# taz.de -- Honduras gestürzter Präsident: Zelaya in Falle der Putschisten
       
       > Auch nach dem von den USA vermittelten Abkommen mit Honduras
       > De-facto-Regierung ist eine Rückkehr des gestürzten Präsidenten in sein
       > Amt nicht garantiert.
       
 (IMG) Bild: Sitzt seit sechs Wochen in der brasilianischen Botschaft in Tegucigalpa: der gestürzte Präsident Manuel Zelaya.
       
       Manuel Zelaya, der vor vier Monaten weggeputschte Präsident von Honduras,
       scheint mit der Unterzeichnung des Abkommens von letzter Woche in eine
       Falle getappt zu sein. Die anfangs von Zelaya und seinen Anhängern
       gefeierte Einigung mit der De-facto-Regierung unter Roberto Micheletti
       enthält keinen Punkt, in dem sich die Machthaber zur Wiedereinsetzung des
       politischen Rivalen verpflichten. Wie die Mitglieder der
       Verhandlungskommission Michelettis bei einem Pressefrühstück am Montag
       wortreich erklärten, sei es den Abgeordneten des Kongresses überlassen,
       darüber zu entscheiden. Dass der Kongress, der Zelaya Ende Juni fast
       einstimmig für abgesetzt erklärt hatte, jetzt seine Position ändert, halten
       sie für unwahrscheinlich.
       
       Die Einigung war Ende letzter Woche unter der Regieführung von
       US-Vizeaußenminister Thomas Shannon in Tegucigalpa erzielt worden. Darin
       ist die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit bis 5. November
       vorgesehen. Zelaya, der seit seiner heimlichen Rückkehr nach Honduras vor
       sechs Wochen wie ein Gefangener in der brasilianischen Botschaft in
       Tegucigalpa sitzt, geht davon aus, dass er diese Regierung anführen wird.
       
       Davon, dass er einer breit zusammengesetzten Übergangsregierung überhaupt
       angehören wird, ist aber im Abkommen keine Rede, wie Verhandlungsführer
       Armando Aguilar Cruz konstatiert. Nicht einmal für die Einberufung des
       Parlaments gibt es einen Termin. Vorher müssen der Oberste Gerichtshof und
       mögliche andere Staatsorgane ihre Rechtsmeinung abgeben. Die strikte
       Einhaltung der Legalität ist ihnen heute ein großes Anliegen. Das war vor
       vier Monaten anders: Als der Kongress Ende Juni eine gefälschte
       Rücktrittserklärung Zelayas absegnete, obwohl die Verfassung das nicht
       vorsieht, legte man weniger Wert auf die Einhaltung der Spielregeln. Auch
       der Oberste Gerichtshof war gar nicht befugt, diesen Beschluss des
       Parlaments für verfassungskonform zu erklären. Erst im Nachhinein wurde der
       Putsch mit dem Argument gerechtfertigt, Zelaya habe eine unzulässige
       Verfassungsreform angestrebt.
       
       Im Kongress von Honduras herrscht in der Regel Fraktionszwang. Doch in den
       großen Parteien gibt es verschiedene Strömungen, die sich immer wieder der
       Parteidisziplin widersetzen. Die Regierung behauptet also, sie hätte gar
       nicht die Möglichkeit, die Abgeordneten in eine Richtung zu beeinflussen
       und hat auch gar nicht die Absicht, auf die Restitution Zelayas
       hinzuwirken. Im Gegenteil: das Verhandlungsteam geht davon aus, dass jede
       der beiden Seiten vor der Abstimmung Lobbyarbeit machen werde. Aguilar Cruz
       beteuert, dass es keine Geheimabsprachen gebe, mit denen Thomas Shannon das
       erwünschte Ergebnis garantiert hätte.
       
       Mit der Unterschrift unter die Einigung, die den Titel "Abkommen von
       Tegucigalpa/San José" trägt, hat das Verhandlungsteam Zelaya also der
       Willkür der mehrheitlich feindlich gesinnten Abgeordneten ausgeliefert. USA
       und Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) legitimieren aber im Gegenzug
       den Wahlprozeß, aus dem am 29. November ein neuer Präsident hervorgehen
       soll. Seit dem 2. November stellt das US-Konsulat in Tegucigalpa wieder
       Visa an honduranische Staatsbürger aus, die lateinamerikanischen Staaten
       schicken ihre nach dem Putsch abgezogenen Botschafter wieder auf ihren
       Posten. Eine Verifizierungskommission mit internationaler Beteiligung darf
       nur prüfen, ob der Wortlaut des Abkommens eingehalten wird. Dafür genügt
       es, dass die Frage der Wiederherstellung des status quo ante dem Parlament
       vorgelegt wird.
       
       Jesús Garza, Vorsitzender der Coalición Hondureña de Acción Ciudadana
       (CHAAC), einer Bürgerbewegung, die sich der Front gegen den Staatsstreich
       angeschlossen hat, sieht die Perspektive für eine Rückkehr Zelayas
       pessimistisch. Die Widerstandsbewegung habe aber noch nicht reagiert, weil
       sie das Abkommen zu naiv interpretiere. Tatsächlich hat es seit Tagen keine
       Mobilisierung mehr gegeben. Sollte die erwartete Wiedereinsetzung des
       Präsidenten aber ausblieben, fürchtet Garza Protestaktionen, die sich nicht
       mehr steuern lassen: "Es ist nicht auszuschließen, dass am Wahltag Urnen
       verbrannt werden".
       
       Zuversichtlicher gibt sich Marvin Ponce, einer der fünf Abgeordneten der
       linken Unión Democrática, die vor allem in den Armenvierteln der Hauptstadt
       verankert ist. Er glaubt, der Kongress werde sich nicht verweigern. Zelaya
       kann neben den Abgeordneten der Linken auf 20 Getreue in der Liberalen
       Fraktion zählen.
       
       Für eine Mehrheit im 128 Sitze starken Kongress sind die 54 Mandatare der
       Nationalen Partei (PN) unentbehrlich. Porfirio Lobo,
       Präsidentschaftskandidat der PN und voraussichtlicher Wahlsieger, muss
       größtes Interesse haben, dass seine künftige Regierung nationale wie
       internationale Legitimität genießt. Er hält sich aber bedeckt und
       dementiert geheime Absprachen mit dem Vermittler aus den USA ebenso wie
       US-Botschafter Hugo Llorens. Für Spannung wird also noch längere Zeit
       gesorgt sein.
       
       3 Nov 2009
       
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 (DIR) Ralf Leonhard
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