# taz.de -- Auf 13 Joints mit Helmut Höge: Er ist kein Freund der Männerkultur
       
       > Helmut Höge ist taz-Autor, taz-Hausmeister und Universalgelehrter. Wir
       > treffen uns mit ihm auf 13 Joints – oder so. Teil 11: die Türkei.
       
 (IMG) Bild: „Ich glaube Kirchen sind nur gut, wenn sie verfolgt werden“, sagt Helmut Höge. „Sobald sie an die Macht kommen sind die schrecklich.“
       
       Ich bin pünktlich, ausnahmsweise. Als ich in das Treppenhaus einbiege höre
       ich Helmut Höge die Treppe vom fünften Stock des taz-Hauses herauf
       schlurfen. Ich lege Stift und Zettel auf der geblümten Couch ab. Da steht
       er schon hinter mir. Im Anzug, wie immer. Perfektes Timing.
       
       Helmut nimmt auf der grauen Couch in der Ecke platz, ich auf der anderen,
       der geblümten. Wie er da sitzt scheint es sein jahrelanger Stammplatz zu
       sein. Die Türkei ist nicht mein Thema. Seines auch nicht, gesteht er mir
       gleich am Anfang. Obwohl er jeden Tag bei ihm in der Straße einen
       türkischen Tee trinken geht. Der alevitische Besitzer des Cafés sagt immer:
       „Ohne die Aleviten gäbe es doch die Türkei gar nicht. Den Tourismus und den
       Alkohol.“
       
       Helmut klebt drei Zigarettenpapiere aneinander. Er holt Tabak aus seiner
       Tasche und breitet ihn auf den Papieren aus. Helmut hat sich einmal ganz
       kurz für Kurden interessiert. „Ein Kriegervolk ist das eigentlich“, sagt
       er. Die hätten sich ständig bekriegt, alle Stämme gegeneinander. Deren
       Kriege zeichneten sich dadurch aus, dass sie die Gegner nicht töteten,
       sondern nur unglaubliche Mengen an Munition in die Luft schossen, um die
       Gegner einzuschüchtern. Er zerbröselt Hasch auf dem Tabak. Das was er nicht
       braucht, wirft er in die Ritze zwischen Couch und Wand.
       
       Ein altes osmanisches Gesetz besage, dass wenn eine Sippe ein Land besetzt
       und innerhalb von 24 Stunden dort ein Dach errichtet, dann gehöre das Land
       ihnen. So entstanden viele Siedlungen in Istanbul, die Gecekondus.
       
       ## Helmut mag die Türkei nicht
       
       In den Gecekondus ersetzen die islamischen Institutionen den Sozialstaat.
       Erst dadurch wurden die Türken gezwungen, religiös zu werden. Der Islam hat
       sich überall an die Stelle des fehlenden Sozialstaates gesetzt. „Ich glaube
       Kirchen sind nur gut, wenn sie verfolgt werden. Sobald sie mächtig werden,
       sind die schrecklich.“
       
       Helmut steht auf, geht an die Türe, Richtung Dachterrasse und ascht ab.
       Dann schlendert er zurück zu seinem Couchplatz. Helmut mag die Türkei
       nicht. Alle islamischen Staaten sind ihm suspekt. Dieses offensive,
       patriarchalische, die Frau wegsperren und wegkleiden. Er ist kein Freund
       der Männerkultur. „Ich sehe in der Türkei nichts attraktives, schon gar
       nicht, wenn ich an die vielen Auseinandersetzungen denke.“
       
       Alle Politiker und vor allem dieser Erdoğan kommen ihm verschlagen vor. Sie
       handelten nur machtpolitisch, da stecke keine besondere Idee dahinter.
       
       In Deutschland blieben nach dem Krieg die Amerikaner, dann kam die
       Studentenbewegung. Die sind gegen alles Autoritäre vorgegangen. Da hat man
       umgedacht. Im Osten gab es so etwas nicht. „Dort haben alle noch so eine
       Einsicht in die Unterordnung“, sagt er und muss lachen. So sehr als hätte
       er noch nie einen besseren Witz gehört. Nicht aufmucken macht vieles
       einfacher. Dann zitiert er Helmut Kohl: Das sind die, die alles bestreiten,
       außer ihren Lebensunterhalt.
       
       ## Sein Lieblingsland ist Burma
       
       Gesprächspause. Er zieht ein letztes Mal an seinem Joint. Selbst war er
       erst einmal in der Türkei. Sein Lieblingsland ist Burma. Da sind die Leute
       so nett und sie sind vor allem dafür bekannt, dass sie sehr belesen sind,
       so wie er.
       
       Helmut hat mir einen Zettel mitgebracht. Das hat er kürzlich erst gelesen.
       In der Türkei erobern derzeitig die Frauen die physikalischen und
       mathematischen Berufe, da Bezahlung und das Prestige dieser Wissenschaften
       sehr gering sind. Das sei typisch für die islamischen Länder, erzählt
       Helmut.
       
       Dann erzählt er mir die Geschichte von einem Typen, den er in Istanbul
       getroffen hatte. Der machte eine Literaturzeitung auf Backpapier, naja auf
       braunem Papier halt. Davon konnte er leider nicht leben, das war brotlose
       Kunst. Deswegen eröffnete er einen Laden und verkaufte Spitzenunterwäsche
       für Damen. Der Typ hat Helmut verraten, dass je religiöser die Frauen sind,
       um so teurer ist ihre Unterwäsche.
       
       ## Die Türken sind ein cleveres Volk
       
       Mittlerweile ist Helmut zur Zigarette übergegangen. Ich beobachte ihn, wie
       er von Sofa zum Aschenbecher pendelt. Helmut erzählt inzwischen von Türken
       in Berlin. Von Arbeiterclubs in denen man vor lauter Rauch kaum noch die
       Teegläser erblicken kann. Er würde gut in diese Bars passen, denke ich mir.
       
       Und dann erzählt er von den Türken in der Weserstraße. Zur Zeiten der DDR
       verlief die Mauer direkt an einer Verkehrsinsel vorbei, die eigentlich noch
       in den Osten gehörte. Da niemand wusste, was mit dem Stück Land passieren
       sollte, haben zwei Türken kurzerhand Strebergärten daraus gemacht. Die
       stehen da bis heute und sind inzwischen berühmt.
       
       25 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Theresa Volk
       
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