# taz.de -- Krise beim FC Barcelona: Dekadenz allerorten
       
       > Mehrere schwache Spiele des FC Barcelona verdeutlichen, wie weit der Klub
       > von seinen glanzvollen Zeiten entfernt ist. Eine Wende ist nicht in
       > Sicht.
       
 (IMG) Bild: Es wird eng: Lionel Messi (m) wird eingequetscht von Iñigo Martínez (l) und Esteban Granero, Profis von Real San Sebastián
       
       BARCELONA taz | Frohe, besinnliche Weihnachtszeit – nun ja. In Spanien
       werden die Geschenke erst Dienstag durch die Heiligen Drei Könige gebracht,
       aber beim FC Barcelona haben sie ihre Päckchen schon bekommen; kein
       Spielzeug und auch kein Zuckergebäck, nicht mal Socken oder ein Kalender
       vom Autohaus nebenan, nur schwere Gerätschaft: Shoppingverbot. Ligapleite.
       Krise an allen Fronten.
       
       Der endgültigen Bestätigung durch den Internationalen Sportgerichtshof Cas,
       dass wegen des Verstoßes gegen die Transfersperre für Minderjährige bis zum
       Januar 2016 keine neuen Spieler verpflichtet werden dürfen, folgte am
       Sonntagabend einer dieser Auftritte, nach denen Fans gern das tun würden,
       was jetzt nicht mehr geht: die ganze Mannschaft zum Umtausch an die Kasse
       tragen.
       
       0:1 unterlag Barça bei einer Real Sociedad aus San Sebastián, die unter
       ihrem neuen schottischen Trainer David Moyes kaum drei Pässe am Stück
       zustande bringt, aber nun mit dem Kuriosum aufwarten kann, von insgesamt
       vier Saisonsiegen drei gegen das Spitzentrio Real Madrid, Atlético und
       Barcelona geschafft zu haben – und zwar jeden mit einem anderen Trainer.
       
       ## Wechselnde Abwehrreihen
       
       Sinnbildlich für den achtlosen Auftritt musste Co-Trainer Juan Carlos Unzué
       dem brasilianischen Star Neymar vor dessen Einwechslung erst noch das
       Preisschild vom Trikot fummeln. Die größte Schelte fuhr sich jedoch sein
       Chef Luis Enrique ein, der nicht nur mal wieder seinem Fetisch frönte, in
       jedem Spiel eine andere Abwehrreihe aufzubieten, sondern neben Neymar auch
       Lionel Messi in der ersten Halbzeit auf der Bank ließ und danach gewohnt
       renitent die Selbstkritik verweigerte („Etwas zu bereuen, hat keinen
       Wert“).
       
       Vor einem halben Jahr als Erneuerer gestartet, beurteilt ihn die Mehrheit
       inzwischen wie der Herausgeber der klubnahen Gazette Sport: „Er hört nicht
       zu, lernt nicht und ist ein taktischer Tölpel.“
       
       Aufschlussreich ist aber vor allem die Vorgeschichte der Sturmrotation, die
       der Trainer auch selbst als Begründung anführte – er hatte den beiden Stars
       bis zum 2. Januar freigegeben, um zu Hause in Südamerika Silvester feiern
       zu können. Sonderurlaub für die wichtigsten Spieler bis anderthalb Tage vor
       dem Auftritt beim Angstgegner (ein Punkt aus den letzten fünf Gastspielen
       in San Sebastián), bei einer schwierigen Tabellensituation (nur dank Reals
       Niederlage in Valencia wurde nicht der Anschluss verloren) und einer seit
       Monaten kritischen Gesamtlage – das klingt nicht nach professionellem
       Sport. Es würde kaum verwundern, steckte da eher wieder irgendeine
       Vertragsklausel dahinter.
       
       ## Traumfußball – das war einmal
       
       Denn das ist ja vielleicht das Problematischste überhaupt für einen Klub,
       der noch vor ein paar Jahren mit seinem Traumfußball, seiner
       Nachwuchsschule und der Unicef auf der Brust die Welt zu verbessern schien,
       inzwischen aber für Katar wirbt und weiter vor Gericht steht, unter anderem
       wegen des Neymar-Transfers: Man hat gelernt, Mauscheleien zu vermuten.
       
       Die Zyklen im Fußball sind endlich, das ist bekannt. Irgendetwas geht
       verloren, und sei es einfach nur der Wille, besonders sein zu wollen. Barça
       scheint längst in diesem Stadium: eine Gruppe ohne Ziel, ohne Motivation,
       ohne Narrativ. 160 Millionen Euro Transferausgaben im Sommer haben daran
       nichts geändert. Durch das Cas-Urteil muss man es jetzt noch ein bisschen
       länger miteinander aushalten. Oder auch nicht – Messi jedenfalls soll
       verstärkt mit einem Wechsel zu Chelsea flirten.
       
       Die leitenden Angestellten dagegen klammern sich an ihre Posten: Luis
       Enrique natürlich; Sportdirektor und Chefeinkäufer Zubizarreta, der die
       Verantwortung für die Transfersperre elegant in Richtung Präsident Bartomeu
       weiterschob („Er kannte die ganze Lage am besten“); Bartomeu selbst, der
       nur durch den Rücktritt seines Vorgängers Rosell ins Amt rutschte, aber
       Neuwahlen verhindern will. Dekadenz allerorten, und allenfalls eine
       Hoffnung: Schlechter kann es kaum noch werden.
       
       6 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Haupt
       
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