# taz.de -- Zwangsarbeit in Usbekistan: Festgenommen und seitdem weg
       
       > Von einem kritischen Journalisten fehlt seit vier Tagen jede Spur. Er
       > hatte über Fälle von Kinderarbeit bei der Baumwollernte berichtet.
       
 (IMG) Bild: Schwere Handarbeit: Baumwollverarbeitung in Usbekistan.
       
       BISCHKEK taz | Der sechsjährige Amirbek Rachmatow kroch vor Erschöpfung auf
       einen Anhänger und nickte ein. Als sich plötzlich eine Baumwollladung auf
       das schlafende Kind ergoss, konnte sich Amirbek nicht befreien und
       erstickte. Der Junge war am 15. September das erste Opfer der diesjährigen
       Baumwollernte in Usbekistan.
       
       Dass die Welt von dem Fall erfuhr, ist Journalisten und Menschenrechtlern
       zu verdanken, die aus der zentralasiatischen Diktatur berichten. Usbekistan
       gehört zu den Ländern, in denen freie Berichterstattung unter Strafe steht
       und wo es keine unabhängigen legalen Medien gibt. Unabhängige Journalisten
       werden bedroht. Mindestens neun von ihnen sitzen im Gefängnis.
       
       Sergej Naumow gehört zu den mutigen Kollegen, die gegen diese staatliche
       Verordnung verstießen. Am Samstag schlug die Staatsmacht zu. Die Polizei
       verhaftete den 50-Jährigen in der westusbekischen Stadt Urgench. Seither
       ist der Journalist verschwunden. „Naumows brisante Geschichten haben in
       einem repressiven Staat wie Usbekistan die schlimmsten Konsequenzen“, warnt
       die Organisation Reporter ohne Grenzen. Der Journalist sollte an den
       Recherchen über die katastrophalen Bedingungen bei der Baumwollernte
       gehindert werden, vermutet der Chefredakteur des in Moskau ansässigen
       internetportal [1][www.fergananews.com], Daniel Kislov.
       
       Das zentralasiatische Land ist der drittgrößte Baumwollexporteur der Welt,
       und die knapp jährlich 100 Millionen Tonnen werden durch Zwangsarbeit
       eingebracht.
       
       ## Mit einer Polizeieskorte auf die Felder
       
       Bei der Ernte setzt die usbekische Staatsgewalt systematisch Kinderarbeit
       ein. Hunderttausende wurden die letzten Jahren zum Teil mit einer
       Polizeieskorte auf die Felder gebracht. Die Kinderarbeit rief
       internationale Empörung hervor. Westliche Handelshäuser wie H&M
       boykottierten die Baumwolle. Usbekistan versucht gegenzusteuern. 2008
       unterschrieb die Regierung die UN-Konvention gegen Kinderarbeit und
       versicherte, dass keine Kinder mehr auf die Felder geschickt würden.
       
       Menschenrechtlern und Journalisten war zu verdanken, dass entgegen der
       staatlichen Zusicherung Fotos von Baumwolle pflückenden Kindern den Weg in
       die Öffentlichkeit fanden. Der internationale Druck hielt an. In diesem
       Jahr versuchte die Regierung in Taschkent einen Befreiungsschlag und lud
       die Internationale Arbeitsorganisation ILO zum Monotoring ein.
       
       „Wir sind seit einer Woche mit über 50 Mitarbeitern im Land“, sagt eine
       Sprecherin der in der Schweiz ansässigen Organisation. Bis zum Abschluss
       der Untersuchung wird ILO keine Statements abgeben. Beobachter befürchten
       allerdings, dass sie nur ausgewählte Felder zu Gesicht bekommen.
       
       24 Sep 2013
       
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 (DIR) [1] http://www.fergananews.com
       
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 (DIR) Marcus Bensmann
       
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