# taz.de -- Krisengespräche zur Ukraine: Kein Durchbruch erkennbar
       
       > Die Krisengespräche mit Russlands Präsident Putin bringen nicht den
       > erhofften Erfolg. Poroschenko unterschreibt das Gesetz für einen
       > Sonderstatus des Donbass.
       
 (IMG) Bild: Gesprächsrunde in Mailand: Putin, Hollande, Poroschenko und Merkel (v. l. im Uhrzeigersinn).
       
       MAILAND/KIEW/DONEZK ap/dpa | Bei den Krisengesprächen über ein Ende der
       Konflikts in der Ostukraine hat sich zunächst keine substanzielle
       Annäherung zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinen
       europäischen Verhandlungspartnern abgezeichnet. Bundeskanzlerin Angela
       Merkel sagte am Freitag, sie könne bisher keinerlei Durchbruch erkennen.
       
       Die Staats- und Regierungschefs mehrerer europäischer Staaten zeigten sich
       nach einem Treffen am Morgen in Mailand zunächst verhalten optimistisch.
       Man sei sich darüber einig, dass die brüchige Waffenruhe in der Region
       überwacht, Regionalwahlen abgehalten und die Grenzen besser kontrolliert
       werden sollten, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.
       
       Die konkrete Umsetzung dieser breit gefassten Übereinkünfte hakt
       allerdings. Bei einigen dieser Detailfragen sei man sich zwar näher
       gekommen, es sei aber entscheidend, dass die territoriale Integrität der
       Ukraine auch tatsächlich gewahrt werde und dass die Regionalwahlen nach
       ukrainischem Recht abgehalten würden, sagte Merkel.
       
       Am Freitag kam Merkel mit Putin und den Präsidenten Frankreichs und der
       Ukraine, François Hollande und Petro Poroschenko, noch in kleinerer Runde
       zusammen. Bei dem Gespräch ging es auch um die Sorgen der EU, dass Russland
       in einem Zahlungsstreit mit der Ukraine den Europäern im Winter ebenfalls
       den Gashahn abdrehen könnte.
       
       Zum Auftakt des Gesprächsmarathon am Rande des Asien-Europa-Gipfels ASEM
       hatte Merkel am Donnerstagabend zunächst Poroschenko und in der Nacht
       schließlich auch Putin getroffen. Am Freitagmorgen waren dann bei einer
       erweiterten Runde auch der britische Premier David Cameron und der
       italienische Regierungschef Matteo Renzi dabei.
       
       Renzi sagte, er sei mit einem „positiven“ Gefühl aus dem fast zweistündigen
       Gespräch gegangen. „Wir können eine instabile Ukraine nicht akzeptieren,
       deshalb werden wir alles in unserer Macht Stehende tun, um der Ukraine
       wieder Hoffnung zu geben“, sagte Renzi.
       
       Auch Cameron sprach von einem Fortschritt, betonte aber, dass Russland
       Soldaten und schwere Waffen aus der Ukraine abziehen müsse. „Wladimir Putin
       sagte ganz klar, dass er keinen eingefrorenen Konflikt will, er will keine
       geteilte Ukraine. Wenn das der Fall ist, muss Russland aktiv alles in die
       Tat umsetzen, was vereinbart wurde.“
       
       Putin-Sprecher Dmitri Peskow bezeichnete die Verhandlungen als schwierig,
       aber konstruktiv. Er schloss auch ein Vier-Augen-Gespräch zwischen Putin
       und Poroschenko nicht aus. Die beiden schüttelten sich wie schon bei ihrem
       letzten Treffen in Minsk im September die Hand.
       
       Die Europäer fordern, dass Russland seinen Einfluss auf die prorussischen
       Kämpfer in der Ostukraine geltend macht, damit die im September vereinbarte
       Waffenruhe auch tatsächlich hält.
       
       ## Separatisten halten Sonderstatus der Ostukraine für „Bluff“
       
       Gut eine Woche vor der Parlamentswahl in der Ukraine hat Präsident Petro
       Poroschenko das umstrittene Gesetz für einen Sonderstatus der Unruheregion
       Donbass unterschrieben. Damit soll die Selbstverwaltung der
       Separatistenhochburgen Donezk und Lugansk für zunächst drei Jahre gestärkt
       werden. Die Aufständischen reagierten mit entschiedener Ablehnung. „Dies
       ist ein Bluff und eine PR-Aktion Kiews speziell für das Treffen zwischen
       Wladimir Putin und Angela Merkel“, kritisierte Separatistenführer Andrej
       Purgin am Freitag.
       
       In Kiew herrscht indes Skepsis, ob das Gesetz wirklich umgesetzt wird.
       Innenminister Arsen Awakow bezeichnete es als reine „Absichtserklärung“.
       Politischen Hardlinern in Kiew geht der Sonderstatus zu weit. Sie fürchten
       den Verlust von Staatsgebiet und fordern die Rücknahme des Gesetzes.
       
       Das Gesetz sieht auch regionale Wahlen am 7. Dezember vor, die die
       Aufständischen in der Ostukraine ablehnen. Sie wollen ihre Unabhängigkeit
       und planen in den von ihnen kontrollierten Gebieten selbst Wahlen am 2.
       November.
       
       Auch die ukrainische Parlamentswahl am 26. Oktober lehnen die moskautreuen
       Separatisten ab. Die Wahlkommission in Kiew bestätigte, dass der Urnengang
       in mehreren Wahlkreisen der abtrünnigen Gebiete Donezk und Lugansk nicht
       stattfinde werde.
       
       Regierungstruppen und Aufständische lieferten sich im Konfliktgebiet
       Donbass Gefechte. Mindestens drei Soldaten wurden dabei getötet, teilte der
       Sicherheitsrat in Kiew mit. Bei einer Explosion an einer Eisenbahntrasse im
       Gebiet Charkow wurden Schienen beschädigt.
       
       In der Stadt Saporoschje trafen acht Lastwagen mit deutschen Hilfsgütern
       ein, teilte der ukrainische Zivilschutz mit. Sie hatten Medikamente,
       Kleidung und Baumaterial geladen.
       
       ## Drei Soldaten in der Ostukraine getötet, elf weitere vermisst
       
       Die Armee der Ukraine hat im Osten des Landes mehr als ein Dutzend ihrer
       Soldaten als getötet oder vermisst gemeldet. Binnen 24 Stunden seien
       mindestens drei Soldaten getötet worden, elf weitere würden vermisst, sagte
       Armeesprecher Andrej Lyssenko. Demnach starben die drei Soldaten bei
       verschiedenen Gefechten mit prorussischen Rebellen, etwa nahe dem von der
       Armee gehaltenen Flughafen der Rebellenhochburg Donezk.
       
       Das Schicksal von elf Soldaten einer ukrainischen Spezialeinheit sei
       unklar, nachdem diese beim Dorf Smile westlich der zweiten Rebellenhochburg
       Lugansk in einen Hinterhalt geraten seien, sagte Lyssenko. Am Schauplatz
       der Kämpfe seien mehrere ausgebrannte Panzerfahrzeuge der Armee entdeckt
       worden.
       
       Am Mittwoch hatte der Kiew-treue Gouverneur Gennedi Moskal über schwere
       Gefechte bei Lugansk berichtet. Dort soll eine Kosaken-Miliz namens
       „Donskoi-Armee“ aktiv sein, die sich nicht an die Anfang September
       vereinbarte Waffenruhe gebunden fühlt.
       
       In einem Vorort der weiter südlich gelegenen Stadt Mariupol wurden am
       Donnerstag sieben Menschen getötet, als Granatgeschosse nahe einer
       Trauerprozession einschlugen. Die Rebellen würden Kämpfer nach Schirokine
       verschieben, zehn Kilometer östlich von Mariupol, sagte Lyssenko. Diese
       Kämpfer seien „direkt aus Russland“ gekommen. Kiew wirft Moskau vor, die
       Rebellen in der Region mit der Entsendung eigener Soldaten zu unterstützen,
       was der Kreml regelmäßig dementiert.
       
       Trotz der am 5. September vereinbarten Waffenruhe zwischen Kiew und den
       Separatisten in der Ostukraine gibt es täglich Gefechte in der Region. Kiew
       wirft Russland vor, den Kampf der Rebellen zu unterstützen.
       
       17 Oct 2014
       
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