# taz.de -- EU-Parlament bremst Acta: Gerüchte und Fakten auseinanderhalten
       
       > Nach der EU-Kommission will auch das EU-Parlament den Europäischen
       > Gerichtshof einschalten. Die Bearbeitung einer Klage dürfte bis zu zwei
       > Jahre dauern. 
       
 (IMG) Bild: Das in der Debatte um Acta nun der EU-Gerichtshof eingeschaltet werden soll, können die Kritiker als ersten Erfolg verbuchen.
       
       BRÜSSEL taz | Das Anti-Piraterie-Abkommen Acta rückt in die Ferne. Nachdem
       die Europäische Kommission dem Europäischen Gerichtshof den umstrittenen
       Vertrag gegen Produktpiraterie zur Prüfung vorgelegt hat, erwägt nun das
       Europäische Parlament, eine zusätzliche Anfrage an die Luxemburger Richter
       zu schicken. „Wir befürchten, dass die Europäische Kommission die
       Grundrechtecharta aus ihrer Anfrage ausklammern wird“, sagt der grüne
       EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht.
       
       Die Kommission wolle damit verhindern, dass die Richter sich zu eventuellen
       Beschränkungen der Freiheit im Internet durch Acta äußern. „Deshalb
       überlegen wir, eigene Fragen zu formulieren.“ Bis Mai wollen die
       Abgeordneten des zuständigen Ausschusses für internationalen Handel alle
       Kritikpunkte an dem bestehenden Abkommen zusammentragen.
       
       Spätestens dann wollen sie entscheiden, ob sie ebenfalls vor den
       Europäischen Gerichtshof ziehen. Die Bearbeitung einer solchen Klage dauert
       erfahrungsgemäß 18 bis 24 Monate. So lange dürfte in Brüssel also keine
       Entscheidung über Acta fallen, und das Abkommen kann nicht in Kraft treten.
       Damit können die Kritiker einen ersten Erfolg verbuchen.
       
       Die EU-Abgeordneten sind nun vor allem darum bemüht, Gerüchte und Fakten
       rund um das Abkommen auseinanderzuhalten. Die grüne Parlamentarierin Helga
       Trüpel etwa kann nicht nachvollziehen, was sie bei den Anti-Acta-Protesten
       in ihrer Heimatstadt Bremen gehört hat: „Die Jugendlichen behaupten, Acta
       würde Facebook oder Twitter verbieten.
       
       ## Netzsperren nicht direkt im Acta-Text
       
       Sie befürchten, sie könnten nicht mehr ungehindert ihre E-Mails
       verschicken. Aber das ist Panikmache.“ Netzsperren oder das Verbot von
       sozialen Netzwerken finden sich tatsächlich nicht direkt im Acta-Text.
       Allerdings gibt es bestimmte Formulierungen, die eine Beschneidung der
       Internetfreiheit zur Folge haben könnten und zum Beispiel Privatpersonen
       für illegale Downloads in unverhältnismäßigem Ausmaß haftbar machen.
       
       Helga Trüpel will deshalb nicht für Acta stimmen. Trotzdem will sie einen
       besseren Schutz von Urheberrechten im Internet. „Es kann nicht sein, dass
       kreative Arbeit all ihren Wert verlieren und Gemeineigentum werden soll“,
       sagt sie. Die Abgeordnete fordert beispielsweise, legale Angebote zum
       Download von Musik und Videos zu verbessern und die Künstler selbst an den
       Gewinnen in der virtuellen Welt zu beteiligen.
       
       Für viel problematischer als Acta hält sie die Überarbeitung der bisherigen
       Richtlinie zur Durchsetzung von Urheberrechten (Ipred), die die
       EU-Kommission im Herbst vorlegen will. Darin könnte die Behörde wesentlich
       konkretere Beschränkungen und Regeln fordern als bisher in Acta. Auch wenn
       Acta nicht kommt, geht der Kampf um die Internetfreiheit in der
       Europäischen Union also weiter.
       
       2 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ruth Reichstein
       
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