# taz.de -- Demos zum 1. Mai: Blumen für alle
       
       > 6.000 Teilnehmer beim traditionellen Marsch des DGB, Pfefferspray beim
       > Euromayday in Wilhelmsburg. Frauendemo in die Walpurgisnacht.
       
 (IMG) Bild: Prallvoll mit Maidemonstranten von Gewerkschaftern bis zur autonomen Szene: der Fischmarkt.
       
       Die Demonstrationen rund um den 1. Mai haben große Resonanz gefunden. Beim
       Euromayday am Gelände der Internationalen Gartenschau (IGS) in Wilhelmsburg
       kam es am Mittwoch zu einem Polizeieinsatz. Im Schanzenviertel blieb es in
       der Walpurgisnacht indes ruhig.
       
       ## Neupack-Streikende voran
       
       Mehr als 6.000 Teilnehmer zählte der DGB auf der traditionellen
       1.-Mai-Demonstration vom Spielbudenplatz zum Fischmarkt. Angeführt von den
       streikenden Beschäftigten der Firma Neupack. Der vordere Teil des Zuges
       widmete sich Themen wie soziale Gerechtigkeit, Frieden, Altersarmut und
       Erhalt von Arbeitsplätzen. Die Sparpolitik des SPD-Senats wurde kritisiert.
       Im hinteren Teil befand sich ein starker
       internationalistisch-revolutionärer Block, der das sozialpartnerschaftliche
       Verhalten der Gewerkschaften attackierte.
       
       Auch bei der Kundgebung auf dem Fischmarkt wurden die innerlinken
       Unterschiede hörbar: Während von der Hauptbühne der DGB-Chef Uwe Grund die
       Gemeinsamkeiten mit der Kirche hervorhob, kritisierten von der Seite her
       Sprecher aus einem Lautsprecherwagen des „schwarzen Blocks“ die Diakonie,
       bei der Menschen zu „Hungerlöhnen“ angestellt seien. Grund prangerte die
       ungleiche Verteilung von Vermögen an. Diese Kluft zwischen „ganz reich und
       bitterarm“ werde immer größer, weil die Reichen geschont würden. „Die
       Steuerbetrügerei ist zur klassischen Oberschichtenkriminalität geworden.“
       
       Der Chef der IG Bergbau Chemie Energie (IG BCE) Michael Vassiliadis wurde
       während seiner Rede durch Sprechchöre „Neupack, Neupack“ übertönt.
       Schließlich versprach er, dass der seit sechs Monaten laufende Arbeitskampf
       erfolgreich zu Ende geführt werde und dass die IG BCE keine Nachteile für
       einzelne Streikende zulassen werde.
       
       ## Kirche hat noch viel zu tun
       
       Bei der anschließenden Kirchentags-Brückenveranstaltung von DGB und Kirchen
       sprach sich Bischöfin Kirstin Fehrs für einen Mindestlohn aus. „Wir
       brauchen dringend eine Schranke gegen Lohndumping, Tarifflucht und
       Niedriglohnkonkurrenz“, sagte Fehrs. Auch die Arbeitsbedingen bei
       kirchlichen Einrichtungen hätten für „viel Aufregung“ gesorgt, so Fehrs.
       „Da gibt es noch manches zu tun.“
       
       ## Blumen gegen Polizisten
       
       1.600 Menschen nahmen an der Euromayday-Parade vom Spielbudenplatz nach
       Wilhelmsburg und zum IGS-Gelände teil. Unter dem Motto „Reif für die Insel“
       protestierten die Demonstranten tanzend gegen steigende Mieten und
       „Prekarisierung“ und forderten auf einem Transparent „Reiche Eltern für
       Alle“. Vor dem IGS-Eingang kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei,
       als Demonstranten versuchten, sich Zugang zum Gelände zu verschaffen. Die
       Polizisten setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Die Protestierer
       revanchierten sich, indem sie Pflanzen vor dem Eingang ausrissen und unter
       „Blumen für alle“-Rufen auf Polizisten warfen.
       
       ## Macker von der Straße
       
       Am Vorabend hatte im Schanzenviertel eine queer-feministische Demonstration
       in die Walpurgisnacht stattgefunden. Ihr Motto „Take back the night“ richte
       sich gegen nächtliche Gefährdungen von Frauen, verkündeten die
       Demonstrantinnen zu Beginn vor der Roten Flora – also gegen sexuelle
       Übergriffe und Sexismus. Rund 300 Frauen- und Transgender-AktivistInnen
       liefen vor der Schanze zur St.Pauli Hafenstraße und skandierten lautstark
       „Für die Freiheit, für das Leben, Macker von der Straße fegen“ oder
       „Rollenbilder ha, ha, ha, Röcke sind für alle da“. Viele Teilnehmerinnen
       verhakten die Arme und spannten Banner an der Seite des Zuges. Ihr Ziel war
       es, Männer aus ihren Reihen fernzuhalten. Die Frauen baten männliche
       Journalisten und Passanten, Abstand zu halten. Auf dem Kiez sperrten
       Polizisten die Herbertstraße ab. Sie ist traditionell für Frauen gesperrt.
       
       Am späten Abend versuchten 15 Jugendliche, die alles verkörperten, was die
       Queer-Frauen zuvor kritisiert hatten, mehrfach Plakatwände auf der Straße
       aufzutürmen, die die Anwohner immer wieder wegräumten. Sie löschten auch
       einen kleinen brennenden Mülleimer. Gegen Mitternacht flanierten dann doch
       noch starke Polizeikräfte still auf das Schulterblatt und bezogen
       kurzzeitig vor der Roten Flora Position, ohne dass eine Flasche geflogen
       wäre.
       
       1 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
 (DIR) Annika Stenzel
       
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