# taz.de -- Information über Polens AKW-Pläne: Atomkraft voll im Griff
       
       > 200 Kilometer östlich von Berlin wird ein AKW gebaut. Das Risiko sei wohl
       > „akzeptierbar“, ist in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zu
       > lesen.
       
 (IMG) Bild: Von einem Stopp in Sachen Atomkraft hält Polens Regierung nichts - im Gegenteil
       
       Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt informiert derzeit
       über das polnische AKW-Programm. Im Besucherzentrum im Verwaltungsgebäude
       am Köllnischen Park stehen zwei Ordner – einer in polnischer, einer in
       deutscher Sprache. Darin heißt es, dass „das Risiko auf einem
       akzeptierbaren Niveau liegt, insbesondere unter Berücksichtigung der Pläne
       zum Einsatz der aktuell modernsten und sichersten kommerziell verfügbaren
       Technologien von Kernkraftwerken und dem Fehlen bedeutender externer
       Gefahren in den Gebieten der potentiellen Standorte“.
       
       Diese Aussagen stammen von der polnischen Regierung, sie werden in den
       öffentlich ausliegenden Unterlagen unkommentiert wiedergegeben. „Wir legen
       das aus, weil die Vorschriften das so vorschreiben“, sagt Bernd Leps,
       Leiter der Abteilung für Atomaufsicht der Senatsverwaltung für
       Stadtentwicklung und Umwelt. Die europaweite „Richtlinie über die Prüfung
       der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme“ schreibt die
       Beteiligung und Information der Öffentlichkeit über Ländergrenzen vor.
       
       Die polnische Auffassung ist dabei allerdings konträr zur Berliner: „Die
       Regierung des Landes Berlin und der überwiegende Teil seiner Bürgerinnen
       und Bürger lehnen die friedliche Nutzung der Kernenergie ab“, hatte der
       Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Jahr 2011 an die polnische
       Regierung geschrieben, als er noch Stadtentwicklungssenator war. Müller
       verwies auf das Gefahrenpotenzial von Atomkraftwerken, was die Katastrophe
       von Fukushima erneut verdeutlicht habe. Er bat die Regierung in Warschau,
       ihr Atomenergieprogramm zu überprüfen und forderte, „dass diese Überprüfung
       zum Verzicht auf einen Einstieg Polens in die Hochrisikotechnologie
       Kernenergie führt“.
       
       Polen ließ sich von seinem Weg aber nicht abhalten: Der erste Reaktor soll
       bis 2024 in der Nähe von Gdansk entstehen. Die ausliegenden Unterlagen
       strotzen vor Atom-Euphorie und erinnern damit an die Fünfziger- und
       Sechzigerjahre in der BRD. Atomkraft sei „eine sichere Technologie zur
       kostengünstigen Stromerzeugung“. Außerdem werde „eine sichere und
       vernünftige Entsorgung radioaktiver Abfälle“ angestrebt. Zwar ist ein
       Standort noch nicht gefunden, aber „Maßnahmen zur Bestimmung des Standortes
       für das neue Endlager von schwach- und mittelaktiven Abfällen wurden
       getätigt“. Das Dokument hebt auch hervor, dass der Atomstrom problemlos zu
       exportieren sei angesichts der „Nähe zu mitteleuropäischen Märkten der
       neuen EU-Mitgliedstaaten sowie zu den größten Märkten der Europäischen
       Union (insbesondere Deutschlands)“. Polen habe außerdem eine
       „funktionierende Atomaufsicht“, „politische Stabilität“, und ein
       „angepasstes Rechtssystem“. Unter der Rubrik „Schwächen“ führt die
       Regierung allerdings den „Mangel an ausreichender Anzahl qualifizierter
       Fachkräfte für den Kernkraftwerk-Betrieb“ aus.
       
       Einsicht in die Unterlagen: Bis 19. Januar montags bis samstags, 10 bis 18
       Uhr, Am Köllnischen Park 3 
       
       Korrektur: In einer ersten Version hieß es fälschlicherweise, das Gebäude
       liege am "Neuköllnischen Park".
       
       7 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Heiser
       
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