# taz.de -- Machtkampf in China: Ein hohes Tier kann tief fallen
       
       > Die Parteiführung bestätigt ein „Disziplinarverfahren“ gegen den früheren
       > Polizei- und Geheimdienstchef. Ein weiterer Widersacher von Präsident Xi
       > wird ausgeschaltet.
       
 (IMG) Bild: Au Backe: Gegen Zhou Yongkang läuft ein Disziplinarverfahren.
       
       PEKING taz | Es dauerte nur wenige Minuten. Kurz nachdem Chinas amtliche
       Nachrichtenagentur Xinhua in einer kurzen Notiz bekannt gegeben hatte, dass
       die Führung der Kommunistischen Partei gegen den ehemaligen Sicherheitschef
       Zhou Yongkang ein Disziplinarverfahren eröffnet hatte, gab es bei dem
       Kurznachrichtendienst Weibo, Chinas Gegenstück zu Twitter, bereits über
       13.000 Einträge dazu.
       
       „Endlich geht es ans Eingemachte“, freute sich ein Nutzer. Ein weiterer
       schrieb: „Hoffentlich räumen sie mit der ganzen Führung auf.“
       
       Normalerweise werden solche Äußerungen in Chinas sozialen Medien als
       staatsfeindlich gewertet und sofort gelöscht. Doch angesichts der Masse an
       Kommentaren kamen die Behörden mit der Zensur nicht hinterher. Auch Stunden
       später waren diese Einträge noch abrufbar.
       
       Die chinesische Führung bestätigte am frühen Dienstagabend offiziell, dass
       sie gegen ein früheres Mitglied des höchsten politischen Führungszirkels
       des Landes ermittelt. Es sei eine Untersuchung gegen Zhou Yongkang im Gang,
       teilte die Disziplinarkommission der KP mit. Es ginge um „schwerwiegende
       Disziplinarvergehen“. Üblicherweise sind in der Volksrepublik damit
       Korruptionsvorwürfe gemeint.
       
       ## Größer als das Militär
       
       Zhou war lange Zeit für die staatlichen Erdölunternehmen zuständig. Bis
       2012 war er oberster Sicherheitschef und Mitglied des Ständigen Ausschusses
       des Politbüros, dem mächtigsten Gremium der Kommunistischen Partei und
       damit der Volksrepublik insgesamt. In dieser Zeit schaffte er es, Chinas
       Polizei und Geheimdienst zu einem größeren Apparat auszubauen als das
       Militär. Auf Zhou geht auch das harte Urteil gegen Friedensnobelpreisträger
       Liu Xiaobo zurück.
       
       Die offizielle Eröffnung eines innerparteilichen Disziplinierungsverfahrens
       kommt im chinesischen System einer Verurteilung gleich. Es ist das erste
       Mal seit mehr als 30 Jahren, dass ein so ranghoher Funktionär in aller
       Öffentlichkeit so belangt wird.
       
       Staatspräsident Xi hatte gleich nach Amtsantritt 2012 die
       Korruptionsbekämpfung zur Chefsache erklärt und betont, dass er „weder vor
       Fliegen noch vor Tigern“ Halt machen werde. Was er damit meinte: Anders als
       seine Vorgänger werde er auch vor höchsten Funktionären nicht
       zurückschrecken, sollten sie sich einer Straftat schuldig machen.
       
       Doch mit dem besonders bissigen Tiger Zhou tat er sich bisher
       offensichtlich schwer. Zwar gibt es bereits seit einem Jahr Hinweise über
       Ermittlungen gegen Zhou. Im August 2013 kam erstmals das Gerücht auf, dass
       die gerade ins Amt beförderte Führung um Xi Jinping gegen den einstigen
       Hardliner vorgehe. Anfang dieses Jahres berichteten Hongkonger Zeitungen
       davon, dass Zhou seit Dezember inhaftiert sei, ebenso sein Sohn. Doch
       offiziell gab die chinesische Führung nichts bekannt.
       
       Warum sich die Parteispitze damit so schwergetan hat, lässt sie auch
       weiterhin offen. Es verdichten sich aber die Hinweise, dass sie es nicht
       nur auf Zhou, sondern auf eine ganze Strömung innerhalb des Machtapparats
       abgesehen hat. Mehr als ein Dutzend ehemalige Mitarbeiter und Vertraute von
       Zhou wurden in Laufe der vergangenen Monate festgenommen. Sie waren
       allesamt dem 2012 in Ungnade gefallenen Spitzenpolitiker Bo Xilai zugetan.
       Bo war bis zu seinem Sturz der größte und erfolgversprechendste Widersacher
       des jetzigen Präsidenten gewesen.
       
       29 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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