# taz.de -- Die Wahrheit: Ein Erdmännchen zum Trost
       
       > Ein Kunde ist unzufrieden? Kein Problem! Es gibt ja Entschädigungen. Das
       > britische Institut YouGov hat die merkwürdigsten Offerten gesammelt.
       
 (IMG) Bild: Auf dem Weg zur Unabhängigkeit lassen sich die Schotten auch von plumpen Briefeschreibern nicht aufhalten.
       
       Kauft irische Produkte, um die einheimische Wirtschaft zu stärken, heißt es
       im Werbefernsehen regelmäßig. Ich folgte der Aufforderung vor einigen
       Jahren und kaufte zwei Tuben Zahnpasta der Marke Fiacla. Das ist das
       irische Wort für „Zähne“. Sie hätten das Produkt „Muinchille“ nennen
       sollen, irisch für „Ärmel“. Als ich auf die Tube drückte, platzte sie
       hinten auf, und die Paste landete nicht wie geplant auf der Zahnbürste,
       sondern auf dem Ärmel.
       
       Bei der zweiten Tube passierte das Gleiche. Ich schickte beide Tuben an den
       Hersteller und erhielt zwei neue Tuben. Diesmal krempelte ich mir vor dem
       patriotischen Zähneputzen vorsichtshalber den Ärmel hoch, und das war eine
       kluge Entscheidung. Die beiden aufgeplatzten Tuben gingen ebenfalls zurück
       an den Hersteller, und ich erhielt erneut zwei neue.
       
       Dabei hatte ich noch Glück. Andere Firmen entschädigen Kunden mit allerlei
       bizarren Dingen. Ein Unternehmen bot einem verblüfften Kunden einen
       Jahresvorrat an Früchtekuchen an. Ein anderer erhielt attraktive Gutscheine
       für interessante Läden. Die waren allerdings in den USA, und ein Flugticket
       lag nicht bei. Der Kunde, der sich in einem Restaurant eine
       Lebensmittelvergiftung zugezogen hatte, war wohl wenig begeistert über den
       Essensgutschein für dasselbe Lokal.
       
       Das britische Institut YouGov hat in einer Umfrage die merkwürdigsten
       Entschädigungsofferten gesammelt. So erhielt ein Mann, dessen
       maßgeschneiderter Anzug in der Post verloren gegangen war, von der Royal
       Mail ein Briefmarkenheftchen mit zwölf Marken. Ein wütender Autofahrer,
       dessen Kfz-Reparatur von einem Mechaniker verpfuscht worden war, was die
       Kosten um hundert Pfund erhöhte, bekam zum Trost eine Tafel Schokolade. Ein
       anderer erhielt eine Flasche abgelaufenen Orangensaft. Einem Kunden, der
       drohte, den Mobilfunkanbieter zu wechseln, wurde ein einmaliger
       Loyalitätsbonus von 60 Pence in Aussicht gestellt.
       
       Der Gipfel war jedoch das Angebot an einen unzufriedenen Kunden, er dürfe
       kostenlos ein Erdmännchen adoptieren. Diese kleinen Säugetiere leben im
       südlichen Afrika, essen Insekten und gehören nicht zu den bedrohten Arten.
       Warum also eins adoptieren? Oder handelte es sich um Timon aus dem
       Disney-Film „Der König der Löwen“?
       
       Nicht immer wird jedoch eine Entschädigung angeboten, manchmal gibt es nur
       eine Erklärung, warum etwas schief gelaufen ist. Ein Kurierdienst erklärte
       einem Kunden, der vergeblich auf seinen Reisepass gewartet hatte, dass der
       Hund der Freundin des Kurierfahrers plötzlich verstorben sei und er sie
       trösten musste. Und eine Fluggesellschaft erklärte einem Ehepaar, dessen
       Koffer verschwunden waren, dass es keine Entschädigung gebe: „Wissen Sie
       nicht, dass wir mitten in einer Rezession stecken?“
       
       Diese Erfahrung musste wohl auch Fiacla machen. Ich hatte vier Mal jeweils
       zwei Tuben Zahnpasta erhalten, die allesamt bei leichtem Druck aufplatzten.
       Dann stellte die Firma die Produktion ein. Ich hoffe nicht, dass es an mir
       lag.
       
       8 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Verbraucher
       
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