# taz.de -- Atommüll: Fässer aus dem Schacht
       
       > Beinahe unbemerkt sind radioaktive Abfälle aus der Asse geborgen worden.
       > Umweltschützer zweifeln, dass ein neuer Schacht notwendig ist.
       
       Hamburg taz | Kaum jemand hat es bemerkt: Aus dem maroden Atommülllager
       Asse sind bereits mehr als 100 Fässer mit schwach radioaktiven Abfällen
       geborgen worden. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) informierte zwar im
       Frühjahr 2013 über den Beginn der Räumung eines Versuchsfeldes in 490
       Metern Tiefe. Doch dass alle bei den Experimenten angefallenen
       Strahlenabfälle inzwischen entsorgt sind, bestätigte das BfS nach Hinweisen
       von Umweltschützern erst jetzt.
       
       93 von insgesamt 106 Behältern wurden demnach in die niedersächsische
       Landessammelstelle für radioaktive Abfälle im Landkreis Nienburg gebracht,
       die übrigen Fässer kamen zu Versuchsauswertungen ins Karlsruher Institut
       für Technologie, dem früheren Kernforschungszentrum. BfS-Sprecherin Ina
       Stelljes betont, dass die Fässer nicht aus den für die Einlagerung
       genutzten Kammern stammten und die Bergung auch nicht Teil der eigentlichen
       Räumung der Asse war.
       
       Gleichwohl hat die Aktion die Debatte über das weitere Vorgehen zur
       Schließung des Bergwerks neu befeuert. Denn die 106 Fässer wurden durch den
       bestehenden Schacht II an die Oberfläche befördert. Über diesen Schacht
       fahren auch die Bergleute in die Grube ein, Maschinen und Material gelangen
       auf diesem Weg ebenfalls ins Bergwerk und wieder hinaus. Über den Schacht
       II ließ auch der damalige Betreiber zwischen 1967 und 1978 rund 126.000
       Fässer mit schwach und mittelradioaktiven Abfällen sowie Giftmüll
       einlagern.
       
       Nach einem Vergleich verschiedener Varianten war das BfS zu dem Schluss
       gelangt, dass das Atomlager nur nach einer Bergung sämtlicher Abfälle
       sicher geschlossen werden kann. Um Schacht II zu entlasten und Beschäftigte
       nicht unnötig mit dem Atommüll in Kontakt zu bringen, plant die Behörde für
       die Rückholaktion den Bau eines weiteren Schachtes – Probebohrungen an dem
       dafür ins Auge gefassten Standort wurden kürzlich abgeschlossen.
       
       Nach Ansicht der Wolfenbütteler Atom-Ausstiegs-Gruppe (WAAG) liefert die
       erfolgte Räumung des Forschungsbereichs aber Hinweise, dass sich eine
       Bergung zumindest eines Teils der übrigen Abfälle doch über den Schacht II
       bewerkstelligen lassen könnte. Das „Tabu“ des Betreibers, wonach Bergleute
       und Atommüll nicht über denselben Schacht transportiert werden sollten, sei
       nun nicht mehr zu halten, erklärte die Initiative gestern. Damit rücke auch
       ein früherer Beginn der Rückholung in den Bereich des Möglichen –das
       Bundesumweltministerium nennt hier bislang das Jahr 2033.
       
       Die bereits geborgenen Behälter hätten nur sehr schwach radioaktives
       Material enthalten, hält BfS-Sprecherin Stelljes dagegen. Die Stoffe aus
       dem Versuchsbereich seien „in Aktivität, Zustand und Menge in keiner Weise
       vergleichbar mit den ansonsten in der Asse eingelagerten Abfällen – das
       sind ganz andere Dimensionen“.
       
       Weil der Atommüll aus den teils beschädigten Fässern unter Tage umverpackt
       werden müsse, passe er „schon vom Volumen her nicht durch den Schacht II.
       „Eine Bergung aller Abfälle über den bestehenden Schacht Asse II würde zu
       einer unvertretbaren Verlängerung der Rückholungsphase und gleichzeitig zu
       einem erhöhten Risiko für die Beschäftigten und die Umwelt führen.“
       
       14 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reimar Paul
       
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