# taz.de -- 70. Geburtstag von Franz Beckenbauer: Der Kaiser, ein Leichtgewicht!
       
       > Franz Beckenbauer ist nun 70 Jahre alt. Unser Chefredakteur ist mal aus
       > Versehen mit ihm zusammengerumpelt.
       
 (IMG) Bild: Franz Beckenbauer bei der WM 2006
       
       Der Kaiser ist kleiner als ich. Er ist auch nicht besonders schwer. Es ist
       ein kleiner Kaiser. Ich weiß das. Ich hatte ihn im Arm. Es war während der
       Weltmeisterschaft, während seiner Weltmeisterschaft.
       
       Es war vor einer Pressekonferenz. Der Kaiser wollte Bilanz ziehen nach der
       Vorrunde. Er hat denkwürdige Worte gesprochen an diesem Tag. Über die
       Fanmeilen zum Beispiel: „So hat Gott sich die Welt vorgestellt.“
       
       Er war per Helikopter unterwegs zu jener Zeit – von Stadion zu Stadion, hat
       fast alle Fußballspiele gesehen. Er hat gesagt, dass er „insgesamt recht
       gute Spiele“ gesehen habe. Ein Großteil der versammelten Pressevertreter
       nickte. Sie schienen richtig zu finden, was der Kaiser gerade gesagt hat.
       Weil es der Kaiser war, der es gesagt hat?
       
       Dann hat er vom Abschied geredet, von der Zeit nach der WM, seiner WM.
       „Wenn die Weltmeisterschaft am 10. Juli Vergangenheit ist, sollten wir
       nicht zurückblicken. Wir leben in der Gegenwart. Der Weltcup ist dann schon
       unterwegs Richtung Mond und einen Monat später wird er unser Sonnensystem
       verlassen haben. So ist das.“
       
       Es war ein wahrhaft kaiserlicher Vormittag. Ich war spät dran an diesem
       Tag. Irgendwo ganz tief drin im Berliner Olympiastadion fand die
       Pressekonferenz statt. Im Laufschritt stürzte ich auf die Eingangstür zu
       und riss sie auf. Im selben Augenblick betrat der Kaiser durch eine andere
       Tür den Raum. Die beiden Türen standen im rechten Winkel zueinander und
       waren nicht weiter als einen Meter voneinander entfernt.
       
       Bremsen konnte ich nicht mehr – ich war zu schnell unterwegs. So kam es,
       dass ich plötzlich den Kaiser im Arm hatte. Ich hob ihn an, trug ihn in
       meinem Schwung etwa einen halben Meter mit mir und setzte ihn ab, nachdem
       ich endlich zum Stehen gekommen war. „Und, alles klar?“, habe ich ihn dann
       gefragt. Eine passendere Frage wollte mir nicht einfallen. „Passt scho“,
       hat Franz Beckenbauer geantwortet.
       
       Er blickte zu mir auf und lächelte. Der kleine Kaiser löste sich von mir.
       Fotografen, keiner von ihnen kleiner als ich, gingen in die Knie, um den
       Kaiser von unten aufnehmen zu können. Jetzt wusste ich, warum ich ihn mir
       immer viel größer vorgestellt habe.
       
       11 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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