# taz.de -- Rubens‘ Kunst: Barocke Körper, großes Kino 
       
       > Von Rembrandt bis Picasso, von Watteau bis Kokoschka haben sich Maler an
       > Rubens‘ Vermächtnis bedient. In Brüssel wird es gerade gezeigt.
       
 (IMG) Bild: Peter-Paul-Rubens-Denkmal vor der Kathedrale in Antwerpen.
       
       Die Leute fragen immer: „Was war das eigentlich für ein Typ, dieser
       Rubens“, berichtet Nico Van Hout anlässlich der Eröffnung seiner großen
       Rubens-Ausstellung im Brüsseler Palais des Beaux-Arts, kurz Bozar. „Aber an
       der Persönlichkeit von Rubens bin ich nicht interessiert.“ Bei der von Van
       Hout kuratierten Schau geht es vielmehr um „Rubens und sein Vermächtnis“,
       also um die Einflüsse des berühmtesten flämischen Malers des Barocks auf
       die ihm nachfolgenden Künstlergenerationen. Und dieser Einfluss war groß,
       wie man jetzt in Brüssel sehen kann. Von Rembrandt bis Picasso, von Watteau
       bis Kokoschka haben sich die Maler bei Rubens bedient.
       
       Rubens’ „Tiger- und Löwenjagd“ etwa liefert „großes Kino“. Es ist ein Wogen
       menschlicher und tierischer Leiber, ein subtil durchkomponiertes Getümmel
       des Kampfes: ’Mensch gegen Bestie‘, ein Feuerwerk der Farben, ein Schwelgen
       in den taktilen Valeurs von Stoff, Haut, Fell und Harnischen. Rubens’
       „Liebesgarten“ hingegen ist eine galante Idylle, in der die Sinnlichkeit
       durch die mannigfachen Berührungen zwischen Frau, Mann und den sie
       drängenden Eroten erzeugt wird. Als Hintergrund der Szenerie hat Rubens bei
       diesem Bild auf seinen eigenen Garten zurückgegriffen. Den abgebildeten
       Pavillon gibt es noch heute: im Rubenshaus in Antwerpen.
       
       Nico Van Houts Ausstellung und die 50 Rubens-Werke im Königlichen
       Kunstmuseum von Brüssel, das nur ein paar Schritte vom Bozar entfernt
       liegt, geben aufschlussreiche Einblicke in das Werk von Rubens. Wer mehr
       vom Menschen hinter den Bildern erfahren will, der fahre allerdings weiter
       nach Antwerpen.
       
       Antwerpen ist die Rubens-Stadt. Hier ging er in die Lehre, und hierher
       kehrte er zurück, nachdem er sich von 1600 bis 1608 hauptsächlich in
       Italien aufgehalten hatte. Rubens begegnet dem Besucher auf dem Groenplaats
       leibhaftig. Die Bronzestatue mit Hut und Palette zu ihren Füßen steht hier
       seit 1843. Sie ist Ausdruck für den Stolz der Antwerpener auf ihren
       berühmten Maler und Mitbürger.
       
       Daraus erklärt sich vielleicht auch die erstaunliche Tatsache, dass man in
       Antwerpen noch immer einen Gutteil jener Lebenswelt wiederfindet, in der
       Rubens vor 400 Jahren gelebt hat. Am eindringlichsten natürlich in seinem
       Haus mit dem angebauten Ateliertrakt und dem großem Garten. Jetzt sieht es
       hier in etwa so aus wie in den Jahren nach 1618, nachdem Rubens mit seiner
       ersten Frau, Isabella, eingezogen war. Hier befindet sich Rubens’
       umfangreiche Kunstsammlung, darunter gekaufte Bilder, die er zum
       Zeitvertreib eigenhändig verbesserte.
       
       ## Rubensstadt Antwerpen
       
       Der Garten mit seinen geometrischen Beeten und dem Pavillon ist ein
       Schmuckstück, in dem die zu Rubens’ Zeiten exotische Kartoffel als
       Zierpflanze blühte, bevor sie von den Belgiern für die „Friten“ als
       Nationalgericht entdeckt wurden. Im Rubenshaus begegnet man dem Hausherrn
       als Mensch. Er verkörperte zu seiner Zeit das Idealbild eines Gentilhomme,
       eines Nobelmanns mit Bildung und Manieren.
       
       Im Museum Plantin-Moretus in Antwerpen zeigt sich die praktische Seite von
       Rubens’ humanistischer Bildung. In diesem ehemalige Druck- und Verlagshaus
       stehen noch heute die Druckpressen aus Rubens’ Zeit, mit denen jene Bücher
       über Seneca hergestellt wurden, die Rubens mit Titelkupfern versah. Jan
       Moretus, Schwiegersohn des Gründers Christophe Plantin, war ein Freund von
       Rubens. Ihre Zusammenarbeit bei Buchillustrationen währte drei Jahrzehnte.
       Kein Wunder also, dass sich in dem heute zum Unesco-Weltkulturerbe
       gehörigen Stadtpalais von Moretus etliche bei Rubens bestellte
       Porträtbilder finden.
       
       Bemerkenswert ist auch das Haus des langjährigen Bürgermeisters von
       Antwerpen, Nicolaas Rockox (1560–1640). Rockox war Förderer von Rubens und
       verschaffte ihm nicht nur manchen Auftrag. Rubens lernte in Rockox’ Haus
       auch seine Frau Isabella kennen. Rockox war Kunstsammler, und in seinem
       Haus findet sich daher eine seltene Fülle von Gemälden aus dem goldenen
       Zeitalter Flanderns mit ihrem Dreigestirn: Rubens, Anton van Dyck und Jacob
       Jordaens.
       
       Last but not least gibt es in der Liebfrauenkathedrale von Antwerpen
       Rubens-Werke, darunter jene zwei großen Altäre zur „Kreuzaufrichtung“ und
       „Kreuzabnahme“, die zu den großartigsten Bildern des Barockmeisters
       überhaupt gehören.
       
       1 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ronald Berg
       
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