# taz.de -- Erster Entwurf der Entwicklungsziele: Wunschzettel für eine bessere Welt
       
       > In diesem Jahr will die UNO neue Entwicklungsziele verabschieden – auch
       > für reiche Länder. Nun gibt es einen konkreten Entwurf.
       
 (IMG) Bild: Auch die sollen sich künftig entwickeln: reiche Konsumenten in den Industrieländern (hier in Berlin).
       
       Die To-do-Liste für die Menschheit ist 21 Seiten lang und voller Visionen:
       Eine Welt ohne Armut, Hunger und Gewalt, mit Gesundheit, Gerechtigkeit und
       Wohlstand für alle und einer sauberen Umwelt.
       
       Auf diese Vorschläge für weltweite Ziele haben sich die Unterhändler der
       UN-Staaten geeinigt, die am Mittwoch – gerade rechtzeitig zum G7-Treffen in
       Deutschland – die Liste der geplanten „Ziele für eine nachhaltige
       Entwicklung“, auf Englisch Sustainable Development Goals (SDG),
       veröffentlicht haben.
       
       Diese Ziele sollen bis 2030 von den Staaten der Welt verwirklicht werden.
       Die UN-Vollversammlung will sie im September beschließen.
       
       Ganz oben bei den insgesamt 17 großen Zielen steht „Armut in allen Formen
       überall beenden“. Daran schließen sich die Grundrechte auf ein
       menschenwürdiges Überleben an: Das Ende des Hungers, ein gesundes Leben in
       jedem Alter, Bildung, die Gleichberechtigung von Frauen und eine sichere
       Wasserversorgung.
       
       ## Alles drin an Zielen
       
       Es folgen die Garantien für ein Leben über dem Existenzminimum: Versorgung
       mit sauberer Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, eine „nachhaltige
       Industrialisierung“, weniger Ungleichheit in und zwischen den Staaten,
       nachhaltige Konsummuster und sichere Städte.
       
       Die letzten SDGs formulieren globale Ziele: Klimaschutz, Meeresschutz, den
       Erhalt der Artenvielfalt, friedliche Konfliktlösung und die „Mittel, um
       eine globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung umzusetzen.“
       
       Der Entwurf wird noch deutlich detaillierter. Zu jedem der 17 großen Ziele
       sind etwa zehn Unterziele definiert, um die oft schwammigen Begriffe zu
       konkretisieren. Weil viele Staaten ihre eigenen Ziele unbedingt in dem Text
       wiederfinden wollten, ist er auf etwa 170 Unterzielen aufgebläht worden.
       
       So definieren die Details zum Thema „Armut beenden“ etwa, dass arm ist, wer
       weniger als 1,25 Dollar am Tag verdient; dass nationale Armutsgrenzen
       berücksichtigt werden müssen, dass soziale Sicherungssysteme aufgebaut
       werden sollen, ordentliche Arbeitsplätze entstehen, alle Menschen das Recht
       auf Eigentum an Grund und Boden haben, gegen Naturkatastrophen abgesichert
       sind, nachhaltiges Wachstum zugesichert wird und die Biodiversität erhalten
       wird.
       
       ## Mehr oder weniger Fortschritte
       
       Die SDG sollen im Herbst die „Millenniums-Ziele“ der UN ersetzen, die 2000
       beschlossen wurden und 2015 auslaufen. In diesen acht allgemeinen
       Zielvorgaben hatten damals die UN-Staaten unter anderem zugesagt, die
       extreme Armut zu halbieren, die Kindersterblichkeit zu senken, die
       Ausbreitung von AIDS zu stoppen, allen Kindern eine Grundschule und
       „ökologische Nachhaltigkeit“ zu garantieren.
       
       Einige der Ziele wurden erreicht, etwa bei der Armutsbekämpfung, bei
       anderen gab es weniger Fortschritte. Neu an den SDGs ist nun vor allem,
       dass sie nicht nur für die Entwicklungsländer gelten, sondern für alle
       Staaten.
       
       Die SDGs sind oft kritisiert worden: So viele Ziele zu beschließen, sei
       gleichbedeutend damit, gar nichts zu beschließen. Der Chef des
       UN-Umweltprogramms Unep, Achim Steiner, verteidigt dagegen die Liste auch
       in ihrem Umfang: „Sie spiegelt die vielfältigen Realitäten der einzelnen
       Staaten wider und bringt uns alle an einen Tisch“, sagte Steiner gegenüber
       der taz.
       
       „Das zeigt, wie wir in Zukunft mit acht oder neun Milliarden Menschen
       gemeinsam diese Probleme angehen müssen“, ergänzt er. Es sei ein großer
       Fortschritt, „dass wir die Fragen der Umwelt, des Sozialen und der
       Wirtschaft in diesen Zielen integriert haben.“ Wichtig sei auch der
       universelle Ansatz: „Alle müssen sich bewegen, nicht nur die
       Entwicklungsländer.“
       
       Die wirklich harten Nüsse sind in dem ersten Entwurf der Sustainable
       Development Goals noch ausgespart. Viele konkrete Zahlen in den Unterzielen
       sind durch einen Platzhalter „x“ freigehalten.
       
       ## EU muss Steuersystem ändern
       
       So drücken sich die Verhandler bislang um eine Aussage dazu, wie hoch 2030
       die Lebenserwartung sein soll, wie sehr die Effizienz beim Umgang mit
       Wasser und Energie verbessert werden sollen, wie hoch das
       Wirtschaftswachstum und die Recyclingquote für Abfall ausfallen soll oder
       um wie viel die Verschmutzung der Meere und die Zahl der Toten durch Gewalt
       reduziert werden sollte. Auf die Unterhändler warten hier noch lange
       Nächte, um alle diese x-Vermerke bis September im Konsens mit Zahlen zu
       füllen.
       
       Für die Europäische Union werde besonders das letzte Ziel zu einer
       Herausforderung, meint der EU-Kommissar für internationale Kooperation und
       Entwicklung, Neven Mimica. Denn „Mittel zur Umsetzung“ der Ziele heißt auf
       UN-Sprache: Das Geld aufbringen.
       
       „Für Europa wird das bedeuten, dass wir unser Steuersystem transparenter
       machen müssen“, sagte Mimica gegenüber der taz. Die EU müsse sich verstärkt
       gegen Steuerflucht engagieren. „Wir müssen unsere Steuerbasis sicherstellen
       und dafür sorgen, dass Profite da besteuert werden, wo sie anfallen. Wir
       können nicht von anderen Staaten etwas verlangen, was wir selbst nicht
       tun“, ergänzt er.
       
       5 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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