# taz.de -- AKWs in Japan: Atomaufsicht mit Ausnahmen
       
       > Die Atomaufseher loben die neuen japanischen Schutzvorschriften als die
       > „weltweit strengsten“. Trotzdem bleiben zwei mangelhafte Meiler am Netz.
       
 (IMG) Bild: Auch wenn die Behörden einen Neustart der Reaktoren genehmigen: Über die Hälfte der Kraftwerksanwohner sind dagegen
       
       TOKIO taz | Ein monströses Bauwerk schützt neuerdings das Atomkraftwerk
       Hamaoka im Westen Japans vor einem Tsunami: Die Wand aus Beton und Stahl
       ist 1,6 Kilometer lang und überall mindestens 2 Meter dick. Ihre obere
       Kante liegt 22 Meter über dem Meeresspiegel, ihre Fundamente stecken 33
       Meter im Boden.
       
       Die Notfallzentrale steht auf Schockabsorbern, da der Kraftwerkskomplex in
       einer seismisch aktiven Zone errichtet ist. 1,2 Milliarden Euro hat die
       Nachrüstung Betreiber Chubu Electric gekostet.
       
       Wenn Japans Regierung am 8. Juli die neuen Sicherheitsregeln für
       Atomkraftwerke in Kraft setzt, könnte Chubu Electric den Neustart seiner
       drei Hamaoka-Reaktoren also mit Selbstvertrauen beantragen. Und auch sechs
       weitere Stromkonzerne wollen sich die Wiederinbetriebnahme von zwanzig
       Meilern genehmigen lassen. Vier Betreiber haben zwölf Reaktoren bereits zur
       Prüfung angemeldet. Nach ihren Plänen erfolgt der erste Neustart noch im
       Juli.
       
       Aber damit will man wohl nur die eigenen Aktionäre auf den Jahrestreffen
       beruhigen, zu denen für den Mittwoch eingeladen ist. Denn außer der
       Nachrüstung von Schutzmauern, Filtersystemen und doppelten Notfallzentralen
       verzögern behördliche und politische Hürden das baldige Hochfahren der
       Meiler.
       
       ## Regeln seien „weltweit strengstens“
       
       Anders als vor der Katastrophe von Fukushima im März 2011 ist die
       Einhaltung der neuen Vorschriften zum Schutz der Kraftwerke vor Erdbeben
       und Tsunami gesetzlich bindend. „Wir haben einen bedeutenden Wendepunkt
       erreicht“, betonte Shunichi Tanaka, Chef der Atomaufsicht NRA. Die neuen
       Regeln seien die „weltweit strengsten“. Was sie wirklich taugen, müsse sich
       aber noch zeigen.
       
       Das lässt sich als Warnung an Japans „Atomdorf“ verstehen. „Die Betreiber
       haben keinen Grund zum Optimismus, da die Atomaufsicht an öffentlicher
       Glaubwürdigkeit gewinnen will“, meint der atomkritische Energie-Analyst
       Mycle Schneider. Ein Untersuchungsbericht zu Fukushima beschrieb die
       Atomaufseher als „Gefangene“ der AKW-Betreiber. Von diesem Image will die
       Behörde nach ihrer Neugründung weg.
       
       Ihre drei Inspektoren-Teams wollen jedes Kraftwerk sechs Monate lang
       prüfen. Ältere Leichtwasserreaktoren vom Fukushima-Typ bleiben so lange
       abgeschaltet, bis Strahlenfilter für die Reaktorbehälter eingebaut werden.
       Über 9 Milliarden Euro müssen die Betreiber insgesamt ausgeben. Deswegen
       rechnen Experten damit, dass Japan ab dem Herbst erneut atomstromfrei sein
       wird. Dann gehen die zwei einzigen laufenden Reaktoren zur routinemäßigen
       Wartung vom Netz.
       
       ## Meiler bleiben trotz Mängel im Netz
       
       An ihnen zeigt sich aber auch die Gratwanderung der Atomaufsicht: Obwohl
       die beiden Meiler im Kraftwerk Oi die neuen Auflagen nicht erfüllen,
       entschied die NRA jetzt, dass sie bis September am Netz bleiben. Dabei
       steht der Komplex mit vier Reaktoren in einer Erdbebenzone, deren
       Untersuchung von Betreiber Kepco behindert wird.
       
       Aber auch wenn sie eine behördliche Genehmigung haben – um die Zustimmung
       der Kraftwerksanwohner müssen die Betreiber noch buhlen. Bei einer Umfrage
       von Anfang Juni lehnten 58 Prozent den Neustart von Reaktoren ab, nur 28
       Prozent befürworteten ihn.
       
       Deshalb verzichtet der größte Versorger Tepco vorerst darauf, den Neustart
       der Atomanlage Fukushima Daini zu beantragen. Und Chubu Electric will den
       Antrag für die Hamaoka-Reaktoren irgendwann bis März 2015 einreichen.
       Gouverneur Heita Hawakatsu hat nämlich ein Referendum über die Zukunft des
       Kraftwerks versprochen und wurde gerade nur deswegen mit überwältigender
       Mehrheit wiedergewählt.
       
       25 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Fritz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Atomaufsicht
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Fukushima
 (DIR) Japan
 (DIR) AKW
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Fukushima
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Fukushima
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Shinzo Abe
 (DIR) Radioaktivität
 (DIR) Japan
 (DIR) Schacht Konrad
 (DIR) Energiewende
 (DIR) Gorleben
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Atomkraftwerke in Japan: Mit voller Kraft zurück
       
       Der weltweit größte Atommeiler soll wieder hochgefahren werden. Der
       Betreiber des japanischen Unglücksreaktors Fukushima hat einen Antrag
       eingereicht.
       
 (DIR) Radioaktivität nach Fukushima: Mehr Strahlenopfer als bekannt
       
       Beim Unfall im japanischen Atomkraftwerk Fukushima und den Aufräumarbeiten
       sind zehnmal mehr Arbeiter verstrahlt worden als bislang bekannt.
       
 (DIR) Verseuchtes Wasser in Fukushima: Gefrorener Schutzwall soll helfen
       
       Im Unglücks-AKW Fukushima bekommt Betreiber Tepco das strahlende Wasser
       nicht in den Griff. Jetzt will die Regierung handeln – und zahlen.
       
 (DIR) Verseuchtes Wasser in Fukushima: Debakel ohne Ende
       
       Die japanische Aufsichtsbehörde will täglich 400 Tonnen verseuchtes
       Grundwasser im Pazifik verklappen. Und auch Dampf an Reaktor 3 bereitet
       Sorgen.
       
 (DIR) Nach Atomunglück in Japan: Höhere Kosten für Fukushima
       
       Die Sanierung von Fukushima wird teurer als erwartet. Der Betreiber Tepco
       meldet, dass erneut eine Dampfentwicklung in der Atomanlage festgestellt
       wurde.
       
 (DIR) Senatswahl in Japan: Mehrheit für Regierungsbündnis
       
       Japans Ministerpräsident Shinzo Abe kann seine Wirtschaftsreformen
       fortsetzen. Sein Regierungsbündnis gewann am Sonntag auch die
       Oberhausmehrheit.
       
 (DIR) Radioaktive Belastung in Japan steigt: Cäsium verseucht Grundwasser
       
       Am AKW Fukushima Daiichi gibt es ein neues Leck, aus dem radioaktives
       Material austritt. Im Grundwasser wurden deutlich höhere
       Cäsium-Konzentrationen nachgewiesen.
       
 (DIR) Reaktoren in Japan: Bald wieder mehr Atomstrom?
       
       Mehr als zwei Jahre nach der Fukushima-Katastrophe: Japanische
       Kraftwerkbetreiber beantragen die Wiederaufnahme von zehn stillgelegten
       Atomanlagen.
       
 (DIR) Verteuertes Atommüll-Endlager: Schacht Konrad kommt später
       
       Die Umrüstung des ehemaligen Salzbergwerks zum Endlager verzögert sich
       weiter. Was heißt das für andere Zwischenlager?
       
 (DIR) Strahlende Fracht in Bremer Häfen: Atomtransport-Verbot gewinnt 4:3
       
       Mit knapper Mehrheit hat der Bremische Staatsgerichtshof entschieden, dass
       er für die Prüfung nicht zuständig ist.
       
 (DIR) Atomausstieg in Gefahr: Stromlücke voraus
       
       Der Atomausstieg ist beschlossen, die Alternativen aber werden zu langsam
       ausgebaut. Das jedenfalls beklagt Baden-Württembergs Umweltminister.
       
 (DIR) Streit um Atommüll: Gesetz jetzt, Konsens später
       
       Bund und Länder lösen den Streit um die Castor-Behälter – indem sie ihn auf
       2014 vertagen. Das rettet das geplante Endlager-Gesetz fürs Erste.