# taz.de -- Fehmarnbelt-Verkehr: Pyrrhus-Sieg am Badestrand
       
       > Die Bahnstrecke zwischen Fehmarn und Lübeck soll ins Binnenland verlegt
       > werden. Das verschont die Ostseebäder von Lärm - und erschwert die
       > Anreise.
       
 (IMG) Bild: Müssen wohl bald vom Bummelzug aufs Auto umsteigen: Ostsee-Touristen am Timmendorfer Strand.
       
       HAMBURG taz | Die Fernbahnstrecke zwischen Lübeck und der Insel Fehmarn
       soll von der Ostseeküste weg ins Binnenland verlagert werden. Das ist nach
       Informationen der taz.nord das wichtigste Ergebnis des
       Raumordnungsverfahrens für die Hinterlandanbindung zur geplanten
       Fehmarnbelt-Querung. Das schleswig-holsteinische Kabinett aus SPD, Grünen
       und SSW wird die Drucksache am Dienstag beschließen, am Nachmittag wird
       Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) dann die Einzelheiten bekanntgeben.
       
       Viele Kritiker des Projekts halten das für einen „Pyrrhus-Sieg“ der
       Ostseebäder. Die Badeorte an der Lübecker Bucht bekämpfen seit Jahren die
       Planung, die gut 80 Kilometer lange bestehende eingleisige Strecke zwischen
       Lübeck und Fehmarn zweigleisig auszubauen und zu elektrifizieren. Nach den
       Verkehrsprognosen sollen dann täglich 78 Güterzüge von mehr als 800 Metern
       Länge mit 160 Stundenkilometer durch die Seebäder rauschen – das hieße alle
       18,5 Minuten ein Güterzug. Dazu kämen jeden Tag 22 IC und ICE zwischen
       Hamburg und Kopenhagen und andersherum sowie 38 Nahverkehrszüge. Insgesamt
       führen dann Tag und Nacht fast sechs Züge pro Stunde auf der ausgebauten
       Strecke und das wäre „das Ende des Tourismus an der Lübecker Bucht“, heißt
       es übereinstimmend aus den Verwaltungen und Initiativen der betroffenen
       Gemeinden.
       
       Auf ihren Druck hin sagte Rüdiger Grube, Vorstandschef der Deutschen Bahn,
       bei einer öffentlichen Veranstaltung im Ostseebad Timmendorfer Strand im
       Juni vorigen Jahres zu, im Raumordnungsverfahren auch eine sogenannte
       2+1-Trasse prüfen zu lassen. Denn aus Stuttgart 21 habe die Bahn gelernt,
       sagte Grube damals, „dass wir uns nicht nur von Kosten und Zeitplan leiten
       lassen dürfen.“ Eine Lösung bringe nichts, wenn sie nicht breit akzeptiert
       werde. Deshalb solle neben dem Ausbau der bestehenden Strecke auch der –
       vermutlich teurere – Neubau einer Trasse mit zwei Gleisen für den Güter-
       und Fernverkehr zwischen Skandinavien und Hamburg entlang der Autobahn A 1
       untersucht werden, versicherte der Bahnchef.
       
       Das jetzt vorliegende Ergebnis dieser Untersuchung sieht nach
       taz.nord-Informationen so aus: Aus der 2+1-Alternative wird aller
       Voraussicht nach eine 2+0-Lösung. Die neue zweigleisige Trasse werde
       gebaut, die bestehende eingleisige Strecke aber eingestellt. „Die
       Aufrechterhaltung des Nahverkehrsangebotes auf dieser Strecke ist nicht
       gesichert“, heißt es in den Planungsunterlagen. Dies habe „deutlich
       negative Auswirkungen auf die Sachgebiete Tourismus, Wirtschaft, ÖPNV,
       Straßenverkehr, Radverkehr, Bildung“ – es sei denn, es fände sich ein
       anderer Betreiber für die Bimmelbahn durch die Badeorte.
       
       Schon jetzt betreiben die Deutsche-Bahn-Konkurrenten Nordbahn und
       Nord-Ostsee-Bahn je zwei Regionalstrecken in Schleswig-Holstein. Darunter
       ist auch die lukrative Verbindung zwischen Hamburg und Westerland. Es ist
       nicht auszuschließen, dass sich auch für eine Verbindung zwischen Lübeck
       und Fehmarn ein Betreiber finden ließe. „Wenn nicht, können wir ja eine
       Draisinen-Strecke für Touristen draus machen“, spottet der Timmendorfer
       SPD-Gemeinderat Peter Ninnemann.
       
       Dass die Gemeinden eine solche Bahn subventionieren könnten, hält Ninnemann
       für „kaum vorstellbar“. Dafür habe keines der Ostseebäder genug Geld übrig.
       Werde der Bahnhof aber vier Kilometer weiter an die Autobahn verlegt,
       müssten mehrere Badeorte Bus-Shuttle zum Strand einrichten. Timmendorf etwa
       würde so ein Pendelverkehr „locker 250.000 Euro im Jahr“ kosten. Das hätten
       erste Berechnungen ergeben. „Schwierig“, sagt Ninnemann, „sehr schwierig.“
       
       Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens ist Grundlage für das anschließende
       Planfeststellungsverfahren. Parallel beginnt diese Woche die öffentliche
       Anhörung der Planfeststellung für die Tunneleinfahrt auf Fehmarn. Nach dem
       Zeitplan der dänischen Realisierungsgesellschaft Femern A/S soll der
       Tunnelbau im Herbst 2015 starten und Ende 2021 beendet sein. Sieben Jahre
       später müssen laut deutsch-dänischem Staatsvertrag auch die Straßen und
       Schienen an der Lübecker Bucht ausgebaut worden sein.
       
       5 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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