# taz.de -- Archäologin über den Vandalismus des IS: „Luftangriffe werden nicht viel nützen“
       
       > Die vom IS bedrohten kulturellen Stätten im Nordirak sind gut
       > dokumentiert, sagt die Archäologin Margarete van Ess. In erster Linie
       > müssen Menschen geschützt werden.
       
 (IMG) Bild: Wie viele der römischen Antiken in Hatra nach der IS-Zerstörung noch stehen, ist derzeit unbekannt.
       
       taz: Frau van Ess, Sie haben selbst als Archäologin im Irak gearbeitet. Ist
       das heute angesichts der Kämpfe und der Bedrohung durch den Islamischen
       Staat (IS) überhaupt noch möglich? 
       
       Margarete van Ess: Im Moment sind archäologische Arbeiten in dem Gebiet, in
       dem gekämpft wird, natürlich überhaupt nicht möglich. Nach wie vor möglich
       sind wahrscheinlich Arbeiten in Kurdistan im Nordostirak und tendenziell im
       Südirak. Das Auswärtige Amt rät aber dringend davon ab, sich derzeit dort
       aufzuhalten.
       
       Wir lesen inzwischen leider fast täglich Berichte über die Zerstörung von
       Kulturgütern im Irak durch den Islamischen Staat. Worin liegt denn die
       große Bedeutung dieser kulturellen Stätten? 
       
       Die Bedeutung der kulturellen Stätten im Nordirak liegt darin, dass sie zu
       den mesopotamischen Kulturen gehören, die generell für die menschliche
       Zivilisation viel geleistet haben. Das ist eine Region, in der sehr früh
       schon wichtige Erfindungen gemacht wurden und Wissen generiert wurde. Die
       assyrischen Herrscher, deren Paläste im Moment stark zerstört werden, haben
       sich sehr um dieses Wissen gekümmert, es befördert und damit ermöglicht,
       dass es später über die Griechen in unsere Kultur transferiert werden
       konnte.
       
       Wenn wir jetzt an eine mögliche Restaurierung der zerstörten Stätten in der
       Zukunft denken: Sind die kulturellen Stätten im Irak denn gut dokumentiert,
       kartografiert oder digitalisiert? 
       
       Die archäologischen und historischen Stätten, die derzeit zerstört werden,
       sind vergleichsweise gut dokumentiert, jedoch mit den Mitteln früherer
       Jahrzehnte. Man muss bedenken, dass man seit den 1980er Jahren kaum mehr
       geregelt arbeiten konnte, weder die irakische Antikenbehörde noch
       Ausländer. Es gibt daher eine fotografische und zeichnerische
       Dokumentation, jedoch keine oder nur in Einzelfällen eine digitale.
       
       Die irakische Regierung hat die von den USA geführte Koalition gegen den
       Islamischen Staat am Sonntag um Luftangriffe für den Schutz der Kulturgüter
       gebeten. Ist das der richtige Ansatz? 
       
       Luftangriffe zum Schutz von Kulturgütern werden wahrscheinlich nicht
       besonders viel bewirken. Ich glaube allerdings, dass man das Ganze in einen
       größeren Kontext setzen muss und die ganze Region und die Menschen samt
       ihrer eigenen Kultur, eben auch der archäologischen Stätten, geschützt
       werden muss. Das wird vermutlich nur mit einer militärischen Aktion gehen.
       
       Dabei geht es dann natürlich auch um die Menschen. 
       
       Dabei geht es in erster Linie um die Menschen. Wie man auch aus den
       Nachrichten hört, kommt es dort nicht nur gegenüber Andersgläubigen zu
       Übergriffen und Gewalt, sondern auch gegen die aus der gleichen Ausrichtung
       des Islam Kommenden, also die sunnitischen Muslime. Es wird offensichtlich
       im Moment niemand ausgenommen. Diesen wirklich extrem nihilistisch
       denkenden Terroristen kann man nur militärisch begegnen.
       
       10 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Beate Seel
       
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