# taz.de -- Ratzinger empfängt Lama nicht: Zu Kreuze kriechen
       
       > Der Dalai Lama wird nicht im Vatikan empfangen. Grund: die Spaltung von
       > Chinas Katholiken. Dabei haben die geistlichen Oberhäupter ähnliche
       > Probleme.
       
 (IMG) Bild: Geistliches Oberhaupt der Katholiken.
       
       Als "Investiturstreit" bezeichnet man den Höhepunkt eines Konflikts
       zwischen weltlicher und geistlicher Macht im Mittelalter. 1077 stapfte
       Heinrich IV., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation,
       barfuß im Büßergewand durch den Schnee, um den von Papst Gregor VII.
       verhängten Bann aufheben zu lassen. Nach Heinrichs Gang nach Canossa hatte
       der Papst gesiegt: Er und nicht der Kaiser besaß von nun an das Recht,
       Bischöfe und Äbte in ihre Ämter einzusetzen.
       
       Ein kleiner Investiturstreit, dafür aber hoch globalisiert, findet derzeit
       zwischen Papst Benedikt XVI. und der chinesischen Führung statt. Ausbaden
       muss das der Dalai Lama. Papst Benedikt XVI. wird das geistliche Oberhaupt
       der Tibeter nicht empfangen. Ein inoffiziell für den 13. Dezember
       vorhergesehenes Treffen werde nicht stattfinden, hieß es am Montag aus dem
       Vatikan. Peking hatte im Vorfeld des geplanten Treffens Anfang November
       gebetsmühlenartig gewarnt: "Wir hoffen, dass der Vatikan nichts unternimmt,
       was die Gefühle des chinesischen Volkes verletzt, und Ernsthaftigkeit
       zeigt, die Beziehungen zu China durch konkrete Schritte zu verbessern."
       
       Nun lässt sich zu Recht kritisieren, dass der Dalai Lama von Angela Merkel
       im Kanzleramt empfangen wurde. Dazu muss man nicht einmal Antipathien gegen
       den lächelnden Sandalenträger hegen. Es genügt, sich die Frage zu stellen,
       weshalb geistliche Oberhäupter überhaupt offiziell von säkularen
       Staatschefs empfangen werden müssen. Doch warum sollten sich nicht zwei
       geistliche Oberhäupter wie Papst und Dalai Lama treffen? Schließlich hat
       Papst Benedikt auch schon Boulevard-Persönlichkeiten wie die Eltern der
       entführten Maddie empfangen. Noch dazu war der Dalai Lama häufiger Gast
       seines Vorgängers im Vatikan. Der Grund dürfte realpolitischer Natur sein:
       Die katholische Kirche ist seit dem Bruch der Kommunisten mit dem Vatikan
       1951 gespalten. Zehn Millionen Katholiken gehören einer Rom-treuen
       Untergrundkirche an. Ihre Anhänger leiden seit Jahrzehnten unter
       Verfolgungen. Eine von Peking kontrollierte Staatskirche lehnt die
       Autorität Roms ab. Der "Patriotischen Vereinigung der katholischen Kirche"
       (KPV) gehören etwa fünf Millionen Gläubige an. Ihr sind offiziell keine
       Kontakte zum Vatikan erlaubt und - sie ernennt ihre eigenen Bischöfe.
       
       Auch inhaltlich hat sich die KPV vom Vatikan entfernt: so unterstützt sie
       die künstliche Emfängnisverhütung und kritisiert Abtreibungen nicht. Als
       1957 die KPV gegründet wurde, exkommunizierte Papst Pius XII. just die
       Gründerbischöfe.
       
       Die Beziehungen zwischen Vatikan und KPV haben sich in den letzten Jahren
       leicht entspannt. Seit 2000 wurde kein Bischof mehr ohne Zustimmung des
       Vatikans geweiht. Mit dem Amtsantritt Benedikt XVI. begannen zaghafte
       Verhandlungen, bis die Kontakte im Mai 2006 abermals belastet wurden. Zwei
       Bischöfe wurden ohne Zustimmung des Vatikans geweiht - und prompt
       exkommuniziert. "Wie euch allen bekannt ist, liegt eines der heikelsten
       Probleme in den Beziehungen des Heiligen Stuhls mit den Autoritäten eures
       Landes in der Frage der Bischofsernennungen", heißt es in einem Brief des
       Papstes an die chinesischen Katholiken vom 30. Juni dieses Jahres. Mit dem
       Empfang des Dalai Lama würde er die mühsam erkämpften Fortschritte der
       letzten Jahre zunichte machen.
       
       Dabei vergisst Benedikt XVI., dass der Dalai Lama eigentlich dasselbe
       Problem hat: 1995 identifzierte die KP die elfte Reinkarnation des Panchen
       Lama und setzte ihn als geistiges Oberhaupt Tibets ein.
       
       27 Nov 2007
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Mattheis
       
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