# taz.de -- Durchsuchte wollen klagen: „Mit Salafisten nichts zu tun“
       
       > Der am Wochenende von Bremens Polizei durchsuchte Moschee-Verein will
       > gegen die Ermittler klagen. Der Einsatz habe keine rechtliche Grundlage.
       
 (IMG) Bild: Nennt den Polizeieinsatz vom Wochenende "überzogen": Mohammad Omar Habibzada, Vorsitzender des Islamischen Kulturzentrums Bremen.
       
       BREMEN taz | Während sich das übrige Bremen vom „Terror-Wochenende“ erholt,
       will man im Islamischen Kulturzentrum (IKZ) noch längst nicht von
       Normalität reden. In dem Moschee-Verein nahe des Hauptbahnhofs hatte die
       Polizei am Samstagabend nach den automatischen Waffen gesucht, die hinter
       der Terror-Warnung stecken sollen. Der Verfassungsschutz beobachtet den
       Verein seit Jahren und stuft ihn als Teil des salafistischen Netzwerks ein.
       
       Als der IKZ-Vorsitzende Mohammad Omar Habibzada auf einer Pressekonferenz
       am Dienstag von der Erstürmung des Vereins durch die Polizei berichtet,
       lehnen drei zertrümmerten Türen an der Wand des Gebetsraumes. Man hätte den
       Beamten alles aufgeschlossen, sagt er, man habe das auch ausdrücklich
       angeboten. Doch der Hausmeister soll mit den Schlüsseln in der Tasche
       gefesselt auf dem Boden gelegen haben. „Die hatten ihre Rammböcke dabei und
       wollten sie auch benutzen“, sagt Habibzada über die Polizisten. Wegen der
       Zerstörungen und weil die Polizei Sprengstoff-Hunde durch die Moschee
       geführt habe, sei der Ort nun entweiht. Außerdem habe man die
       Moschee-Besucher nicht zu ihren verängstigten Kindern gelassen und einen
       70-Jährigen gefesselt, der daraufhin Kreislaufprobleme bekam.
       
       Gegen den Anti-Terror-Einsatz hat die Gemeinde nun beim Amtsgericht
       Beschwerde eingereicht: Weil sich der Durchsuchungsbefehl nur auf vage und
       nicht überprüfbare Geheimdienstangaben beziehe und weil sie den Einsatz als
       „vollkommen unverhältnismäßig“ und einen Eingriff in die Glaubens- und
       Religionsfreiheit sehen. Bereits zum vierten Mal sei die Moschee nun
       durchsucht worden, ohne dass dabei etwas herausgekommen wäre. Vertreten
       wird der Verein vom Anwalt Hans-Eberhard Schultz, der als Verteidiger von
       PKK-Chef Abdullah Öcalan international bekannt wurde.
       
       Der Vorsitzende des Bunds Deutscher Kriminalbeamter, André Schulz,
       bezeichnete das massive Polizeiaufgebot in der Innenstadt als „überzogen“.
       Dass das Einsatzkommando „schlagartig“ in das Kulturzentrum eingedrungen
       sei und Türen beschädigte, räumt auch die Polizei ein. Man habe den Einsatz
       allerdings bewusst in einer Gebetspause gestartet, um den Gottesdienst
       nicht zu stören.
       
       Laut Habibzada habe das Nachtgebet aber nicht stattfinden können. Vom
       Salafismus im IKZ will er nichts wissen. Das sei nicht mehr als ein „vom
       Verfassungsschutz konstruierter Kampfbegriff“. Das IKZ verstehe sich
       lediglich als „muslimische Glaubensgemeinschaft“. Verfassungsschutzberichte
       könne man nicht anfechten und so halte sich der Ruf hartnäckig, obwohl
       trotz jahrelanger Beobachtung nie jemand Anklage erhoben habe.
       
       Beim islamischen „Kultur- und Familienverein“ (KUF) im Bremer Stadtteil
       Gröpelingen war das anders: Der galt als Zentrum für aus Syrien
       zurückgekehrte Terroristen des Islamischen Staats und wurde Anfang Dezember
       geschlossen. KUF und IKZ gelten für den Verfassungsschutz als eng
       miteinander verzahnt. Der sonst erklärtermaßen um Transparenz bemühte
       Habibzada wollte sich dazu nicht äußern.
       
       Auch der islamische Verband Schura hatte das Vorgehen der Polizei
       kritisiert und es als „respektlos“ gegenüber der Religion bezeichnet. Für
       diese Solidaritätsbekundung konnte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD)
       derweil wenig Verständnis aufbringen.
       
       Es gebe in Bremen „Dutzende von Moscheen, deren Besucher und Besucherinnen
       friedlich ihrem Glauben nachgingen und Tausende von Muslimen, mit denen man
       gerne zusammenarbeite und in Nachbarschaften zusammenlebe“, sagte Mäurer –
       der Salafismus gehöre nicht dazu.
       
       Die CDU-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft kritisierte, dass die
       Durchsuchung hätte stattfinden müssen bevor die Polizei ihre Präsenz am
       Samstagmorgen massiv verstärkt hatte. „So hatten Terroristen, die sich
       mutmaßlich im IKZ aufhielten, genug Zeit, selbst samt den Waffen zu
       verschwinden“, sagte Fraktionschef Thomas Röwekamp.
       
       Staatsanwaltschaft und Polizei wiesen am Mittwoch den Vorwurf, sie hätten
       getrödelt, zurück. Eine Durchsuchung wegen Gefahr in Verzug sei nicht
       erforderlich gewesen, da das Gebäude fortlaufend polizeilich beobachtet
       wurde.
       
       4 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan-Paul Koopmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ermittlungen
 (DIR) Klage
 (DIR) Durchsuchung
 (DIR) Moschee-Verein
 (DIR) Salafisten
 (DIR) Islamist
 (DIR) Salafismus
 (DIR) Terrorgefahr
 (DIR) Innere Sicherheit
 (DIR) Bremen
 (DIR) Polizei
 (DIR) Polizisten
 (DIR) Polizei
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Razzia in der Moschee: Mit der Axt in den Gebetsraum
       
       In Hildesheim haben 400 Polizisten die Räume eines Salafistenvereins
       durchsucht. Landregierung will ein Verbot der Gruppierung.
       
 (DIR) Islamist nach der Haft: Keine Fesseln für den „Emir“
       
       Der Islamist René Marc S. wurde aus der Haft entlassen, soll aber eng
       überwacht werden – für die Sicherheitsbehörden am liebsten per
       elektronischer Fußfessel.
       
 (DIR) Feindbilder des Staatsschutzes: Das Phantom
       
       Wer als angeblicher Anhänger des Salafismus ins Fadenkreuz der Behörden
       gerät, der hat es schwer: Das zeigt der Fall des Bremers Bilal M.
       
 (DIR) Terror-Alarm wird untersucht: „Unmittelbare Einflussnahme“​
       
       Der Untersuchungsausschuss zum Anti-Terror-Wochenende dient für den
       CDU-Abgeordneten Wilhelm Hinners der Aufklärung politischer Verantwortung​.
       
 (DIR) Konsequenzen aus Terrordrohungen: Polizei jetzt mit Kriegswaffen
       
       Nach wiederholten Terrorwarnungen werden deutsche Polizisten mit schweren
       Waffen aufgerüstet. Die Linke warnt vor „Bürgerkriegsarmeen“.
       
 (DIR) Inszeniertes Bedrohungsszenario: Die Projektionsfläche der Anderen
       
       In der Inszenierung „Ich rufe meine Brüder“ kitzelt das Bremer Moks-Theater
       Terrorängste hervor. Und identifiziert so Stereotype und Vorurteile.
       
 (DIR) Antiterroreinsatz in Bremen: Schwere Pannen als tolle Chance
       
       Doppelbelastungen und strukturelle Überforderung: Ein Sonderermittler
       kritisiert die Bremer Polizei für den Antiterroreinsatz Ende Februar.
       
 (DIR) Überreaktion bei Anti-Terror-Einsatz: Autos machen Salafisten
       
       Weil sie den falschen Wagen fuhr, wurde eine Familie von einem schwer
       bewaffneten polizeilichen Sondereinsatzkommando überwältigt.
       
 (DIR) Kommentar Polizeieinsatz: In die Luft geschossen
       
       Aufgrund einer so diffusen „Gefährdungslage“ kann man auch nicht mehr tun
       als Polizeibeamte auf den Marktplatz zu stellen, um wenigstens ein
       Sicherheitsgefühl zu erzeugen.