# taz.de -- 100. Geburtstag von Bohumil Hrabal: Biertrinker, Bafler, Barfußgeher
       
       > Am 28. März vor 100 Jahren wurde der große tschechische Autor Bohumil
       > Hrabal geboren. Die Kneipen der Prager Altstadt waren sein zweites
       > Zuhause.
       
 (IMG) Bild: Die „Hrabalova zed“, die „Hrabal-Mauer“: Bohumil zwischen seinen geliebten Katzen an einer Prager Hauswand.
       
       Er war ein schlechter Schüler und dafür bekannt, ständig irgendeinen Unfug
       auszuhecken. „Was wird nur aus dir werden?“ seufzte sein Vater ein ums
       andere Mal. Im Schlepptau von Vater Hrabal – der den kleinen, seiner Mutter
       unehelich geborenen, Bohumil als Sohn angenommen hatte – lernte der Junge
       früh die wunderbare Welt der Wirtshäuser kennen, denn Brauereiverwalter
       Hrabal pflegte seinen Sohn mitzunehmen, wenn er auf Tour ging. Das prägte.
       Später sollten dem Schriftsteller die Kneipen der Prager Altstadt zum
       zweiten Zuhause werden.
       
       In den bierseligen Gesprächen am Kneipentisch entdeckte er mit seinem
       „einmaligen Diamantenauge“, wie der Filmemacher Jirí Menzel es nennt,
       manche literarische Perle. Für das nicht enden wollende Bramarbasieren und
       Philosophieren, das er auch von seinem Lieblingsonkel kannte, erfand Hrabal
       ein in die Literaturgeschichte eingegangenes Kunstwort: bafeln (in der
       kongenialen Prägung des Übersetzers Franz Peter Künzel); auf Tschechisch
       pábit. „Das Bafeln ist die Umwandlung eines unangenehmen [...] oder
       tragischen Umstandes zu einem ästhetischen Erlebnis, zwar um nichts weniger
       tragisch und pathetisch, aber schön“, schreibt Hrabals Biografin Monika
       Zgustová.
       
       Auch Hrabals Prosa ist ein höchst kunstvolles Bafeln, und dabei nicht nur
       dem Volk vom Mund abgelauscht, sondern maßgeblich inspiriert von der
       écriture automatique der französischen Surrealisten. Hrabals damalige
       Faszination für die Surrealisten, von denen viele Kommunisten waren, führte
       ihn so weit, nach dem Krieg - den er zufrieden als Bahnhofsvorsteher in der
       Provinz verbracht hatte – auch selbst in die Kommunistische Partei
       einzutreten. Nach einem Jahr trat er ernüchtert wieder aus.
       
       Im Laufe der Jahre arbeitete der promovierte Jurist (diesen Beruf sollte er
       nie ausüben) als Handelsreisender, Stahlarbeiter, Altpapierpacker und
       Kulissenschieber und ging in all diesen Tätigkeiten voll auf. Lange Jahre
       schrieb er ausschließlich für seinen Freundeskreis. Erst in den sechziger
       Jahren, während des Prager Frühlings, wurden Hrabals Werke gedruckt und
       machten ihren Autor umgehend berühmt. Für seine Hrabal-Verfilmung „Liebe
       nach Fahrplan“ erhielt Jirí Menzel 1966 den Auslands-Oscar.
       
       Nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei
       folgte ein Publikationsverbot, dessen Aufhebung Hrabal mit einer
       veröffentlichten, sehr umstrittenen „Selbstkritik“ bewirken konnte. Relativ
       spät im Leben wandte der Meister der Erzählung sich auch größeren
       literarischen Formen zu. Seine beliebtesten Romane, darunter „Ich habe den
       englischen König bedient“, entstanden erst ab den siebziger Jahren. Im
       Februar 1997 starb der 82-Jährige durch einen Sturz aus einem Prager
       Krankenhausfenster. Er sei beim Taubenfüttern versehentlich hinausgefallen,
       hieß es.
       
       28 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Granzin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Walter Benjamin
 (DIR) Bier
       
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