# taz.de -- Champions-League-Finale der Frauen: Gas geben für die Datenbank
       
       > Der VfL Wolfsburg will den Europapokal verteidigen – und langfristig so
       > gute Nachwuchsarbeit leisten wie die Konkurrenz aus Potsdam und
       > Frankfurt.
       
 (IMG) Bild: Kam als erste Nationalspielerin nach Wolfsburg: Martina Müller (rechts).
       
       WOLFSBURG taz | Etliche Mädchen sind an diesem Sonntagmorgen von weit her
       nach Wolfsburg angereist. In aller Frühe sind sie in Osnabrück, Hameln,
       Halle und Magdeburg mit ihren Eltern losgefahren, um sich auf einem
       Rasenplatz am Elsterweg, direkt neben der Heimstätte des
       Frauen-Fußball-Bundesligisten, vor den strengen Blicken des Trainerteams
       vom VfL Wolfsburg zu beweisen.
       
       „Letztes Jahr hatten wir sogar ein Mädchen aus Slowenien hier“, wird Daniel
       Nister später nicht ohne Stolz berichten. Schließlich zählte der VfL
       Wolfsburg bislang nicht zu den besten Ausbildungs-Adressen. Seit dieser
       Saison ist Nister der Nachwuchskoordinator vom VfL Wolfsburg und nebenbei
       auch noch der Assistenztrainer des Erstligateams, das am Donnerstag in
       Lissabon (20.30 Uhr. Eurosport) seinen Champions-League-Titel gegen den
       schwedischen Klub Tyresö FF verteidigen will.
       
       An vergangenen Sonntag, vier Tage vor dem großen Finale, geht es um die
       fernere Zukunft des Vereins. Nister soll mit dafür sorgen, dass der
       Werksverein künftig nicht nur dank der Finanz- und Arbeitsvermittlungskraft
       seines Hauptsponsors in der europäischen Spitze mitmischt. Mit etwas
       Verspätung sollen die Spitzenerfolge der Spitzenkräfte des ersten Teams
       durch eine eigene Basis unterfüttert werden. Und zu der könnten ein paar
       der 62 verschwitzten Mädchen im Alter von 7 bis 16 Jahren gehören, die der
       Verein schon einmal mit seinen Champions-League-Leibchen eingekleidet hat.
       
       Nach ihrer zweistündigen Fußballprüfung hängen sie – ebenso wie ihre Eltern
       – erwartungsvoll an den Lippen von Nister. Die Spannung ist mit Händen zu
       greifen. Nister jedoch erklärt, dass die Entscheidung, wer künftig beim VfL
       trainieren darf, erst in ein paar Tagen per Mail mitgeteilt wird. Und er
       ergänzt vorbeugend: „Auch wenn ihr in eine Absage erhaltet, gebt weiter
       Gas, wir haben euch alle in unserer Datenbank erfasst.“
       
       ## Es klingt klinsmannesk
       
       Gas geben und Datenbank – das hört sich recht klinsmannesk an. Und in der
       Tat scheint man beim VfL Wolfsburg mit der Wahl des erst 30-jährigen
       diplomierten Sportwissenschaftler Nister bewusst einen eigenen Weg
       einschlagen zu wollen. Mit Frauenfußball hatte Nister zuvor als
       „Aushilfsteammanager“ und Videoanalyst für das U17-DFB-Team zu tun. In
       Wolfsburg traut man ihm zu, etwas Eigenes aufzubauen. Angesprochen auf die
       möglichen Vorbilder Potsdam und Frankfurt, die erfolgreiche Nachwuchsarbeit
       betreiben, sagt Nister lediglich: „Der 1. FFC Frankfurt profitiert von
       seinem nahen Ballungsgebiet. Wir müssen hier anders arbeiten.“
       
       Er zählt auf, was beim VfL alles in Gang gesetzt worden ist. Er berichtet
       etwa von den Shuttle-Bussen, welche die Talente aus dem Großraum Hannover
       dreimal die Woche zum Training an den Elsterweg bringen. Begabte, die von
       noch weiter herkommen, können in Wolfsburg in einer Doppelhaushälfte
       untergebracht werden. Acht Wohnplätze kann der Verein vergeben. „Das ist
       kein Internat“, erklärt Nister. „Die Spielerinnen müssen sich in einer
       Wohngemeinschaft um vieles selbst kümmern. Das ist aus unserer Sicht
       wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung.“
       
       In Kürze wird zudem eine überregionale Kooperation in der Nachwuchsarbeit
       öffentlich gemacht werden. Der VfL streckt seine Fühler weit aus. Nach dem
       Champions-League-Gewinn im letzten Jahr hat man das Personal im
       Nachwuchsbereich deutlich aufgestockt. Statt einer Vollzeitkraft werden
       sich künftig vier Angestellte um die eigene Jugend kümmern. Auf
       Wissenstransfers will der Verein aber trotz der Suche nach einem
       eigenständigen Weg nicht verzichten. Vom 1. FFC Frankfurt hat man jüngst
       den Jugendkoordinator Sascha Glass abgeworben. Er wird ab Sommer für den
       VfL arbeiten.
       
       ## Wolfsburgs erste Nationalspielerin
       
       „Es ist hier jetzt definitiv ein ganz anderer Zug in der Nachwuchsarbeit.
       Zuletzt haben wir da ja noch in den Kinderschuhen gesteckt“, sagt Martina
       Müller, die in der nächsten Saison ihre zehnte Saison beim VfL bestreiten
       wird. Die Stürmerin ist die Einzige, die mit der steilen Entwicklung der
       Mannschaft immer Schritt halten konnte. Das liegt daran, dass sie die erste
       deutsche Nationalspielerin war, die in die niedersächsische Kleinstadt
       wechselte. Ihrem Beispiel folgten viele.
       
       An Vorbildern für den VfL-Nachwuchs fehlt es allerdings. Bislang hat keine
       Spielerin aus der eigenen Jugend den Durchbruch geschafft. Für den
       Werksverein, der gern mit dem familiären Charakter des Frauenfußballs
       Imagepunkte einheimsen möchte, ein Manko. „Wir sind am Anfang der
       Entwicklung“, sagt Nister. Er verweist auf das U23-Team, das sich als
       Neuling in der Zweiten Liga gut bewährt hat. Die B-Juniorinnen wiederum
       hätten in ihrer zweiten Bundesligasaison hart um den Klassenerhalt kämpfen
       müssen. Am Sonntag verloren sie gegen den SV Meppen 1:2.
       
       Martina Müller hat ein wenig zugeschaut. Sie bilanzierte wohlwollend: „Im
       Vergleich zum letzten Jahr haben sie sich weiterentwickelt.“ Auch einigen
       Spielerinnen, die vom U23-Team zuweilen beim ersten Team mittrainieren,
       traut sie den Sprung nach ganz oben zu. Und für die Zukunft ist vorgesorgt.
       Die Datenbank wächst und wächst.
       
       22 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Frauenfußball
 (DIR) Nachwuchsarbeit
 (DIR) Champions League
 (DIR) VfL Wolfsburg
 (DIR) VfL Wolfsburg
 (DIR) Fußball
 (DIR) Frauen-Bundesliga
 (DIR) Frauenfußball
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) DFB-Pokal
 (DIR) Frauenfußball
 (DIR) Silvia Neid
 (DIR) Fußball
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Frauenfußball-Bundesliga: Wolfsburg holt den Titel
       
       Erst die Champions League, jetzt die Meisterschaft: Der VfL Wolfsburg
       bezwingt den FFC Frankfurt mit 2:1. Der entscheidende Treffer fiel erst in
       der 89. Minute.
       
 (DIR) Finale Frauen-Fußballbundesliga: Einträchtige Rivalen
       
       Am letzten Spieltag wird die Meisterschaft im Duell zwischen Wolfsburg und
       Frankfurt entschieden. Ein Zweikampf mit großer Zukunft.
       
 (DIR) Torhüterin über Frust und Respekt: „Die Mädels sind häufig überfordert“
       
       Als Torhüterin des VfL Sindelfingen hat Simone Holder schon 110
       Gegentreffer kassiert. Das Leistungsgefälle in der Bundesliga sei zu groß,
       meint sie.
       
 (DIR) Champions-League-Finale: Spektakel mit sieben Toren
       
       Die Außenseiterinnen vom schwedischen Pleiteklub Tyresö FF führten schon
       mit 2:0 und 3:2. Doch selbst das reichte gegen den VfL Wolfsburg am Ende
       nicht.
       
 (DIR) Rassismus im Frauenfußball: Stinkefinger und Hütchenwurf
       
       Die Fußballerin Genoveva Anonma hat mit eindeutiger Geste auf eine
       angeblich rassistische Beleidigung reagiert. Über den Vorfall wird heftig
       gestritten.
       
 (DIR) DFB-Pokalfinale der Frauen: „Wir können die Leute nicht zwingen“
       
       Noch findet das Endspiel um den DFB-Pokal der Frauen in Köln statt. Zur
       festen Größe im Sportkalender ist das Finale der Fußballerinnen nicht
       geworden.
       
 (DIR) Frauenfußball in Schweden: Tyresö auf Talfahrt
       
       Die einstmals beste Liga der Welt kämpt gegen Zuschauerschwund und
       Finanzlöcher. Besonders betroffen ist der der Klub der Weltfußballerin
       Marta.
       
 (DIR) WM-Qualifikation im Frauenfußball: Bedenkliche Ergebnisse
       
       Die deutsche Auswahl fegt in der WM-Qualifikation sämtliche Gegner vom
       Platz. Diese Dominanz wird so langsam zum Problem.
       
 (DIR) Kommentar Frauenfußball: Lästige Sehgewohnheiten
       
       Europas Frauenfußball bewegt sich auf hohem Niveau. Zwar bleibt er
       langsamer als der Männerfußball – aber wer sich darauf einlässt, kann viel
       entdecken.