# taz.de -- Deutschlands Handball in der Krise: Vor dem Absturz
       
       > Die deutsche Handball-Nationalmannschaft könnte erstmals die
       > Qualifikation zur EM verfehlen. Nun muss man auf Schützenhilfe aus
       > Montenegro hoffen.
       
 (IMG) Bild: Kein Durchkommen: So wie Kreisläufer Patrick Wiencek scheiterte das gesamte deutsche Team in Montenegro
       
       HAMBURG taz | Ein Wunder muss her. Sonst droht ein einmaliger Absturz für
       die Männer-Auswahl des stolzen Deutschen Handballbund (DHB), selbst wenn
       sie am Samstag (14 Uhr, BR) in Aschaffenburg gegen Israel ihr letztes
       EM-Qualifikationsspiel gewinnt.
       
       Ein Wunder, heißt konkret: Ein Sieg Montenegros, das schon für die
       Europameisterschaft 2014 in Dänemark qualifiziert ist, bei den heimstarken
       Tschechen mit ihrem Superstar Filip Jicha. Oder ein Neun-Tore-Sieg des
       Handballzwergs Österreich gegen Russland – dann wäre die DHB-Auswahl noch
       als bester Gruppendritter mit dabei.
       
       Aber wer mag daran noch glauben? Der Kapitän der deutschen Handballer
       nicht. Ein Weiterkommen, sagte Abwehrchef Oliver Roggisch (Rhein
       Neckar-Löwen), sehe er „eher als unrealistisch an“. So wird, wenn alles
       normal verläuft, am Samstag von der nächsten historischen Pleite im
       deutschen Handball die Rede sein. Vor allem an der WM 2011 in Schweden (11.
       Platz) lag es, dass der deutsche Handball 2012 erstmals nicht bei einem
       olympischen Turnier vertreten war.
       
       Das erste Fehlen bei einer Europameisterschaft wäre rein sportlich
       betrachtet eine noch herbere Erfahrung. Denn bei Olympia laufen bloß sieben
       oder acht europäische Nationalteams auf, bei einer EM dagegen die besten
       sechzehn Mannschaften. „Ist das bitter. Keine Ahnung wie das geschehen
       konnte... -> staatstrauer !“,
       //twitter.com/kr73/status/344901821824892928:twitterte Stefan Kretzschmar
       nach der 25:27-Niederlage am Mittwoch in Montenegro erschüttert. Nicht nur
       er.
       
       ## Gruselige Bilanz
       
       Die Bilanz des DHB ist gruselig. Gleich zweimal verlor man gegen
       Montenegro, den Zwergstaat vom Balkan, der weniger Einwohner (630.000) hat
       als der DHB, größter Handballverband der Welt, Mitglieder (850.000). Dazu
       gab es eine derbe Niederlage in Tschechien und einen Sieg mit viel Krampf
       in Israel – einziger Lichtblick war 28:23-Heimsieg gegen Tschechien. Woran
       liegt das?
       
       In Montenegro, sagte Bundestrainer Martin Heuberger, hätte seinen Spielern
       die Abgezocktheit und Cleverness gefehlt. Die Cleverness? Wie kann es sein,
       dass Oliver Roggisch, erfahrener Abwehrkämpe und Weltmeister von 2007, in
       Podgorica vom 23-jährigen Kreisläufer Nemanja Grbovic (sieben Tore)
       abgekocht wird? Wie kann es sein, dass ein Flügelspieler wie Dominik Klein,
       der über 170 Länderspiele in den Beinen und mit dem THW Kiel alles gewonnen
       hat, immer wieder an Keeper Rade Mijatovic scheitert?
       
       Und vor allem: Wie kann es sein, dass die DHB-Auswahl gegen Montenegros
       3:2:1-Deckung keine taktischen Mittel findet, obwohl man zum wiederholten
       Mal gegen diesen individuell klar unterlegenen Gegner spielt?
       
       So steht Bundestrainer Heuberger zur Disposition, trotz Platz fünf bei der
       WM 2013. Der Badener weiß selbst, dass es jetzt eng wird. „Ich will etwas
       aufbauen. Aber ob man mich lässt, weiß ich nicht“, sagt er. Der Vertrag des
       49-Jährigen, der nach dem WM-Desaster von 2011 Heiner Brand nachfolgte,
       läuft bis 2014. DHB-Präsidenten Ulrich Strombach gab Heuberger noch in
       Podgorica Rückendeckung: „Ich sehe keine Notwendigkeit, aus der Niederlage
       jetzt personelle Konsequenzen zu ziehen.“
       
       Aber was Strombach oder der Vizepräsident Leistungssport des DHB, Horst
       Bredemeier, zur Personalie Heuberger zu sagen haben, ist unerheblich. Denn
       am 21./22. September wählt der DHB-Bundestag in Düsseldorf ein neues
       Präsidium: Nachfolger Strombachs wird dann Bernhard Bauer, Ehrenpräsident
       des Handballverbands Württemberg und ehemaliger Ministerialrat im
       Baden-Württembergischen Landesministerium für Umwelt, Naturschutz und
       Verkehr. Und der sagte schon den Stuttgarter Nachrichten: „Eine Jobgarantie
       gibt es für niemanden.“ So oder so steht dem deutschen Handball einen Zäsur
       bevor.
       
       15 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Eggers
       
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