# taz.de -- Neue Pläne für die Überseestadt: Was bleibt, ist die Abfertigung
       
       > Weil ein Zweiradhändler am Eingang zur Überseestadt eine Filiale eröffnen
       > will, müssen 16 Kreative der Zwischenzeitzentrale ihre Büros räumen.
       
 (IMG) Bild: Noch arbeiten Zwischennutzer wie Michael Ziehl (l.) und Daniel Schnier (r.) in der alten Zollabfertigung - ab 2016 müssen sie einer Glashalle und einem Café weichen.
       
       BREMEN taz | Lkw parken auf einer sandigen Fläche, zwischen den Steinen der
       gepflasterten Straße sprießt Gras. Der weite Platz vor dem früheren
       Zollabfertigungsgebäude zwischen Nord- und Hafenstraße am Eingang zur
       Überseestadt wirkt nicht besonders einladend. „Das Gelände hat eher einen
       Hinterhofcharakter“, sagt Wolfgang Golinski (SPD), Sprecher des Beirats
       Walle und Mitglied des Fachausschusses Hafenentwicklung. Das könnte sich
       aber bald ändern – zur Freude Golinskis und zum Leid der Bremer
       Zwischenzeitzentrale (ZZZ).
       
       Denn nun blickt das Areal einer Hochglanzzukunft entgegen. Geht alles
       glatt, lässt die Firma „Zweirad Stadler“, ein Motorroller- und
       Fahrradhändler aus dem bayrischen Regensburg, auf dem Grundstück bald eine
       200 Meter lange und 40 Meter breite Halle aus Gussglas errichten. Darin
       soll die bisherige Bremer Filiale des Unternehmens einziehen, der bisherige
       Standort in der Neustadt aufgegeben werden. 15 zusätzliche Arbeitsplätze
       soll der Umzug bringen. Wird das Vorhaben bewilligt, wollen die
       Wirtschaftsförderung Bremen (WfB) und Stadler im Frühjahr 2015 den
       Kaufvertrag unterzeichnen. Eröffnet wird dann ein Jahr später, im Frühling
       2016.
       
       Für Golinski und die anderen Mitglieder des Fachausschusses
       Hafenentwicklung ist das Projekt ein Anlass zur Freude. Das Vorhaben werte
       den Eingang zur Überseestadt deutlich auf. „Auch die Architektur fügt sich
       gut in die Umgebung ein“, sagt Golinski. Geplant wird der Neubau vom
       Architekten Jost Westphal, dessen Büro schon den Umbau des Schuppen 1
       konzipiert hat. „Um der Stadt einen Platz anzubieten, haben wir die
       Eingangsfront ein Stück zurückgesetzt. Damit das Gebäude aber nicht vom
       Vorplatz zurückfällt, zeigt das Vordach Präsenz“, erklärt Westphal seine
       Pläne.
       
       Auf Initiative des Investors wird auch das ovale, 1961 gebaute
       Zollabfertigungsgebäude erhalten, künftig sogar unter Denkmalschutz
       gestellt und zu einem Café umgebaut. Dafür aber müssen die bisherigen
       Nutzer ausziehen. Betroffen ist davon auch die Zwischenzeitzentrale (ZZZ),
       die als Agentur im Auftrag des Landes Bremen immer wieder
       Zwischennutzungsprojekte organisiert hat.
       
       Vor über sechs Jahren sind Oliver Hasemann und Daniel Schnier von der ZZZ
       in die Abfertigung eingezogen. Noch haben sie die Kündigung ihres
       Nutzungsvertrags nicht erhalten, der bevorstehende Abschied stimmt sie aber
       bereits traurig. „Wir haben uns von Anfang an klar darauf eingestellt, dass
       wir nur für begrenzte Zeit bleiben können“, sagt Hasemann. „Doch nach so
       langer Zeit konnten wir uns nur noch schwer vorstellen, wie es wird, wenn
       wir wieder ausziehen müssen.“
       
       Auch die anderen 14 Kreativen, unter ihnen Webseitengestalter, Grafiker und
       ein Textbüro, müssen sich nun bald nach neuen Arbeitsräumen umschauen. Den
       meisten sei es inzwischen möglich, auch ein Büro zu gewöhnlichen Preisen zu
       mieten, sagt Hasemann. „Nachdem wir uns erfolgreich etabliert haben, sind
       viele von uns hier nicht mehr auf die günstige Zwischennutzung angewiesen.“
       Damit sei eine der zentralen Ideen hinter der Zwischennutzung aufgegangen.
       
       Und auch eine andere Idee der Zwischennutzer in der Abfertigung hat
       funktioniert: Das 2006 vom Zoll aufgegebene Gebäude wurde erhalten, sein
       kultureller Wert erkannt. „So ein denkmalgeschützter Bau versprüht viel
       mehr Charme als eine schmucklose Verkaufshalle“, begründet
       Stadler-Mitarbeiter Lars Meisel die Entscheidung seines Unternehmens für
       die Abfertigung. Die Zwischennutzer haben auf die authentische Wirkung des
       Baus aufmerksam gemacht – nun wird sie kommerziell verwertet.
       
       Hasemann und Schnier wollen weiterhin Zwischennutzer bleiben und planen,
       mit ihrem Büro nach Hemelingen umzuziehen. In der Überseestadt sehen sie
       vorerst keine Chance, ein neues Projekt zu beginnen. Zu stark ist
       inzwischen der Druck von Investoren auf Brachen und Leerstände.
       
       9 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Clemens Haug
       
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