# taz.de -- Kolumne B-Note: Unter dem Stammtisch
       
       > Kinder lassen sich von Widrigkeiten die Stimmung nicht vermiesen: Wie
       > Nadine Angerer nun Manuel Neuer verdrängt.
       
 (IMG) Bild: Bei Kindern beliebt: Nadine Angerer im Nahkampf.
       
       Erzähl das lieber nicht den Kindern, sagte meine Frau morgens nach dem
       nächtlichen 10:0 der deutschen Mannschaft im ersten WM-Spiel. Sonst würde
       sich die Begeisterung der Kinder für Fußball im Allgemeinen und für
       Deutschland im Besonderen womöglich ins Unermessliche erhöhen, meinte sie
       besorgt. Aber, denke ich: Wäre das so schlimm?
       
       Gut, bevor die Schwarz-Rot-Gold-Liebe ins Pegidahafte kippt, müsste ich
       einschreiten. Aber im Moment gibt es andere Gefahren: Die WM der Frauen
       wird unter den Fußballstammtisch gekehrt (kein Kicker-Sonderheft!) und in
       ihrer Tragweite unterschätzt. Auch von mir. „Kaufen wir jetzt wieder ein
       Panini-Album?“, wollte meine Tochter (5) jetzt wissen.
       
       „Äh. Hmm“, murmelte ich, dachte an die Kosten und stammelte: „Ich weiß gar
       nicht, ob es diesmal eins gibt.“ – „Weil die Frauen nicht so bekannt sind?
       Weil die nicht so wichtig sind?“, fragte meine kleine Mitbewohnerin. Was
       soll man darauf sagen: „Ja, so was gibt es nur bei den Männern“?
       
       Natürlich klapperten wir einen Kiosk nach dem anderen ab, bis wir endlich
       irgendwo fündig wurden. Kein Vergleich zur Männer-WM 2014, wo einem die
       Paninis überall nachgeschmissen wurden. Bei manchen Bildern von
       kurzhaarigen Spielerinnen kommen peinliche Fragen auf, die an den
       unsäglichen Fifa-Geschlechtstest erinnern: „Ist das ein Mann, darf der da
       mitspielen?“
       
       Viel größer ist allerdings das Problem der späten Anstoßzeiten. Kita-Kinder
       bis nach Mitternacht fernsehen zu lassen geht dann doch zu weit. Sie
       kriegen also nur häppchenweise Aufzeichnungen zu sehen. Trotzdem
       funktioniert das Umschalten perfekt: Mein Sohn (4) malt statt endloser
       Manuel-Neuer-Bilder jetzt „die deutsche Torwärterin“ – und bekam dafür
       sogar schon von Nadine Angerer herself ein „like“ (ja, die deutschen
       WM-Frauen beantworten ihre Fanpost noch persönlich).
       
       Aber das sollte ich meinem Sohn lieber nicht erzählen. Sonst wird er noch
       so unermesslich stolz wie sein Papa.
       
       11 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lukas Wallraff
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Frauen-Fußball-WM 2023
 (DIR) Nadine Angerer
 (DIR) Deutscher Fußballbund (DFB)
 (DIR) Frauenfußball
 (DIR) WM 2015
 (DIR) Fußballweltmeisterschaft
 (DIR) Die Kriegsreporterin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kolumne B-Note: Auf ein Neues in Katar
       
       DFB-Präsident Wolfgang Niersbach gratuliert den deutschen Fußballerinnen zu
       ihrem WM-Auftritt. Der Brief ist der taz zugespielt worden.
       
 (DIR) Kolumne B-Note: Basta-Politik im Fußball
       
       Nur Frauen dürfen Frauen trainieren. Das ist reaktionär, denn es bedeutet
       auch: Frauen dürfen keine Männer trainieren.
       
 (DIR) B-Note: Warum über Fußball reden?
       
       Die Kommentatoren der WM-Spiele in Kanada leiden unter einer seltsamen
       Beißhemmung. Auch schlechte Partien werden schön geredet.
       
 (DIR) DFB-Teammanagerin über die WM: „Warum nicht Mädels sagen?“
       
       DFB-Teammanagerin Doris Fitschen erklärt, warum sie übertriebenen
       Feminismus „amüsant“ findet und immer schon Libero statt Libera gesagt hat.
       
 (DIR) Kolumne Die Kriegsreporterin: Die WM der Tittenträgerinnen
       
       Die Fifa besteht auf dem Unterschied zwischen Fußball und Frauenfußball.
       Frauen sind ja nur Behinderte mit Titten, die einem Ball nachstolpern.