# taz.de -- China nach dem Volkskongress: Machtkampf voraus
       
       > Zum Abschluss der Sitzung des Volkskongresses stimmt die Führung das Land
       > auf schwierige Zeiten ein. Das Wachstum geht zurück.
       
 (IMG) Bild: Schwächelt das Wachstum, sieht es schlecht für die Zukunft des roten Sterns über China aus.
       
       PEKING taz | Schon viele China-Beobachter haben den Zusammenbruch der
       Volksrepublik vorausgesagt. Doch wenn David Shambaugh, Professor der
       George-Washington-Universität, von der „Schlussphase der kommunistischen
       Herrschaft“ spricht, horchen China-Experten weltweit auf. Das Ende sei viel
       weiter fortgeschritten, als viele denken, schrieb der renommierte
       US-Sinologe, dem gute Kontakte zur politischen Elite Chinas nachgesagt
       werden, vergangene Woche in einem Beitrag im Wall Street Journal. Und das
       Ende werde keineswegs friedlich verlaufen. Bislang war Shambaugh nicht als
       China-Pessimist aufgefallen.
       
       Tatsächlich gibt es Hinweise, dass der seit zwei Jahren amtierende
       Staatspräsident Xi Jinping und sein Premierminister Li Keqiang das
       Riesenreich doch nicht so fest im Griff haben, wie sie bislang
       suggerierten. Vor allem mit der Wirtschaft läuft es nicht mehr rund –
       bislang der Garant für soziale Stabilität in dem höchst ungleichen Land.
       
       Zum Abschluss der Jahrestagung des Volkskongresses am Sonntag gab Li vor
       Journalisten zu, dass das geringere Wachstumsziel von etwa 7 Prozent in
       diesem Jahr „auf keinen Fall einfach zu erreichen“ sei. Dabei wären diese 7
       Prozent das schwächste Wachstum seit 25 Jahren.
       
       Li stimmte sein Land auf schmerzhafte Reformen ein. Der „Abwärtsdruck“ sei
       stark, betonte er. Zugleich warnte er vor heftigem Widerstand. „Mächtige
       Interessengruppen werden über die Reformen sehr verärgert sein“, warnte er.
       Li kündigte an, dass er verstärkt gegen Staatsunternehmen vorgehen werde.
       Er wolle stattdessen Marktkräften eine größere Rolle einräumen. „Es ist
       nicht wie Nägel schneiden, sondern als ob man mit dem Messer im eigenen
       Fleisch operiert“, erklärte der Premier.
       
       ## Zahllose Korruptionsverfahren
       
       Seit Xi und Li vor zwei Jahren die Staats- und Parteispitze übernommen
       haben, überziehen sie das Land mit der bislang größten
       Antikorruptionskampagne in der Geschichte der Volksrepublik. Chinesischen
       Staatsmedien zufolge ist die Führung bereits gegen mehr als eine Viertel
       Million Beamte, Chefs von Staatsunternehmen, Parteisekretären, ja sogar
       gegen ranghohe Offiziere und Generäle der Volksbefreiungsarmee vorgegangen.
       Nun wollen sie sich die Staatsunternehmen vorknöpfen, allen voran die
       mächtigen Chefs der Ölkonzerne und die Kohlebarone.
       
       Doch so sehr es Xi gelungen zu sein scheint, wichtige Bereiche des
       Staatsapparats unter seine Kontrolle zu bringen – Beobachter der
       chinesischen Politik beobachten Gegenwehr. „Ich würde die Möglichkeit nicht
       ausschließen, dass Xi Jinping durch einen Machtkampf oder Staatsstreich
       gestürzt wird“, schreibt Shambaugh. „China steht vor unsicheren Zeiten“,
       sagt auch ein westlicher Diplomat.
       
       Trotz seiner Warnungen ist Premier Li zugleich um Zuversicht bemüht. Er
       versprach viel Raum für Konjunkturmaßnahmen, falls das Wachstum noch mehr
       abrutschen sollte oder nicht genug Jobs geschaffen würden. China sei in der
       Lage, „systemischen und regionalen Finanzkrisen“ zuvorzukommen.
       
       Arthur Kroeber vom unabhängigen Wirtschaftsinstitut Draegonomics sieht vor
       allem einen stabilisierenden Machtfaktor: Chinas weiter wachsende
       Mittelschicht. Sie hege ein großes Interesse am derzeitigen Status quo.
       „Die Partei mag in einigen Bereichen unsicher wirken“, so der Ökonom. Jede
       andere Kraft würde aber für noch unsicherere Verhältnisse sorgen.“
       
       15 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Li Keqiang
 (DIR) Volkskongress
 (DIR) Xi Jinping
 (DIR) China
 (DIR) China
 (DIR) Dissidenten
 (DIR) China
 (DIR) China
 (DIR) Arbeitsplätze
 (DIR) Militärausgaben
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Fleischkonsum in China: Einmal vegetarisch süß-sauer, bitte
       
       Die chinesische Führung will gegen den rasant steigenden Fleischkonsum
       vorgehen. Wie das gehen soll, verrät sie aber noch nicht.
       
 (DIR) Pressefreiheit in China: Journalistin zu langer Haft verurteilt
       
       Ein unter Druck zustandegekommenes Geständnis ist die Grundlage des Urteils
       gegen Gao Yu. Die Journalistin muss sieben Jahre ins Gefängnis.
       
 (DIR) Korruption in China: Ex-Sicherheitschef vor Gericht
       
       Präsident Xi Jinping gelingt ein wichtiger politischer Schachzug: Sein
       Rivale Zhou Yongkang wird wegen Machtmissbrauch und Bestechlichkeit
       angeklagt.
       
 (DIR) Kommentar Chinas verbotener Umweltfilm: Smog lässt sich nicht zensieren
       
       Ein Film über Umweltverschmutzung wurde in China mehr als 200 Millionen mal
       geklickt. Dann schritten die Zensoren ein.
       
 (DIR) Wachstumsangst beim Volkskongress: Zehn Millionen neue Jobs in China
       
       Die chinesische Wirtschaft soll 2015 nur noch um sieben Prozent wachsen. Na
       und? Nicht auszumalen, wenn sie so schnell zulegte wie früher!
       
 (DIR) Aufrüstung in China: Militär hui, Generäle pfui
       
       Der Volkskongress kündigt mehr Geld fürs Militär an. Parteichef Xi knüpft
       sich indes korrupte Generäle vor, um seine Macht auszubauen.