# taz.de -- Kommentar Unruhen Brasilien: Wir haben euch nichts mitgebracht
       
       > Der brasilianische Alltag ist untragbar geworden. Deshalb gehen viele
       > erstmals auf die Straße. Politische Konzepte fehlen.
       
 (IMG) Bild: Protest vor dem Außenministerium in Brasilia.
       
       Massenproteste wie derzeit in Brasilien haben vielfältige Ursachen. Woran
       sie nicht liegen, ist noch einfach zu erkennen. Zum Beispiel nicht am oft
       zitierten Ende des Wirtschaftsaufschwungs. Die leichte Verschlechterung
       makroökonomischen Indikatoren kann die Bevölkerung noch gar noch spüren,
       nach wie vor ist die Arbeitslosigkeit auf historischem Tiefststand.
       
       Die Demonstrationen sind vor allem eine urbane Bewegung, mit Schwerpunkten
       in den beiden größten Städten São Paulo und Rio de Janeiro. Im dortigen
       Alltag liegen die Gründe für den Aufruhr der Menschen, von denen viele zum
       ersten Mal ein Transparent hochhalten. Gerade der langjährige Aufschwung
       hat die Städte vor neue Herausforderungen gestellt.
       
       Die Zahl der Autos ist in zehn Jahren sechsmal so schnell gestiegen wie die
       Bevölkerung. Statt öffentliche Verkehrsmittel zu fördern, setzten die
       erzkonservativen Stadtregierungen beider Metropolen stur auf
       Individualverkehr. Die Ansprüche der Menschen steigen, doch für das
       Gesundheitssystem, öffentliche Schulen und Unis gibt es kaum Geld.
       
       Gleichzeitig wird die Privatisierung des öffentlichen Raums – und manchmal
       auch dessen Säuberung - als Sicherheitspolitik verkauft. Das bedeutet:
       Warten im Stau, prekäre öffentliche Einrichtungen statt einer gerechten,
       lebenswerten Stadt. So wird der Alltag zum Problem, für alle.
       
       Wenn dann Politiker und Unternehmer mal eben mit dem Hubschrauber zum
       Mittagessen fliegen, steigt der Ärger. Ist es wirklich notwendig, 20
       Milliarden an Steuergeldern für die WM und die Olympischen Spiele
       auszugeben? Diese Zustände werden untragbar für Menschen, denen von oben
       erzählt wird, auf schnellem Wege in die Erste Welt zu sein.
       
       Wo ist denn das ganze Geld vom Erdöl-Boom oder den immensen Agrarexporten
       der siebtgrößten Wirtschaft der Welt, fragen sie schon lange. Jetzt gehen
       sie auf die Straße, aus Wut oder auch aus Stolz. Schade, dass sie keine
       politischen Konzepte mitbringen.
       
       21 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Behn
       
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