# taz.de -- Strafen für sexuelle Gewalt: Nein heißt nein - nur nicht hier
       
       > Das Strafrecht bei Vergewaltigung soll verschärft werden – um
       > internationalen Vorgaben zu genügen. So will es das Deutsche Institut für
       > Menschenrechte.
       
 (IMG) Bild: Nur acht Prozent aller Vergewaltigungsprozesse führen zu einer Verurteilung. Die meisten Verfahren werden eingestellt.
       
       BERLIN taz | Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes bekommt
       juristische Unterstützung für ihre Forderung, den Vergewaltigungsparagrafen
       im Strafgesetzbuch zu verschärfen. Am heutigen Dienstag stellt das Deutsche
       Institut für Menschenrechte in Berlin ein Positionspapier vor, das der taz
       vorliegt. Darin wird argumentiert, dass die deutsche Rechtslage der
       internationalen Entwicklung hinterherhinkt und dringend angepasst werden
       sollte.
       
       Konkret geht es darum, dass eine Vergewaltigung nach Paragraf 177
       Strafgesetzbuch bisher nur vorliegt, wenn der Täter Gewalt ausübt oder
       androht – oder das Opfer sich in einer „schutzlosen Lage“ befindet, in der
       ihm ebenfalls Gewalt droht und keinerlei Hilfe erreichbar ist.
       
       „Ein bloßes ’Nein‘ der Betroffenen reicht nicht aus, damit ein Täter wegen
       Vergewaltigung verurteilt wird“, kritisieren deshalb etwa die Aktivistinnen
       von Terre des Femmes. Sie haben eine Unterschriftenaktion zur Änderung des
       Paragrafen durchgeführt und wollen die Listen am Mittwoch dem
       Justizministerium übergeben.
       
       Dass Betroffene die sexuellen Handlungen aus Angst über sich ergehen
       lassen, deckt der Paragraf also nur dann ab, wenn konkrete Gewalt droht.
       Wenn aber jemand nicht laut schreit, weil dann die Kinder nebenan
       aufwachen, wenn eine Person sich nicht wehrt, weil sie Angst vor einer
       Abschiebung hat, oder wenn ein Pflegekind Angst davor hat, ins Heim zu
       kommen – all diese Fälle sind nicht berücksichtigt.
       
       ## Bisher keine Änderung vorgesehen
       
       Das Deutsche Institut für Menschenrechte betont, dass ein neues
       Europarats-Abkommen gegen Gewalt gegen Frauen, die „Istanbul-Konvention“,
       eine entsprechende Strafverschärfung vorsieht: „Artikel 36 des
       Übereinkommens verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, alle
       nicht-einverständlichen Sexualakte unter Strafe zu stellen.“ Deutschland
       hat die Konvention unterzeichnet, aber noch nicht in Kraft gesetzt.
       Spätestens aber mit einer Ratifikation, so das Institut, müsse der
       Gesetzgeber „klare gesetzliche Vorgaben schaffen“.
       
       Zudem schlussfolgert ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für
       Menschenrechte von 2003 („M.C. gegen Bulgarien“), dass die Europäische
       Menschenrechtskonvention „die Kriminalisierung und wirksame Strafverfolgung
       aller nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen“ verlangt. Das Institut
       führt die geringe Zahl der Verurteilungen wegen Vergewaltigung (nur 8
       Prozent der Anzeigen führen zu einer Verurteilung) auf die mangelhafte
       Rechtslage zurück.
       
       Das Justizministerium teilte mit, dass eine Änderung des Paragraf 177
       bisher nicht vorgesehen sei – obwohl im Koalitionsvertrag steht, dass
       Schutzlücken im Sexualstrafrecht geschlossen werden sollen.
       
       6 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heide Oestreich
       
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