# taz.de -- DFB-Leitfaden für homosexuelle Sportler: Dann kommt mal raus!
       
       > Der DFB veröffentlicht einen Leitfaden für den Umgang mit homosexuellen
       > Sportlern. In einer „Berliner Erklärung“ wird Respekt und Akzeptanz
       > gefordert.
       
 (IMG) Bild: Vorbild: Der US-Stürmer Robbie Rogers outete sich im Februar diesen Jahres
       
       BERLIN taz | Sie sind eigentlich nur ein kleiner Schritt für einen
       homosexuellen Sportler, die drei Worte zum öffentlichen Bekenntnis. Und
       doch können sie das Leben schwer aus der Bahn werfen, vor allem bei
       Angestellten im weltweiten Fußballzirkus. Ein Outing während der aktiven
       Karriere würde ein riesiges Medienecho auslösen. Bei Auswärtsspielen
       könnten dem Spieler Spott und Häme der Gästefans entgegenschlagen. Einer,
       der daran zugrunde gegangen ist, ist Justin Fashanu. Der englische
       Fußballprofi nahm sich einige Jahre nach seinem Coming-out im Jahr 1990 das
       Leben.
       
       Doch die Welt hat sich weitergedreht. Auch wenn auf den Rängen immer noch
       Schiris und gegnerische Spieler als schwul beschimpft werden, schwingen
       auch immer mehr homosexuelle Fangruppen in den Kurven ihre Fahne. Und auch
       der Deutsche Fußball-Bund, der das Thema jahrelang totschwieg, zeigt
       inzwischen öffentlich Flagge.
       
       Um es den Spielern leichter zu machen, sich zu offenbaren, hat er am
       Dienstag eine Broschüre zum Thema „[1][Fußball und Homosexualität]“
       aufgelegt. In dem 27-seitigen Heftchen, das auf der Homepage des Verbandes
       zum Download bereitsteht, gibt er den Vereinen Tipps, wie sie mit schwulen
       oder lesbischen Sportlern umgehen sollen. Als Aufforderung zum Coming-out
       soll sie allerdings nicht verstanden werden.
       
       Da nicht klar war, wie groß die Ignoranz ist, entschieden sich die Macher
       dafür, möglichst wenig Wissen vorauszusetzen. „Wir gehen davon aus, dass es
       bei den Vereinen Menschen gibt, bei denen man bei null anfangen muss“,
       sagte die Kulturanthropologin Tatjana Eggeling, die an der Broschüre
       maßgeblich beteiligt war. Einen Masterplan für das perfekte Coming-out gibt
       es darin nicht zu finden. Am wichtigsten sei erst einmal ein offenes
       Gespräch „in einer angenehmen Atmosphäre“.
       
       ## Desinteressierte Funktionäre
       
       Doch das Engagement des DFB geht ein Stückchen weiter. Auf Initiative der
       Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, die seit ihrer Gründung im Jahr 2011
       gegen die Diskriminierung von Homosexuellen anarbeitet, setzte
       DFB-Präsident Wolfgang Niersbach seine Unterschrift unter die „Berliner
       Erklärung“, in der Homophobie angeprangert und für mehr Vielfalt, Respekt
       und Akzeptanz im Sport geworben wird. Auch Bundesminister wie Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Hans-Peter Friedrich (CSU) gehörten
       zu den Erstunterzeichnern der Erklärung, die am Mittwoch in Berlin
       vorgestellt worden ist.
       
       Angestoßen wurde die Aktion noch unter DFB-Alt-Präsident Theo Zwanziger,
       für den das Thema eine wirkliche Herzensangelegenheit war. Doch auf der
       Veranstaltung in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom wurde
       klar, dass das Thema „Homosexualität“ bei den deutschen Sportfunktionären
       immer noch eine Nebenrolle spielt.
       
       Statt die Erklärung selbst vorzustellen, flog die DFB-Delegation um
       Wolfgang Niersbach auf Einladung von Franz Beckenbauer lieber zu einer
       Konferenz samt Golfturnier in Kitzbühel – um Fifa-Chef Sepp Blatter die
       Hand zu schütteln und mit ihm und deutschen Fußball-Granden wie Günther
       Netzer und Oliver Bierhoff darüber zu sprechen, wie man eine erfolgreiche
       WM plant. Auch der Anteil des DFB-Präsidenten an der DFB-Broschüre hielt
       sich in Grenzen. Statt ein eigenes Editorial beizusteuern, wurde nur ein
       altes Zitat von dem mächtigsten deutschen Fußballfunktionär abgedruckt.
       
       „Ich hätte ihn gerne hier gehabt“, sagte Marcus Urban, ehemaliger
       Fußballprofi, der erst nach seinem Karriereende zu seiner Homosexualität
       stehen konnte und inzwischen für die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld
       arbeitet. „Das wäre ein schönes Statement gewesen“, fügte er hinzu. Er sei
       aber auch schon zufrieden, dass der DFB die „Berliner Erklärung“ überhaupt
       unterschrieben habe.
       
       ## Desinteressierter Ligaverband
       
       Gar nicht beteiligt hat sich der Ligaverband DFL an der Kampagne. Weder
       findet sich auf der Erklärung die Unterschrift eines DFL-Repräsentanten
       noch stellte sich einer für ein Statement zur Verfügung. Auch bei den
       Bundesligavereinen fiel die Resonanz auf die Initiative mehr als mäßig aus.
       Auf der Liste der Erstunterzeichner finden sich mit Uli Hoeneß (FC Bayern),
       Klaus-Dieter Fischer (Werder Bremen), Martin Kind (Hannover 96) nur drei
       Präsidenten eines Erstligisten.
       
       Die Runde komplettieren weniger prominente Namen wie Ralf Auer, Präsident
       des VfR Mannheim, und Dirk Zingler, Präsident des Zweitligisten Union
       Berlin. Es scheint so, als müsse sich die Welt noch ein gutes Stück
       weiterdrehen, bis die gesellschaftliche Realität die archaische Welt des
       Fußballs endlich erreicht hat.
       
       17 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.dfb.de/news/de/d-nachhaltigkeit/dfb-veroeffentlicht-broschuere-fussball-und-homosexualitaet/44975.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Holger Vieth
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Homosexualität im Profisport
 (DIR) DFL
 (DIR) Wolfgang Niersbach
 (DIR) Homosexualität im Profisport
 (DIR) Fußball
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Fußball
 (DIR) Homophobie
 (DIR) Homophobie
 (DIR) Werder Bremen
 (DIR) Fußball
 (DIR) Lesben
 (DIR) Fußball
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Deutscher Fußballbund (DFB)
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Theaterprojekt gegen Homophobie: Nicht in unserer Kabine
       
       Das Göttinger Theaterprojekt "Steh deinen Mann" stößt bei niedersächsischen
       Fußballvereinen auf Ablehnung, weil es sich mit Schwulenfeindlichkeit im
       Sport auseinandersetzt.
       
 (DIR) Hitzlsperger outet sich: Der Erste bricht sein Schweigen
       
       Mit Thomas Hitzlsperger spricht der erste prominente deutsche Fußballer
       offen über seine Homosexualität. Er wolle die Diskussion über das Thema
       voranbringen, sagt er.
       
 (DIR) Britischer Turmspringer outet sich: „Mädchen find ich weiterhin toll“
       
       Sein Privatleben hielt der 19-jährige britische Turmspringer Tom Daley
       bisher geheim. Jetzt erzählt er in einem Video, dass er eine Beziehung mit
       einem Mann hat.
       
 (DIR) Nominierung für die Nationalmannschaft: Der älteste Torwart-Debütant
       
       Dortmunds Keeper wird erstmals ins DFB-Team berufen. Bislang hatte ihn
       Bundestrainer Löw stets ignoriert, was Weidenfeller zu homophoben
       Äußerungen animierte.
       
 (DIR) Sportler für Toleranz: Homophobie verlernen
       
       Kanadische Collegesportler plädieren für einen entspannten Umgang mit
       Homosexuellen. Die Reaktionen auf Outings im Profisport haben Mut gemacht.
       
 (DIR) Homophobie im Sport: Das Glück auf der Bowlingbahn
       
       Ein schwules Bowlingteam – das wird doch in Berlin kein Problem sein,
       dachte Michael Relling. Da irrte er sich aber gewaltig.
       
 (DIR) Krise bei Werder Bremen: Grün ist der Abschwung
       
       Teure Profis günstig abzugeben: Nach dem Aus im DFB-Pokal steht für
       Aufsichtsratschef Willi Lemke ein „Zwischenjahr“ an – mehr ist nicht drin.
       
 (DIR) Homophile niederländische Fußballer: Gay Pride mit Feierbiest van Gaal
       
       Jede Menge Fußballprominenz nahm an der Gay Pride in Amsterdam teil. Der
       Kicker-Verband engagiert sich. Aktive Spieler hingegen halten sich zurück.
       
 (DIR) Kommentar zu DFB und Homosexualität: Der Stanglwirt ist wichtiger
       
       Der DFB fordert mehr Akzeptanz für Schwule und Lesben im Fußball. Aber der
       DFB-Chef sitzt lieber beim Bankett mit Sepp Blatter als persönlich dafür zu
       werben.
       
 (DIR) Schwul-lesbische Fußball-EM: Freistoß statt Zuchthaus
       
       Zum zweiten Mal findet die schwul-lesbische Fußball-Europameisterschaft in
       Dublin statt. Bis 1993 war Homosexualität in Irland illegal.
       
 (DIR) Coming-Out eines US-Fußballers: „Ich bin ein freier Mann“
       
       Der frühere US-Nationalspieler Robbie Rogers bekennt sich zu seiner
       Homosexualität. Danach beendet er seine Fußball-Karriere.
       
 (DIR) Schwuler Fußballer Justin Fashanu: „Er lebt in mir“
       
       Der schwule Fußballprofi Justin Fashanu nahm sich 1998 das Leben. Seine
       Nichte Amal pflegt sein Vermächtnis und will andere Fußballer zum Outing
       ermutigen.
       
 (DIR) Ex-Chef Zwanziger über DFB: „Ich wünsche mir weniger Hass“
       
       Theo Zwanziger verabscheute den Macho-Fußball und reformierte den DFB. Ein
       Gespräch über Uli Hoeneß, Konservatismus und seinen Rücktritt.
       
 (DIR) Sexualität im Fußball: Gibt es schwule Profis?
       
       Ist die harte Welt des Männerfußballs die Heterohölle? Verstecken sie sich?
       Gibt es auch Spielermänner? Ein Pro und Contra.