# taz.de -- Nach den Anschlägen in Paris: Zwei Explosionen in Molenbeek
       
       > Die französische Polizei fahndet nach Verdächtigen. Insgesamt gab es mehr
       > als 150 Durchsuchungen im Land. In Belgien sucht man nach Salah Abdeslam.
       
 (IMG) Bild: Spezialeinheiten belagerten ein mehrstöckiges Gebäude in Molenbeek.
       
       PARIS/BRÜSSEL rtr/ap/afp | Im Brüsseler Stadtteil Molenbeek hat die Polizei
       am Montag einen neuen Einsatz gestartet, der laut Staatsanwaltschaft einem
       der Hauptverdächtigen der Anschläge, Salah Abdeslam, galt. Das belgische
       Fernsehen zeigte Bilder von maskierten Spezialeinheiten vor Ort. Dutzende
       Beamte und Polizeiwagen bezogen Position.
       
       Dabei hat es am Montag zwei kleine Explosionen gegeben. Die erste war etwa
       zwei Stunden nach Beginn der Polizeiaktion zu hören, die zweite rund eine
       Stunde später.
       
       Dutzende maskierte und schwer bewaffnete Sicherheitskräfte belagerten ein
       mehrstöckiges Gebäude. Zu den Detonationen kam es offenbar in einem der
       oberen Stockwerke. Wer sie auslöste, wurde zunächst nicht bekannt.
       Spezialkräfte waren auf Dächern rundum postiert. Die Umgebung war
       abgesperrt, Anwohner wurden aufgefordert, in Sicherheit zu bleiben.
       
       Ob sich Salah Abdeslam, der Bruder eines der Selbstmordattentäter von
       Paris, in dem von der Polizei umstellten Bereich aufhielt, konnte der
       Sprecher der Staatsanwaltschaft nicht sagen. Nach belgischen
       Medienberichten gab es bei dem Einsatz zumindest eine Festnahme.
       
       ## Wer sind die Täter?
       
       An den Terroranschlägen von Paris war nach Angaben französischer Ermittler
       ein Selbstmordattentäter aus Syrien beteiligt. Zudem sei ein Täter dabei
       gewesen, gegen den in Frankreich bereits ein Anti-Terror-Verfahren lief,
       teilte die Staatsanwaltschaft in Paris am Montag mit.
       
       Es handele sich um den 28-jährigen Franzosen Samy Amimour, der sich an der
       Musikhalle Bataclan am Freitagabend selbst in die Luft gesprengt habe.
       Gegen ihn seien bereits in einem Verfahren 2012 Terrorismusvorwürfe erhoben
       worden. Er habe unter Überwachung der Justiz gestanden, sei dann aber vom
       Radar verschwunden. Gegen ihn habe es einen internationalen Haftbefehl
       gegeben. Er habe sich vor etwa zwei Jahren nach einer Phase der
       Radikalisierung in Syrien aufgehalten, berichtete die französische
       Nachrichtenagentur AFP am Montag unter Berufung auf Familienmitglieder.
       
       Der 25-jährige Syrer Ahmad Al Mohammed sprengte sich den Angaben zufolge am
       Freitagabend am Stade de France in die Luft. Sein Pass war am Tatort
       gefunden worden. Die Staatsanwaltschaft erklärte nun, Fingerabdrücke des
       Angreifers stimmten mit jenen überein, die bei der Einreise in Griechenland
       im Oktober von dem Passinhaber genommen worden seien.
       
       Zu den Attentaten bekannte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat
       (IS). Der Drahtzieher soll nach Medienberichten der belgische Dschihadist
       Abdelhamid Abaaoud sein, der auch als der Kopf hinter den vereitelten
       Anschlägen von Januar im ostbelgischen Verviers gilt. In Verviers war im
       Januar eine Islamistenzelle zerschlagen worden, die Anschläge auf die
       Polizei geplant haben soll. Der meistgesuchte Islamist Belgiens soll nach
       Medienberichten mindestens einen, wenn nicht zwei der Selbstmordattentäter
       gut gekannt haben.
       
       ## Durchsuchungen in der Nacht
       
       Nach den verheerenden Anschlägen von Paris sind bei Durchsuchungen in Lyon
       ein Raketenwerfer und andere Waffen gefunden worden. Zudem seien fünf
       Verdächtige festgenommen worden, verlautete am Montag aus Ermittlerkreisen.
       In der Nacht zu Montag liefen im Rahmen des nach den Anschlägen verhängten
       Ausnahmezustands auch in Bobigny, Toulouse, Grenoble und anderen Städten
       Frankreichs dutzende Durchsuchungen im islamistischen Milieu, die aber
       nicht in direktem Zusammenhang mit den Anschlägen von Paris standen.
       
       Insgesamt habe es mehr als 150 Durchsuchungen in Frankreich gegeben, sagte
       Ministerpräsident Manuel Valls am Montagmorgen im Radiosender RTL.
       Präsident François Hollande hatte am Freitagabend nach den islamistischen
       Anschlägen mit mindestens 129 Toten den Ausnahmezustand verhängt. Er
       erlaubt insbesondere Durchsuchungen ohne richterlichen Beschluss in der
       Nacht. Aus Ermittlerkreisen verlautete, die meisten Durchsuchungen seien
       nicht direkt verbunden mit den Ermittlungen zu den Hintermännern und
       Komplizen der Attentäter von Paris.
       
       Allein in der Region von Lyon und Villefranche-sur-Saône gab es 13
       Durchsuchungen. Laut Ermittlerkreisen wurden bei einem Verdächtigen ein
       Raketenwerfer, Splitterschutzwesten, mehrere Pistolen und ein Sturmgewehr
       gefunden. In der Region von Grenoble wurde laut der Zeitung „Dauphiné
       Libéré“ „mehr als ein halbes Dutzend“ Menschen festgenommen sowie Geld und
       Waffen beschlagnahmt. Laut Ermittlerkreisen richteten sich die
       Durchsuchungen gegen Verdächtige an der Grenze von Kriminalität und
       politischem Extremismus.
       
       In Toulouse wurden in der Nacht bei Durchsuchungen drei Verdächtige
       festgenommen. Die Razzien fanden in dem Viertel statt, in dem der
       islamistische Attentäter Mohammed Merah lebte, der im März in Toulouse und
       Montauban drei Soldaten und einen Lehrer und drei Schüler einer jüdischen
       Schule ermordet hatte. Auch im Großraum Paris gab es laut Ermittlern rund
       30 Durchsuchungen.
       
       ## Eine Fahndungspanne?
       
       Bei der Suche nach den Hintermännern der Anschläge weisen die meisten
       Spuren zudem in die belgische Islamisten-Szene. In Brüssel wurden deswegen
       sieben Verdächtige festgenommen. Die französische Polizei sucht zudem nach
       einem Verdächtigem mit französischem Pass, der in Belgien geboren sei. Er
       soll mit zwei seiner Brüder Justizkreisen zufolge an der Vorbereitung der
       Anschläge beteiligt gewesen sein. Einer der Brüder sei bei den Attentaten
       ums Leben gekommen, der andere sei in Belgien festgenommen worden. Bei der
       Fahndung gab es eventuell eine Panne. Der 26-jährige Salah Abdeslam wurde
       am Samstag an der belgischen Grenze in einem Auto angehalten und
       kontrolliert, durfte aber weiterfahren. Der Mann wird mittlerweile mit
       einem internationalen Haftbefehl gesucht. Er sei gefährlich, hieß es.
       
       Nach dem Bruder eines der Täter wird gefahndet. Am Sonntagabend
       veröffentlichte die französische Polizei ein Foto des 26-jährigen
       Verdächtigen, der auch mit einem internationalen Haftbefehl aus Belgien
       gesucht wird.
       
       Nach Manuel Valls Worten bereitet der IS nach den Angriffen in Paris auch
       Aktionen in anderen europäischen Ländern vor. Die Attentate „wurden von
       Syrien aus organisiert, erdacht und geplant“, sagte Valls. „Wir wissen,
       dass Operationen vorbereitet werden, nicht nur in Frankreich, sondern gegen
       andere europäische Länder“, sagte Valls am Montagmorgen dem Radiosender
       RTL.
       
       Frankreichs Luftwaffe fliegt bereits seit September 2014 als Teil einer
       US-geführten Koalition Angriffe gegen IS-Stellungen im Irak. Seit September
       dieses Jahres bombardierte Frankreich mehrfach auch Positionen in Syrien.
       Aus dem Irak kam offenbar einen Tag vor den Anschlägen eine Warnung vor
       unmittelbar bevorstehenden Attacken. Die Polizei räumt einen Fehler bei der
       Fahndung ein.
       
       Als Reaktion auf die Anschläge von Paris hat die französische Luftwaffe
       ihre [1][bislang schwersten Angriffe] auf Stellungen der Extremisten-Miliz
       Islamischer Staat in Syrien geflogen. Ziel war die IS-Hochburg Rakka, wie
       das Verteidigungsministerium in Paris am Sonntagabend mitteilte. Zehn
       Kampfflugzeuge hätten 20 Bomben auf ein Kommandozentrum, ein
       Rekrutierungszentrum, ein Munitionsdepot und ein Ausbildungslager
       abgeworfen.
       
       16 Nov 2015
       
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