# taz.de -- Die Wahrheit: Milchaufschäumende Zehensandalen
       
       > Schlimm: Gentrifizierer-Schuhe aus rotschwarzem Gummi. Schlimmer:
       > Bloggerinnenbrillen aus Fensterglas oder kindischen
       > Plus-1-Dioptrin-Werten.
       
 (IMG) Bild: Uhu Schuhu hat alles im Blick.
       
       Beim Trampen wurde ein Freund mal von einem Mann mitgenommen, der ihm auf
       der Autobahn gestand, er würde auf solchen Fahrten immer Windeln tragen,
       weil es für ihn nichts Schöneres gäbe, als bei 160 Stundenkilometern in die
       Hosen zu pullern.
       
       Wenn ich daran denke, wachsen mir immer noch vor Entsetzen weiße
       Haarsträhnen. Und dabei hatte ich bis dato gedacht, der Fahrer, der einst
       auf einer Fahrt nach Berlin eine Bruce-Springsteen-Live-Kassette nach der
       anderen in die Anlage schob und mir erzählte, dass der Boss so „ehrlich“
       ist, sei das kellertiefste Ende der Fahnenstange. Pustekuchen.
       
       Es gibt immer etwas Schlimmeres. Der Gentrifizierer gegenüber, der
       ärgerlicherweise den besten Kaffee in der Gegend hat, trägt zum Beispiel
       seit Sommerbeginn diese Zehen-Sportschuhe, die aussehen wie die Füße von
       Gert Fröbe in der Räuber-Hotzenplotz-Verfilmung von 1974, oder auch wie die
       des Doma-Stammes in Simbabwe, die wegen eines dominant vererbbaren
       Gendefekts nur zwei Zehen zu bieten haben.
       
       Nicht, dass man sich nicht in einen Doma-Mann oder Gert Fröbe verlieben
       könnte, aber die Gentrifizierer-Schuhe sind aus rotschwarzem Gummi, und der
       Cappuccino schmeckt auch nur halb so gut, wenn man hört, wie die Gummizehen
       beim Milchschäumen auf dem Steinboden herumtappen. Es ist zudem nicht klar,
       für welche Sportart die Zehen-Turnschuhe benutzt werden sollen – für
       Ballett hoffentlich nicht.
       
       ## Modebloggerinnen, die ihre großen Brillen putzen
       
       Während der in der Hauptstadt weilenden Fashion Week sind Modesperenzchen
       verstärkt Thema, und weil ich in der Nähe eines der Veranstaltungsorte
       wohne, sehe ich täglich Modebloggerinnen ihre großen Brillen putzen. Was
       schon wieder nervt: Bloggerinnenbrillen sind selbstredend keine notwendigen
       Minus-7-Dioptrin-Glasbausteine, sondern bestehen aus Fensterglas oder
       kindischen Plus-1-Dioptrin-Werten und sind ein Accessoire.
       
       Als Maulwurf, der sein Leben lang wünschte, nur ein einziges Mal morgens
       aufwachen und etwas sehen zu können, empfinde ich diesen Umgang mit der
       angeborenen Fehlsichtigkeit anderer Menschen als blanken Hohn. Zumal, und
       da ist man wieder beim noch Schlimmeren, im Alter die Weitsichtigkeit
       dazukommt. Aber bevor ich eine stante pede zehn Jahre Lebensalter
       addierende Lesebrille trage, nehme ich lieber die taschengerecht faltbare
       „Eschenbach“-Lupe des BBC-Sherlock-Holmes, um das Kleingedruckte auf den
       Shampooflaschen zu erkennen.
       
       Bei Sherlock bin ich ohnehin zu Kompromissen bereit: Trotzdem der
       Fernseh-Sherlock andauernd seinen Schal zusammengefaltet um den Hals legt,
       und dann die beiden Enden der einen Seite in die Schlinge der anderen
       steckt – eine Geste, die ich zutiefst als spießig und ekelig empfinde. So
       wie Zehensandalen oder Bei-160-Stundenkilometer-in-die-Windeln-Pinkler.
       
       Aber ich akzeptiere es bei dieser Figur, weil der Rest so überwältigend
       ist. Vielleicht sollte ich mal an dem Zehensandalenmann hinaufgucken. Wer
       weiß, ob nicht der Kopf von Alexander Skarsgard draufsitzt – was ich
       allerdings bezweifle.
       
       4 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jenni Zylka
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Brille
       
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