# taz.de -- Die Wahrheit: Gefangen im Check-In-Bereich
       
       > Kaum hat man am Flughafen die Sicherheitskontrollen passiert, findet man
       > sich statt in der Abflughalle in einem labyrinthischen Kaufhaus wieder.
       
       Mist, wo geht es zum Flugsteig? Das letzte Mal, als ich von Glasgow nach
       Dublin zurückflog, war der Weg nach der Sicherheitskontrolle zu den Gates
       noch gut ausgeschildert. Jetzt findet man sich plötzlich in einem Kaufhaus
       wieder. Bin ich irgendwo falsch abgebogen und wieder zurück in der
       Einkaufszone im Zentrum?
       
       Ich gehe verunsichert in eins der Geschäfte. „Ihre Bordkarte“, blafft mich
       die Verkäuferin an. Ich wolle gar nichts kaufen, sondern sei lediglich auf
       der Suche nach meinem Flugzeug, entgegne ich. „Immer geradeaus, und dann
       auf die Anzeigetafel achten“, sagt die Verkäuferin und macht eine
       Handbewegung, als ob sie eine lästige Fliege verscheuche. Das bin ich für
       die Ladenbesitzer ja auch, da ich nichts kaufen will – nicht mal Wasser,
       obwohl man das nur in homöopathischer Dosis durch die Sicherheitskontrolle
       mitnehmen darf.
       
       Großbritanniens Flughafengeschäfte schröpfen die Gefangenen zwischen
       Sicherheitskontrolle und Flugsteig. Die Ware ist nicht nur teuer, sondern
       die Läden kassieren die 20 Prozent Mehrwertsteuer, die für Passagiere aus
       einem Nicht-EU-Land eigentlich entfallen, lieber selbst. Irgendwo muss das
       Geld ja herkommen, das ihnen die Flughafenbetreiber durch ständige
       Mieterhöhungen aus der Tasche ziehen. Deren Umsatz kam früher zu 55 Prozent
       aus den Start- und Landegebühren. Da die Fluglinien aber den
       Konkurrenzkampf zwischen den Flughäfen gnadenlos ausnutzen, sind es heute
       im Durchschnitt zehn Prozent weniger.
       
       So werden die versteckten Kosten in die Höhe getrieben. Bis 2009 konnte man
       an allen britischen Flughäfen die Fluggäste kostenlos absetzen. Jetzt
       kassieren die meisten Flughäfen eine „Kiss-and-Drop-Gebühr“. In Luton muss
       man dafür 2,50 Pfund berappen. Will man auch noch einen Gepäckwagen, sind
       weitere zwei Pfund fällig. Wer seinen Koffer wiegen möchte, wird ein
       weiteres Pfund los. Will man in die kürzere Schlange für bevorzugte
       Passagiere, kostet das weitere fünf Pfund. So ist man 10,50 Pfund los,
       bevor das Flugzeug überhaupt in Sichtweite ist.
       
       Im Prinzip geht die Abzocke also auf die billigen Flugtickets zurück,
       weswegen Fluglinien die Landegebühren drücken, Flughäfen ständig neue
       Gebühren erfinden, die Ladenmieten erhöhen, und am Ende zahlt der billig
       fliegende Passagier die Zeche. Das ist irgendwie gerecht.
       
       Viele Flughäfen dehnen die Verkaufsfläche immer mehr aus. Vermutlich wird
       man bald eine Startbahn dichtmachen und eine Ikea-Filiale darauf bauen. Ist
       das in Glasgow bereits geschehen? „Immer geradeaus“, wie mir die
       Verkäuferin geraten hat, geht gar nicht. Der Weg führt im Zickzack unter
       anderem durch einen Buchladen, eine Parfümerie, eine Whisky-Boutique, einen
       Andenkenladen, einen Schneiderladen für Schottenröcke und ein
       Süßwarengeschäft. Am Ende bin ich fix und fertig und kaufe eine Flasche
       Wasser für fünf Pfund. Für den Preis hätte ich mir einen Platz in der
       Schlange für bevorzugte Passagiere kaufen können und würde vermutlich
       längst im Flugzeug sitzen.
       
       7 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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