# taz.de -- Die Wahrheit: Die Tribute von Leipzig
       
       > Wussten Sie, dass Leipzig gerade seinen 1.000 Geburtstag feiert? Mit
       > einem rummeligen Stadtfest? Na, dann besuchen wir die Party doch mal …
       
       Was das für ein Fest sei, fragte ich meine Bekannte, als wir in der Tram am
       Leipziger Augustusplatz vorbeizuckeln. „Ach das“, antwortet sie und zuckt
       mit den Schultern, „das ist das Stadtfest zum 1.000. Geburtstag der Stadt.“
       Ich bin überrascht: Eine 1.000-Jahr-Feier, ohne dass es außerhalb irgendwer
       mitbekommt? Also, raus aus der Tram und rein in den Trubel - mal schauen,
       wie diese angenehmste aller ostdeutschen Städte ihren Geburtstag begeht.
       
       Die Hälfte des Platzes zwischen Oper und Gewandhaus hat Super RTL mit
       seinem Kinderprogramm „Toggo“ in Beschlag genommen: Hier gibt es einen
       Toggo-Fanshop, eine Toggo-Kletterwand, eine Toggo-Bühne – und für die
       Allerkleinsten eine Toggolino-Hüpfburg. Natürlich geben sich die
       Toggolino-Stars Kuma, Käptn Barnius und Toggolino höchstpersönlich die
       Ehre. Ich habe zwar keinen Schimmer, wer das ist, aber: Schön, dass Leipzig
       das Jubiläum nutzt, um Unwissende in die bunte Toggo-Welt einzuführen.
       
       Weiter gehts in die angrenzende Fußgängerzone, wo sich Stände mit
       Großenhainer Knoblauchbrot, die Galeria Summer Lounge und Steffi‘s
       Baumstriezlei (nur echt mit dem sächsischen Genitiv!) zu einer Art
       Malle-Meile für Daheemegebliebene aneinanderreihen. Hinter einem geöffneten
       Gitarrenkoffer steht Jimmy Kelly und klampft sich durch countryeske
       Klassiker. Zur Sicherheit hat er ein Schild mit der Aufschrift „Jimmy Kelly
       – Kelly Family“ aufgestellt.
       
       Auf der Hauptbühne am Markt geben sich stattdessen Mr. Joe & Band (Joe
       Cocker Tribute), Cassandra Dees Revival Show (Tina Turner Tribute) und
       MerQury (Queen Tribute) ein Stelldichein, mit anderen Worten: Es gibt die
       durchgenudeltsten Hits der siebziger und achtziger Jahre in einem
       sächsischen Aufguss zu hören. Auf der Bühne am Burgplatz lassen Achim
       Mentzel, Ute Freudenberg und Frank Schöbel Sehnsucht nach der schlechten
       alten Zeit aufkommen. Also schnell zurück zum guten alten Jimmy und etwas
       Westgeld in seinen Koffer kredenzt.
       
       Ach, Leipzig: Was hätte man hier nicht alles feiern können! Das
       Gewandhausorchester und den Thomanerchor; Bach, Bartholdy und die Leipziger
       Messe; die verkackte Olympiabewerbung von 2004 und das Aufrollen des
       deutschen Profifußballs durch einen Brausehersteller. Und wo sind
       eigentlich die Prinzen, wenn man sie mal braucht? Immerhin haben die
       eingeborenen A-cappella-Artisten 2,5 Prozent des Leipziger Jahrtausends
       begleitet – und mit dem Gassenhauer „Ich wär so gerne Millionär“ der
       Leipziger Volksseele mit ihrer eigenen Mischung aus
       Minderwertigkeitskomplex und Größenwahn ein musikalisches Denkmal gesetzt.
       
       Kein Wunder, dass am Freitag ein paar enttäuschte Feierbiester versuchten,
       dieses „Finale furioso der Party-Tage“ (LVZ) mit einem Feuerwerk aus
       Böllern und brennenden Reifen aufzupeppen. Ach, ach: So trostlos ist dieses
       Trauerspiel in der Camouflage eines Stadtfests, dass man sich wünscht, man
       wäre einfach in der Tram seiner Wege gezuckelt. Denn so eine
       Geburtstagsfeier hat die alte Schlampe Leipzig nun wirklich nicht verdient.
       
       8 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philip Meinhold
       
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