# taz.de -- Straffreiheit für Informanten: V-Mann für Dienste verurteilt
       
       > Ein BND-Informant wurde wegen Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe
       > verturteilt. Sicherheitskreise fordern von der Strafverfolgung abzusehen.
       
 (IMG) Bild: Demo der DHKP-C in Istanbul: Ein V-Mann des BND wurde verurteilt.
       
       FREIBURG taz | V-Leute können sich auch dann strafbar machen, wenn sie
       genau das tun, was der Staat von ihnen erwartet. Das musste der Türke
       Alaattin A. spüren, der mehrere Jahre lang als V-Mann für den
       Bundesnachrichtendienst (BND) aus einer linken türkischen Terrorgruppe
       berichtete. Er wurde dennoch wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen
       Vereinigung verurteilt.
       
       Der bisher kaum bekannte Fall hat in Sicherheitskreisen für Aufregung
       gesorgt und führt nun zu Forderungen an den Gesetzgeber. V-Leuten soll
       künftig Straffreiheit zugesichert werden können.
       
       Alaattin A. kam 2002 als Asylbewerber nach Deutschland und wurde nach
       Informationen der Bloggerin Annette Hauschild dabei vom BND als Informant
       angeworben. Interessant war A., weil er in der türkischen Terrorgruppe
       DHKP-C (revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front) mitarbeitete. Die
       DHKP-C führt in der Türkei einen bewaffneten Kampf mit zahlreichen
       Anschlägen. In Deutschland versucht sie vor allem, Spenden einzuwerben.
       
       A. wurde 2010 verhaftet und wegen Mitgliedschaft in der DHKP-C angeklagt.
       Er soll unter anderem 30.000 Euro nach Rotterdam geschafft haben. 2008/09
       sei er für einige Monate DHKP-C-Gebietsverantwortlicher für Deutschland
       gewesen. Außerdem soll er seinen Nachfolger Sadi Naci Ö. aus Frankreich
       nach Deutschland eingeschleust haben.
       
       ## 134 Treffen mit BND-Beamten
       
       Seine Anwälte Michael Biela-Bätje und Markus Bündgens forderten die
       Einstellung des Prozesses, da ein „Verfahrenshindernis“ vorliege. A. könne
       nicht bestraft werden, da er während seiner Mitgliedschaft in DHKP-C
       zugleich V-Mann des BND gewesen sei. Er habe somit quasi mit amtlicher
       Befugnis gehandelt. A. hatte sich immerhin 134-mal mit BND-Beamten
       getroffen, bekam vom BND ein monatliches Salär und im Jahr 2008 sogar eine
       Sonderzahlung von 10.000 Euro. Der BND war auch über all seine Aktivitäten
       informiert, teilweise sogar schon im Vorhinein.
       
       Doch das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf lehnte die Einstellung des
       Verfahrens ab. In ihrem Urteil vom September 2011 erklärten die Richter,
       dass sich auch V-Leute wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen
       Vereinigung strafbar machen können.
       
       Für V-Leute gelte das gleiche Recht wie für andere Bürger auch. Schließlich
       fehle eine „gesetzliche Ermächtigungsgrundlage“, die V-Leuten das Begehen
       von Straftaten erlaube. „Schwerwiegende Straftaten aus der Strafbarkeit
       auszunehmen, ist Sache des Gesetzgebers“, heißt es in dem als „geheim“
       eingestuften Urteil, das der taz auszugsweise vorliegt.
       
       Nur bei der Strafzumessung wurde die V-Mann-Tätigkeit A.s berücksichtigt.
       A. kam mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, zur Bewährung ausgesetzt,
       relativ glimpflich davon.
       
       ## Keine Chance vor dem Bundesgerichtshof
       
       Seine Verteidiger legten zunächst Revision gegen die Verurteilung ein. Am
       4. Oktober 2012 sollte die Verhandlung am Bundesgerichtshof stattfinden.
       Doch kurz zuvor nahmen sie die Revision zurück. Auf Nachfrage der taz
       wollte Anwalt Biela-Bätje dies nicht begründen. Aber es liegt nahe, dass er
       sich keine großen Erfolgsaussichten ausrechnete. Denn der BGH hatte sich
       mit dem Fall bereits im Oktober 2010 befasst. Damals wurde angeordnet, dass
       A. aus der Untersuchungshaft zu entlassen sei, weil er als V-Mann nur eine
       „deutlich reduzierte“ Strafe zu erwarten habe. Damit hatte der BGH indirekt
       aber auch die Verurteilung bereits vorab gebilligt.
       
       Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wird an diesem Donnerstag die
       Bund-Länder-Expertenkommission „Rechtsextremismus“ vorschlagen, dass in
       solchen Fällen die Staatsanwaltschaft von der Strafverfolgung absehen kann.
       
       22 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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