# taz.de -- Flüchtlinge gegen den Fachkräftemangel: Flüchtlinge als Reservearmee
       
       > Die Handelskammer fordert, mehr Flüchtlinge in Arbeit und Ausbildung zu
       > bringen. Damit will sie dem viel beschworenen Fachkräftemangel entgegen
       > wirken.
       
 (IMG) Bild: Viele Flüchtlinge wünschen sich eine Ausbildung in Deutschland. Doch sogar nach absolvierter Lehre droht die Abschiebung.
       
       HAMBURG | taz Deutschlands Wirtschaft jammert seit Jahren über den
       Fachkräftemangel. Den Unternehmen fehle es an Arbeitnehmern, Lehrstellen
       blieben offen. Dass vor unserer Nase junge Menschen nur auf eine Chance
       warten, hat die Handelskammer jetzt erkannt. Am Montag stellte die Kammer
       ihr Konzept zur Flüchtlingsintegration vor. Es soll dazu beitragen, dass
       Hamburger Unternehmen vermehrt Flüchtlinge und Migranten als Arbeitnehmer
       einstellen und fördern.
       
       Präses Fritz Horst Melsheimer bezeichnet den Flüchtlingsandrang als „größte
       Herausforderung seit der Wiedervereinigung“. Er sieht aber auch Chancen,
       denn die deutsche Wirtschaft sei „schon heute und noch mehr in den
       kommenden Jahren auf Migranten angewiesen“.
       
       Für knapp 30 Prozent der Hamburger Unternehmen sei der Fachkräftemangel das
       größte Geschäftsrisiko der nächsten Jahre. Die Handelskammer warnt davor,
       dass im Jahr 2020 rund 40.000 Stellen unbesetzt bleiben könnten.
       Flüchtlinge mit Arbeitsvertrag und besseren Integrationschancen, mehr
       Fachkräfte für Betriebe – dieses Szenario bezeichnet Melsheimer als
       Win-win-Situation für alle.
       
       Die Handelskammer will Unternehmen vor und während des Arbeitsverhältnisses
       Mit Hilfseinrichtungen zur Seite stehen. Unter anderem soll ein Leitfaden
       helfen, Flüchtlinge ins Unternehmen zu integrieren. Denn das Sprachniveau,
       die fachliche Qualifizierung, aber auch die möglicherweise notwendige
       psychologische Unterstützung bereiten Managern oft Kopfschmerzen.
       
       „Der Leitfaden soll ein erster Wegweiser durch das Dickicht des Asylrechts
       sein“, sagt Präses Fritz Horst Mehlsheimer. Dadurch soll den Betrieben die
       wichtigsten Voraussetzungen für eine Anstellung erklärt werden.
       
       Im November plant die Kammer einen „Marktplatz“, auf dem Unternehmen mit
       arbeitssuchenden Flüchtlingen in Kontakt kommen können. Ehrenamtliche Paten
       sollen die Integration ins Unternehmen erleichtern. Außerdem will die
       Kammer Migranten dabei helfen, den Weg in die Selbstständigkeit zu finden.
       
       Die Handelskammer verlangt vom Bund, das Aufenthaltsrecht für Flüchtlinge
       zu vereinfachen und einstellungswilligen Firmen Planungssicherheit zu
       geben. Heute noch können Asylbewerber auch nach erfolgreich bestandener
       Ausbildung und Einarbeitung aus Deutschland abgeschoben werden. Das
       schreckt viele Firmen davor ab, Flüchtlinge einzustellen. „Unternehmen
       engagieren sich in der Berufsausbildung, um die Fachkräfte von morgen
       selbst zu qualifizieren“, sagt Melsheimer.
       
       Vom rot-grünen Senat verlangte die Kammer eine bessere Koordination der
       Flüchtlingsinitiativen und -projekte in Hamburg. Nötig sei eine „Allianz
       für Flüchtlinge“, bei der unter der Leitung des Ersten Bürgermeisters,
       unterstützt durch die Handelskammer, „die entscheidenden Player in der
       Stadt an einem gemeinsamen Tisch geholt werden“, sagte Melsheimer.
       
       8 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefanie Diemand
       
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