# taz.de -- Tierschutz total: Auf den Hund gekommen
       
       > Tierschützer mit Schäferhündin „Laya“ wird die Teilnahme an einer
       > Tierrechtsdemo zu einem Tierversuchslabor untersagt.
       
 (IMG) Bild: Durfte nicht demonstrieren: Sch. (hinter dem Hasen) und dessen Hündin Laya
       
       HAMBURG taz | Es klingt alles nach einem Slapstick. Dumm gelaufen – der
       Polizist war einfach schlecht drauf. Doch für den Hundehalter Sven Sch. ist
       es ein „massiver Eingriff in mein Grundrecht auf Demonstration gewesen“,
       sagte er gegenüber der taz. „Das war Polizeiwillkür und Abschreckung.“ War
       es doch für ihn in seinem Leben erst die zweite Demo, woran er teilnehmen
       wollte, nachdem die Protestaktion sechs Tage zuvor gegen die Tierversuche
       bei der „Laboratory of Pharmacology and Toxicology GmbH & Co. KG“ (LPT) in
       Neugraben 800 Menschen angelockt hatte.
       
       Seit Monaten ist das LPT am Redderweg 8 im Rahmen einer bundesweiten
       Kampagne gegen Tierversuche wöchentliches Ziel einer Handvoll
       Tierrechtlern, um gegen die Tötung tausender Tiere im Namen der
       kommerziellen Forschung zu protestieren und die Einstellung der
       Tierversuche durchzusetzen. Diesmal wollte auch Sven Sch. teilnehmen.
       
       Doch bei seiner zweiten Demo gab es prompt Ärger. Es sei ihm forsch vom
       Einsatzleiter die Teilnahme an dem Tierrechts-Protest untersagt worden,
       weil er mit seiner Hündin „Laya“ gekommen sei. „Ein paar Tage vorher bei
       der Großdemo war es kein Problem, dass ich mit Laya teilgenommen hatte“,
       sagt Sch. „Sie ist die ganze Zeit ohne Leine neben mir gelaufen.“ Es mache
       ja auch überhaupt keinen Sinn, für den Tierschutz zu demonstrieren, wenn
       Tiere nicht dabei sein dürfen, befindet Sch.
       
       Laya ist eine zwölf Jahre alte Altdeutsche Schäferhündin, die gut erzogen
       ist. „Ein Polizeihunde-Ausbilder hat Laya geprüft und sie hat von ihm eine
       Leinenbefreiung bekommen“, berichtet Sven Sch. Dennoch sei er von dem
       Polizisten aufgefordert worden, die Versammlung zu verlassen. Gefragt nach
       den Gründen, habe der Einsatzleiter sinngemäß patzig gesagt: „Das hab ich
       gar nicht nötig, ihnen das zu sagen.“
       
       Sven Sch. und Laya seien dann eine Weile zehn Meter vor der Demo gegangen,
       bis ihn der Beamte erneut angesprochen habe, von der Demonstration Abstand
       zu halten. Kurz darauf sei ihm ein Platzverweis mit der Auflage erteilt
       worden, der Demo im Abstand von 50 Metern auf dem Fußweg zu folgen. „Ich
       wollte mich der Weisung eigentlich widersetzen und festnehmen lassen – ich
       hab noch nie ein Gefängnis von innen gesehen – ich hatte aber am nächsten
       Tag etwas Wichtiges vor, so dass ich mich nicht widersetzt habe“, erklärt
       Sch.
       
       Im Redderweg bei LPT angekommen, der über keinen Fußweg verfügt, erkannte
       der Polizist die Kontraproduktivität seines Handelns. Während die
       Tierrechtler neben dem Werkstor ihre Kundgebung abhielten, stand Sven Sch.
       in 50 Metern Abstand mit Laya mitten auf dem Redderweg und blockierte somit
       die Zufahrt zu den LPT-Laboratorien. Nur habe er vom selben Einsatzleiter
       explizit die Aufforderung bekommen, zu den Anderen zu gehen und dort mit zu
       demonstrieren, damit das Tor frei zugänglich werde. Auf abermalige
       Nachfrage über den Sinn der vorherigen Maßnahme habe der Beamte diese nun
       mit Tierschutz begründet: „Die Polizei schützt schließlich auch Tiere, wir
       wollten ihr Tier vor möglichem Lärm schützen.“
       
       Die Polizei hat sich diese Version offiziell zu eigen gemacht. „Laut dem
       Bericht soll die Maßnahme zum Schutz des Hundes angeordnet worden sein“,
       sagt Polizeisprecherin Karina Sadowski. „Die Lautsprecheranlage soll sehr
       laut gewesen sein.“
       
       „Das ist total abwegig“, sagt der Versammlungsrechts-Experte Carsten
       Gericke. „So ein Quatsch hab ich noch nie gehört.“ Teilnahme-Verbote können
       nur ausgesprochen werden, wenn es „Tatsachen“ gebe, dass von Individuen
       eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe. „Es sieht
       so aus, dass da reine Schikane ausgeübt worden ist“, vermutet Anwalt
       Gericke.
       
       Das sieht auch Sven Sch. so, der Strafantrag gestellt und eine Beschwerde
       an Innensenator Michael Neumann (SPD) geschrieben hat. „Denn die Polizei in
       Neugraben versucht durch ihre Willkür die Demonstrationen gegen das
       LPT-Versuchslabor massiv zu behindern“, begründet Sch. sein Vorgehen. Die
       Reaktionen bislang sind rar. „Bisher“, so Sch., „hat sich nur die interne
       Ermittlung telefonisch bei mir gemeldet.“
       
       10 Jul 2015
       
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