# taz.de -- Bußgeld für Proteste in Spanien: Demonstrieren wird bald teurer
       
       > Spaniens Regierung will die sozialen Proteste mit Bußgeldern kleinhalten.
       > Es drohen bis zu 600.000 Euro pro Ordnungswidrigkeit.
       
 (IMG) Bild: Die spanische Regierung hat es auf die Demonstranten abgesehen. Ein neues Gesetz soll soziale Proteste eindämmen.
       
       MADRID taz | Was tun, wenn die Gerichte Polizei und Staatsanwaltschaft
       immer wieder abblitzen lassen und den Protestierenden recht geben? Spaniens
       Innenminister Jorge Fernández Díaz hat die Lösung.
       
       Er arbeitet ein neues Gesetz zur öffentlichen Ordnung aus, das schon diesen
       Freitag dem konservativen Kabinett vorgelegt werden soll. In 55 Artikeln
       beschäftigt es sich mit den sozialen Protesten, die seit Beginn der Krise
       in Spanien immer zahlreicher werden. Künftig drohen Strafgelder von 1.000
       bis 600.000 Euro.
       
       Wer vor dem spanischen Parlament, dem Senat oder einem regionalen Kammer
       ohne Erlaubnis demonstriert oder dazu per Internet aufruft, muss für eine
       „sehr schwere Ordnungswidrigkeit“ mit 30.000 bis 600.000 Euro Strafe
       rechnen. Das gilt auch dann, wenn an besagtem Tag überhaupt keine
       Parlamentssitzung stattfindet. Genau aus diesem Grund hatte der Oberste
       Gerichtshof im September angeklagte Demonstranten freigesprochen.
       
       Gerät eine friedliche Demonstration außer Kontrolle und kommt es zu
       gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei, können die
       Organisatoren künftig ebenfalls mit bis zu 600.000 Euro Strafe belegt
       werden. Auch dieser Paragraf ist aus dem realen Leben gegriffen. Denn eine
       der Mobilisierungen vor dem Parlament endete im vergangenen Jahr in einer
       Straßenschlacht.
       
       ## „Hört auf, verdammt, ich bin ein Kollege!
       
       Doch das ganze hatte einen Schönheitsfehler. Videos und Fotos zeigten, dass
       die Gewalt von eingeschleusten Provokateuren ausging. Von einem, der von
       seinen uniformierten Kollegen verprügelt wurde, zirkulierte ein Video, in
       dem dieser laut ruft: „Hört auf, verdammt, ich bin ein Kollege!“
       
       Künftig aber wird es wesentlich schwieriger, Videos, Filme oder Fotos in
       Umlauf zu bringen, die die Polizei bei der Arbeit zeigen und sich etwa
       despektierlich äußern. Auch dafür drohen Bußgelder bis zu 600.000 Euro.
       
       Wer den Ausweis bei Kontrollen nicht vorlegt, macht sich ebenfalls einer
       „sehr schweren Ordnungswidrigkeit“ schuldig. Und wer nicht mit dem Beamten
       zusammenarbeitet, gewaltfreien Widerstand leistet – oder einen Polizisten
       beleidigt, bedroht oder es am Respekt fehlen lässt, muss 30.000 Euro auf
       den Tisch legen. Selbst das bloße Tragen einer Kapuze kann zu einem ähnlich
       hohen Bußgeld führen.
       
       Die Opposition und soziale Bewegungen sprechen von einem „Gesetz gegen den
       15-M“, die Bewegung der Empörten. „So etwas geschieht in Regimen, die alles
       andere als demokratisch sind“, erklärt die Sprecherin der sozialistischen
       PSOE, Soraya Ródriguez. Spanien sei auf dem Weg von einem „autoritären zu
       einem totalitären System“, fügt der Sprecher der Pluralistischen Linken,
       Joan Coscubiela, hinzu.
       
       Und die Sprecherin der Plattform der von Zwangsräumung Betroffenen (PAH),
       Ada Colau, beschwert sich: „Seit der Franco Diktatur haben wir so etwas
       nicht mehr erlebt.“ Die Regierung freilich sieht das anders. „Wir wollen
       nicht mehr, sondern besser bestrafen“, heißt es aus dem Innenministerium.
       Teurer wird es auf jeden Fall.
       
       21 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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