, ihm eine kaputte Bierflasche ins Gesicht zu drücken,
       der andere habe eine Flasche nach ihm geworfen. Diese habe seinen Kopf
       gestreift. Da habe er das Messer eingesetzt. Während des Geschehens habe er
       mehrfach bei der Polizei Hilfe angefordert. Der 23jährige Mitbeschuldigte
       hat keine Aussage gemacht.
       
       Zum Zeitpunkt der Messerangriffe habe „ein gegenwärtiger rechtswidriger
       Angriff auf die Beschuldigten vorgelegen“, begründete der Sprecher der
       Staatsanwaltschaft die Verfahrenseinstellung wegen Notwehr. Die verletzten
       Flüchtlinge hätten ausgesagt, spazieren gegangen zu sein. Grundlos seien
       sie angegriffen und niedergestochen worden, so Steltner.
       
       Die besagte Shishabar gibt es nicht mehr. Einen Tag nach dem Angriff hatte
       eine Gruppe von Männern, möglicherweise auch Bekannte der Verletzten, den
       Laden verwüstet.
       
       19 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Plutonia Plarre
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