# taz.de -- Türkisch-kurdischer Dialog: Mit Öcalan auf Friedenssuche
       
       > Auf einer Gefängnisinsel können kurdische Politiker zum ersten Mal mit
       > PKK-Chef Abdullah Öcalan sprechen. Ein wichtiger erster Schritt.
       
 (IMG) Bild: 14. Januar 2012: Öcalan-Demo in Dortmund.
       
       ISTANBUL taz | Erstmals seit der Verhaftung von PKK-Chef Abdullah Öcalan
       1999 überraschte am Freitag die Tageszeitung Radikal mit einem Foto aus dem
       Innern der Zelle des prominentesten Gefangenen der Türkei. Der Grund dafür
       ist spektakulär: Zum ersten Mal durften kurdische PolitikerInnen Öcalan auf
       seiner Gefangeneninsel Imrali im Marmarameer besuchen.
       
       Ahmet Türk, neben Leyla Zana der bekannteste und angesehenste kurdische
       Politiker, und die Abgeordnete der kurdischen BDP Ayla Akat, die für die
       Partei im Verfassungsausschuss des Parlaments sitzt, wurden am
       Mittwochmorgen von einem kleinen Istanbuler Hafen aus quer über das
       Marmarameer nach Imrali gebracht. Dort hatten sie dann mehrere Stunden
       Zeit, mit Abdullah Öcalan zu reden. Öcalan soll sie mit dem Satz begrüßt
       haben: „Wir haben keine Minute zu verlieren, um für den Frieden zu
       arbeiten.“
       
       Das Treffen auf Imrali ist der bislang sichtbarste Ausdruck dafür, dass die
       türkische Regierung und vor allem Ministerpräsident Tayyip Erdogan es jetzt
       offenbar ernst meinen mit einer politischen Lösung der kurdischen Frage.
       
       Ebenfalls am Mittwoch war bekannt geworden, dass der Geheimdienstchef Hakan
       Fidan persönlich am 23. und 24. Dezember zwei Tage auf Imrali verbracht
       hatte, um mit Öcalan über dessen Roadmap zum Frieden zu reden. Anschließend
       erklärte der Sicherheitsberater Erdogans, Öcalan sei nach Auffassung der
       Regierung nach wie vor die Schlüsselfigur für eine politische Lösung mit
       der PKK.
       
       Anders als bei den bisherigen Verhandlungsversuchen mit Öcalan und anderen
       PKK-Vertretern findet der Prozess dieses Mal nahezu öffentlich statt. Die
       Regierung verhindert damit, dass Verhandlungen wie 2011 durch
       Indiskretionen sabotiert werden können.
       
       ## „Demokratischen Autonomie“
       
       Nach bislang noch unbestätigten Meldungen wird in der Anfangsphase der
       Gespräche darüber geredet, dass Öcalan zu einem Waffenstillstand aufruft
       und die Regierung im Gegenzug eine Reihe kurdischer Gefangener freilässt.
       Werden die ersten Schritte erfolgreich absolviert, soll dann über das
       Konzept der „Demokratischen Autonomie“ geredet werden, die die Kurden für
       sich fordern.
       
       Beide Seiten wissen aber, dass dafür noch viel gegenseitige
       Vertrauensarbeit geleistet werden muss. Erste Schritte dazu sind bereits
       erkennbar. Die größte türkische Tageszeitung Hürriyet druckte gestern ein
       Foto von vor 20 Jahren, auf dem Öcalan wie ein Staatsmann mit Anzug,
       Schlips und Kragen gemeinsam mit dem heutigen irakischen Staatspräsidenten
       Dschalal Talabani und seinem Besucher Ahmet Türk abgebildet ist.
       
       4 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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