# taz.de -- Kreditvergabe an Griechenland: Union gegen Bonus für Athen
       
       > Das EU-Wachstumsprogramm für Griechenland entpuppt sich als Rechentrick –
       > und selbst dagegen stänkern CDU/CSU.
       
 (IMG) Bild: Blicken in eine ungewisse Zukunft: Demonstranten der kommunistischen PAME in Athen.
       
       BRÜSSEL taz | Wie kommt Griechenland wieder auf die Beine? Mit hartem
       Sparkurs und großzügigem Wachstumsprogramm – so hatten es die Euroretter
       noch im Juli verkündet. Für Athen werde man 35 Milliarden Euro
       lockermachen, versprach EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Doch nun
       hakt es: Die EU-Hilfen fließen nur tröpfchenweise. Zudem ist statt 35 nur
       noch von 2 Milliarden Euro die Rede.
       
       Statt um neue Milliarden geht es jetzt nur noch um alte EU-Förderprojekte
       aus den Jahren 2007 bis 2013. Rund zehn Prozent der Fördergelder konnte die
       Athener Regierung nicht abrufen – mangels Geld und weil sie den
       normalerweise nötigen Eigenanteil nicht finanzieren konnte. Dies will die
       EU-Kommission nun ändern – indem sie die für die Kofinanzierung nötige
       Summe kurzerhand streicht. So sieht es eine Verordnung vor, die am heutigen
       Dienstag im Europaparlament beschlossen werden soll. Alles soll im
       Eilverfahren umgesetzt werden – denn sonst verfällt der Anspruch auf
       EU-Hilfen.
       
       Dabei geht es nicht um frisches Geld, sondern um längst beschlossene
       Finanzspritzen aus den EU-Strukturfonds. Daraus werden vor allem
       Infrastrukturprojekte wie Autobahnen und Bahntrassen finanziert. Der
       Vorschlag aus Brüssel sei zwischen den EU-Ländern nicht mehr umstritten,
       sagte ein EU-Diplomat. Doch im Europaparlament gibt es Widerstand. Vor
       allem Abgeordnete von CDU und CSU protestieren. Die Pläne seien
       „haarsträubend“, kritisiert Gruppenchef Herbert Reul (CDU). Denn damit gebe
       die Kommission die Kontrolle über diese Projekte „vollständig aus der
       Hand“.
       
       Bedenken soll auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geäußert
       haben. Allerdings nimmt Schäuble auf den Koalitionspartner SPD Rücksicht –
       und der steht zu dem Vorschlag. „Besondere Berichtspflichten und Kontrollen
       garantieren, dass EU-Mittel lückenlos zurückverfolgt werden“, betont
       Constanze Krehl von den europäischen Sozialdemokraten. Die Verordnung
       ermögliche außerdem eine Erhöhung der Vorfinanzierung für Programme aus der
       laufenden Förderperiode (2014–2020), so Krehl. Griechenland könne so 2
       Milliarden Euro Soforthilfe erhalten, „ohne den EU-Haushalt dabei
       zusätzlich zu belasten“.
       
       Ähnlich verhält es sich mit dem Rest des Wachstumsprogramms. So stehen
       Griechenland aus dem EU-Haushalt für 2014 bis 2020 insgesamt 35 Milliarden
       Euro zur Verfügung, davon 20 Milliarden Euro aus den Strukturfonds. Diese
       Hilfen hätte Hellas jedoch so oder so erhalten – denn sie stehen allen
       EU-Ländern zu. Selbst Deutschland erhält Milliarden aus dem Strukturtopf.
       Neu ist eigentlich nur, dass der griechische Eigenanteil sinkt. Doch die
       Entlastung wird durch den harten, von Brüssel verordneten Sparkurs wieder
       konterkariert. Im Ergebnis dürfte Griechenlands Wirtschaft im laufenden
       Jahr nicht wachsen, sondern um mehr als 2 Prozent schrumpfen.
       
       5 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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