# taz.de -- Umstrittener Radsport-Präsident: Bauernopfer der Funktionärskaste
       
       > Pat McQuaid, Präsident des Radsport-Weltverbands, wurde von seinem
       > Landesverband nicht für die Wiederwahl nominiert. Jetzt hat er nur noch
       > eine Chance.
       
 (IMG) Bild: Unbeliebt in Irland: Pat McQuaid, hier 2012 bei der Tour de Romandie.
       
       Die Botschaft war eindeutig. 91 Mitglieder des irischen Radsportverbands
       stimmten gegen eine Nominierung ihres Landsmanns Pat McQuaid als
       Präsidentschaftskandidat für die Wahlen des Weltverbands (UCI) im Herbst.
       Lediglich 74 anwesende Mitglieder dieser außerordentlich einberufenen
       Generalversammlung stimmten für eine erneute Kandidatur des umstrittenen
       Funktionärs, der dem UCI bereits seit 2005 vorsteht.
       
       Dies ist umso bemerkenswerter, weil sich einige nationale Helden für
       McQuaid stark gemacht hatten. Stephen Roche, der einstigen Weltmeister,
       Tour- und Giro-Sieger, bezeichnete ihn als „starke Führungspersönlichkeit“.
       Und kurioserweise forderte er: „Zeigt mir einen Besseren als ihn, einen,
       der sich mehr engagiert.“ Der einstige Vuelta-Sieger und fünfmalige
       Gewinner des grünen Trikots bei der Tour, Sean Kelly, beklagte, dass
       McQuaids „Verdienste um den Radsport zu wenig gewürdigt“ würden. Dieser
       leide darunter, „dass die letzten Jahre für den Radsport sehr schwer
       waren“.
       
       Fragt sich nur, wer für die „schweren Jahre des Radsports“ verantwortlich
       zu machen ist, wenn nicht der Vormann der Branchenorganisation? Irlands
       Radsportbasis ließ sich nicht beirren. Sie hatte sich das Votum überhaupt
       erst erstritten, weil bei der Abstimmung der Verbandsspitze – 5:1 für
       McQuaid – Unregelmäßigkeiten aufgetreten waren.
       
       Dass es an der Basis rumort, wurde bereits im letzten Winter deutlich. Emma
       O’Reilly, einst als Masseurin Vertrauensfrau von Lance Armstrong, hatte
       sich bei [1][einer Konferenz der Rebellenorganisation „Change Cycling Now“]
       in London bitter darüber beklagt, dass Landsmann McQuaid ihre Hinweise auf
       das Doping von Armstrong niemals anhören wollte.
       
       ## Schweizer Beschwerden
       
       Auch in der Schweiz nimmt der Widerstand gegen McQuaid zu. Dort hatte er
       sich zunächst ein Nominierungsticket für die Weltverbandswahlen über seinen
       Wohnsitz in Aigle gesichert. Wie Suisse-Cycling-Sprecherin Selina Knüpfer
       jüngst aber mitteilte, sei eine „Beschwerde von drei Mitgliedern unseres
       Verbands“ gegen die Entscheidung eingegangen. Für den Branchendienst
       Cyclingnews stellt sich ohnehin „das Problem der Gültigkeit einer Rücknahme
       einer demokratisch legitimierten Entscheidung des irischen Verbandes durch
       die Schweizer“.
       
       Unter Beschuss gerät McQuaid nun sogar von einstigen Funktionärsgetreuen.
       Mike Plant, Mitglied des UCI Management Committees, des höchsten Organs des
       Weltverbands, legte diesem Gremium vergangene Woche ein „Dossier McQuaid“
       vor und kündigte öffentlich das Ende seiner Unterstützung McQuaids an. Er
       rief zu einer „glaubwürdigen Verbandsführung“ auf.
       
       Plant, in der Armstrong-Ära Präsident des US-amerikanischen
       Radsportverbands, einst auch Rennveranstalter sowie Aktienbesitzer einer
       Bergbaufirma des langjährigen Armstrong-Sprechers Paul Sherwen, erklärte
       leider nicht, warum er vor noch nicht einmal einem Jahr hinter den Kulissen
       versucht hatte, der Usada die Zuständigkeit beim Dopingverfahren gegen
       Armstrong & Co. abzusprechen. Der kritischen Radsportgemeinde in den USA
       gilt Plant als Steigbügelhalter des Armstrong-Clans.
       
       Es zeigt natürlich die Risse im Machtgefüge der UCI, wenn solch ein Mann
       auf Distanz zu McQuaid geht. Nicht jeder, der den Iren jetzt unter Beschuss
       nimmt, dürfte dies jedoch aus uneigennützigen Motiven tun. Neben dem zarten
       Leuchten eines Neuanfangs zeichnet sich das Szenario eines Personalwechsels
       ohne Politikwechsel ab. McQuaid könnte zum Bauernopfer einer sich selbst
       erhalten wollenden Funktionärskaste werden. Die Radsportbasis muss weiter
       den Aufstand proben gegen die Pats und Mikes der alten Zeit.
       
       18 Jun 2013
       
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