# taz.de -- Koalitionsverhandlungen im Burgenland: Sozialdemokratisches Tabu gebrochen
       
       > Im Burgenland will die sozialdemokratische SPÖ mit der rechten FPÖ
       > zusammen eine Landesregierung bilden. Das gab es noch nie.
       
 (IMG) Bild: Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) sieht kein Problem in einer Koalition mit der FPÖ.
       
       WIEN taz | Tabubruch ist der Begriff, der derzeit in Österreichs Politik am
       meisten strapaziert wird. Auch von den Jungsozialisten, die am Freitag vor
       der SPÖ-Parteizentrale in Wien demonstrierten. Diesen Tabubruch werfen sie
       Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl vor, der am Donnerstag bekanntgab,
       er werde mit der FPÖ Koalitionsverhandlungen führen. Am Freitag gab er den
       erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen bekannt. Die FPÖ wird demnach die
       Ressorts Sicherheit und Tourismus übernehmen.
       
       Bei den Landtagswahlen vom vergangenen Sonntag hatte Niessls SPÖ die
       absolute Mehrheit verloren – sie kontrolliert nur noch 15 von 36 Sitzen.
       Wahlgewinner war die rechte FPÖ, die ihren Stimmenanteil mehr als
       verdoppeln konnte und jetzt sechs Mandate besetzt. Rechnerisch ginge sogar
       eine Mitte-rechts-Koalition von ÖVP, FPÖ und Liste Burgenland (LB). Die LB
       ist eine FPÖ-Abspaltung und errang ein Mandat.
       
       ÖVP-Spitzenkandidat Franz Steindl soll in Versuchung gewesen sein, sich von
       den Rechten zum Landeshauptmann wählen zu lassen. Dem sei er durch seine
       Annäherung an die FPÖ zuvorgekommen, sagt Niessl.
       
       Die Bundesparteizentrale der SPÖ hat er damit in höchste Verlegenheit
       gebracht. Kanzler Werner Faymann hat die SPÖ immer als Bollwerk gegen die
       Rechten positioniert – jetzt verhält er sich auffallend ruhig.
       
       ## Die SPÖ spielte im Wahlkampf mit rechten Themen
       
       Hans Niessl und sein FPÖ-Gegenüber Johann Tschürz machen den Eindruck, als
       hätten sie schon vor den Wahlen alles klargemacht. Tschürz freute sich über
       „lösungsorientierte“ Verhandlungen und wünschte sich „ein Ressort, das mit
       der Sicherheit in Verbindung steht“.
       
       Dem wollte Niessl nichts entgegensetzen: „Er ist Polizist, und ich denke,
       dass zu einem Polizisten das Thema Sicherheit sehr gut passt.“ Niessl
       selbst hatte im Wahlkampf ohne Not das Sicherheitsthema gespielt,
       ungeachtet der Tatsache, dass sein Bundesland am wenigsten von Kriminalität
       heimgesucht wird. Und obwohl es im Burgenland kaum Asylbewerber gibt,
       wurden auch mit der Flüchtlingsfrage Ängste geschürt.
       
       In der SPÖ verweist man gerne auf die desaströse Bilanz der blauen
       Regierungsbeteiligung unter ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel ab 2000 und auf
       das von Jörg Haider abgewirtschaftete Kärnten. Künftig werde man damit
       nicht mehr argumentieren können, meinen etwa Vertreter der Sozialistischen
       Jugend.
       
       Manche sehen bereits eine Zerreißprobe der Partei, die bei den nächsten
       Wahlen ihren Höhepunkt finden könnte. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache
       will in Wien an die derzeit mit den Grünen regierende SPÖ heranrücken und
       eine Machtbeteiligung erzwingen.
       
       5 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
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