# taz.de -- Griechenland-Hashing: Ein Putsch für Arme
       
       > Ein neuer Hashtag macht im Netz Furore. Mit #ThisIsACoup droht die
       > Wehrmacht wiederaufzuerstehen. Was für ein Blödsinn!
       
 (IMG) Bild: Wenn Wörter zur Waffe werden: rhetorische Militarisierung.
       
       BERLIN taz | Manchmal braucht es nur einen Hashtag, um zu verzweifeln. Dann
       kann ein kleines Wort zum Refugium werden, zu einem Rückzugsort in einer zu
       Krieg stilisierten Politik, deren Gefechtsorte ganz offenbar keine Grenzen
       mehr kennen. [1][#ThisIsACoup]. Übersetzt: #DasIstEinPutsch.
       
       Das ist so ein Wort, so ein Refugium.
       
       Mit diesem Schlagwort hat in den sozialen Netzwerken, vor allem bei
       Twitter, in den vergangenen Stunden eine neue Schlacht ihren Ausgang
       genommen. Es ist in erster Linie eine Schlacht gegen die deutsche
       Bundesregierung. Spätestens seit am Wochenende ein [2][Papier aus dem
       Bundesfinanzministerium von Wolfgang Schäuble (CDU) an die Öffentlichkeit
       gelangte], in dem die Option eines zeitweisen Griechenland-Austritts aus
       dem Euro zur Sprache kam, steht die Bundesregierung endgültig am
       internationalen Pranger: als Geizhals-Kommando, als Europa-Verachter, als
       Wehrmachtserben – Neonazis halt, Kriegstreiber. Wer so offen wie Wolfgang
       Schäuble gegen eine linke, aber legitimierte griechische Regierung putscht,
       kann doch aus der deutschen Geschichte nichts gelernt haben, oder? Das
       zumindest ist, bei dieser Twitterei, eine der gängigen Zuspitzungen. Dass
       sie im intellektuellen Lager anschlussfähig ist, markiert die Tatsache,
       dass auch der [3][Nobelpreisträger und Kolumnist Paul Krugman sich positiv
       auf sie bezieht.] Deutschland putscht die griechische Regierung weg. Ist
       doch logo.
       
       Tatsächlich zeigt die deutsche Regierung im Verlauf der sogenannten
       „Griechenlandkrise“ ja ein beachtliches Maß an Arroganz und
       Lernunwilligkeit. Und tatsächlich hat die Stimme der deutschen
       Bundesregierung in Europa ein großes Gewicht. Und tatsächlich trägt die
       Regierung angesichts der gigantischen Genozide, die von Deutschland
       ausgingen, eine historische Verantwortung – für sich, für die Welt, für
       Europa.
       
       ## Rhetorische Militarisierung
       
       Doch das Schlagwort, mit dem nun im Netz schwadroniert wird, markiert
       weniger dies, als vielmehr die Tatsache, dass die politische Krise Europas
       endgültig die Demarkationslinie zur rhetorischen Militarisierung erreicht
       hat. Erst am Wochenende zeigte der [4][Spiegel auf seiner Titelseite], mit
       welch billigen Klischees sich in der Medienkrise Politmagazine verkaufen
       lassen sollen. Darauf zu sehen: Die Fratzen eines bescheuerten Deutschen
       und die eines tänzelnden Hallodri-Griechen. Zwar behauptet der Spiegel, es
       handle sich bei dem Bild um eine Karikatur. Allerdings: Es gibt keine
       doppelte Ebene. Das Klischee reicht völlig aus.
       
       Und so wird, je stetiger sich die Debatten in Brüssel um die vermeintlichen
       letzten Lösungen einer nicht mit letzten Lösungen zu lösenden politischen
       und verwaltungstechnischen Krise in die Länge ziehen, eine Billigrhetorik
       salonfähig, die der Vorläufer zu echtem, substanzlosem Populismus ist. Auch
       beim virtuellen Getuschel und Gemaule vom Putsch, vom Staatsstreich, vom
       Coup ist doch dies der Fall: Es reduziert die Welt auf ein einziges Unheil
       – und gibt dem Unheil eine Fratze. Wer als Kapitalismuskritiker – und,
       sagen wir: Europäerin und Europäer – etwas auf sich hält, sollte sich daran
       nicht beteiligen. Es ist zu billig und macht krank.
       
       13 Jul 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/hashtag/thisisacoup
 (DIR) [2] /EU-und-Griechenland/!5212813/
 (DIR) [3] http://krugman.blogs.nytimes.com/2015/07/12/killing-the-european-project/?smid=tw-NytimesKrugman&seid=auto&_r=0
 (DIR) [4] http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelblog/bild-1043309-871847.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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